Literarischer Salon – Bücher im Gespräch

Edgar Selge: "Hast du uns endlich gefunden" (2021)

Moderation: Walburga Hülk-Althoff, Christian von Tschilschke, Gast des Abends: Prof. Dr. Ursula Renner-Henke (Germanistik, Duisburg-Essen/Freiburg)

Edgar Selges autobiographischer Romanbestseller "Hast du uns endlich gefunden" (2021) ist mittlerweile so bekannt, dass man auch dann weiß, was darin vorkommt, wenn man ihn noch nicht gelesen hat. Es ist die Geschichte des jungen Edgar, der, im heimischen Herford der späten 1950er und frühen 1960er Jahre weitgehend sich selbst überlassen, sich seinen eigenen Reim auf die Welt zu machen versucht. Der Vater ist Gefängnisdirektor und veranstaltet an Weihnachten Hauskonzerte für die jugendlichen Straftäter. Die Mutter hadert mit dem, worauf sie im Leben verzichten musste. Die älteren Brüder konfrontieren ihre Eltern schonungslos mit deren Lebenslügen. Selge hat ein sehr deutsches Buch geschrieben, ein Buch über die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen, deren Kindheit immer noch unentrinnbar geprägt ist durch den Zwillingsgeist von Weimar und Buchenwald, von Bildungsbürgertum und Barbarei. Wer meint, das in Grundzügen schon oft gelesen zu haben, wird durch Selges Erzählung schnell eines Besseren belehrt. So schonungslos, abgründig und risikobereit, aber auch so komisch, wie Selge die Dinge aus der naiv-durchtriebenen Perspektive seines kindlichen Ich-Erzählers betrachtet, ist die deutsche Nachkriegszeit selten erzählt worden. Am Ende wundert man sich nicht mehr, dass Selge siebzig Jahre alt werden musste, bis er dazu bereit war, sich auf diese Weise mit seiner persönlichen Geschichte zu konfrontieren – die doch auch die einer ganzen Generation ist. Edgar Selge (geb. 1948 in Brilon im Sauerland) ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Er studierte Philosophie und Germanistik, Klavier und Schauspiel und war seither auf vielen renommierten deutschsprachigen Bühnen zu sehen. Daneben trat er auch in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen auf. 2016 wurde er für die Rolle der Hauptfigur in der Theater- und Filmadaption von Michel Houellebecqs Roman "Unterwerfung" zum Schauspieler des Jahres gewählt. Verheiratet ist er mit der Schauspielerin Franziska Walser, einer der Töchter Martin Walsers. Für sein eigenes literarisches Debüt sei dieses Umfeld „ermutigend“ gewesen.

Weitere Infos zur Veranstaltung

Rubrik
Theater, Musik, Literatur
Zeitraum
Di 30.04.2024, 20:00 Uhr - 21:30 Uhr
Reihe
Ort
Café „Herr Sonnenschein“ (Nebenraum), Königsstraße 43
Eintritt
Mitglieder Literaturverein Münster e.V. 5 € (als Verzehrbon), Nicht-Mitglieder 10 € (davon 5 € als Verzehrbon), Studierende kostenloser Eintritt
Anmeldung
Veranstalter/
Kontakt
Literaturverein Münster e.V.



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