Vom Risiko der Sünde in der Rechtsprechung

Audio Logo
News Ringvorlesung Wahrheitssuche
Prof. Dr. Norbert Oberauer
© ill

Über rechtliche Entscheidungen und ihre religiösen Voraussetzungen in vormodernen islamischen Gesellschaften hat der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Oberauer vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ in der Ringvorlesung „Religion und Entscheiden“ des Exzellenzclusters und des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Kulturen des Entscheidens“ der WWU gesprochen. „Die zentrale Problematik juristischen Entscheidens im klassischen Islam liegt in seiner Heilsrelevanz“, erläuterte er. „Da Normen als Ausdruck des göttlichen Willens aufgefasst werden, ist ihre Ermittlung eine Form der Gotteserkenntnis.“ Urteilen heiße somit, das Risiko einer Sünde auf sich zu nehmen. Der Vortrag trug den Titel „Wahrheitssuche und der ‚Mut zur Hölle‘. Zum Problem juristischen Entscheidens im klassischen Islam“. Er zeichnete den historischen Weg von der Individualisierung rechtlicher Erkenntnispflicht über die Herausbildung verschiedener Rechtsschulen bis zu einer Zentralisierung und Kodifizierung des Rechts nach.

Vortrag "Wahrheitssuche und der 'Mut zur Hölle'. Zum Problem juristischen Entscheidens im klassischen Islam"

Die interdisziplinäre Reihe untersuchte auch die philosophischen, theologischen oder literarischen Diskurse, in denen religiöse Entscheidungen reflektiert werden, und auf welche Ressourcen dabei zurückgegriffen wurde, vom Wink Gottes über die Gelehrtenkultur bis zur Unfehlbarkeit des Papstes. Es folgten Vorträge über die mittelalterliche Inquisition und die Antworten jüdischer Gelehrter auf Glaubensfragen, „Responsa“ genannt. Auch ging es um die Reformation in Westfalen, das religiöse Entscheiden in literarischen Texten und die Diagnose „Besessenheit“ durch zeitgenössische Exorzisten.

Mehr Informationen zum Vortrag vom 22. November 2016 finden sich auf der Website des Exzellenzclusters. Journalisten können sich bei Interesse an sendefähigen O-Tönen an das Zentrum für Wissenschaftskommunikation unter der Telefonnummer +49 251/83-23376 oder per E-Mail an religionundpolitik@uni-muenster.de wenden.