Weltreligion im Umbruch
Tagung zu globalgeschichtlicher Perspektive auf das Christentum
Mit transnationalen Perspektiven auf das Christentum in der Globalisierung des 19. Jahrhunderts beschäftigt sich eine Tagung am Exzellenzcluster. „Das Christentum war im 19. Jahrhundert eine ,Religion im Umbruch‘, so der Titel eines Standardwerkes des Historikers Thomas Nipperdey 1988 über Deutschland. Heute würde man jedoch sagen, es befand sich insgesamt als Weltreligion im Umbruch“, erläutert der Organisator der Veranstaltung, Historiker Prof. Dr. Olaf Blaschke vom Forschungsverbund den neuen grenzüberschreitenden Ansatz. Dennoch dominiere bis heute in der Katholizismus- und Protestantismus-Forschung ein „methodologischer Nationalismus“. „Selbst international angelegte Projekte addieren oft nur Länderstudien oder führen Nationenvergleiche durch, dabei war das Christentum ähnlich wie andere Religionen Teil übergreifender Uniformisierungs- wie Partikularisierungsbewegungen und zugleich Akteur und Beobachter des Globalisierungsprozesses.“
„Eine zunehmend globaler werdende Umwelt forderte im 19. Jahrhundert das sich nun als ,Weltreligion‘ verstehende Christentums durch historische Entwicklungen wie etwa Kolonialisierung, Entkolonialisierung und Imperialismus heraus“, erläutert der Historiker. Ein weiterer Prüfstein sei die aufkommende Erkenntnis gewesen, dass es neben dem Christentum auch noch andere „distinkte Weltreligionen“ gab und nicht nur zu missionierende Heiden. In einem öffentlichen Abendvortrag spricht der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Peter Beyer von der University of Ottawa über die Veränderung des Christentums angesichts der damaligen Globalisierung. Sein Vortrag in englischer Sprache „The Long Nineteenth Century, Christianity, and the Global Religious System: Differentiation, Reconstruction, Revitalization“ („Das lange 19. Jahrhundert, Christentum und das globale Religionssystem: Abgrenzung, Umbau, Wiederbelebung“) ist am 07.10. ab 19:30 Uhr im Schloss zu hören.
„Träger und Leidtragender“ der Globalisierung
„Während mit der transnationalen und globalen Geschichtswissenschaft ein neuer methodischer Zugang für die Untersuchung des Christentums im 19. Jahrhundert gefunden wurde, handelt es sich bei der Geschichte der Globalisierung um die Geschichte eines Sachverhaltes selber“, so Prof. Blaschke. Auch dieses zweite Thema beschäftigt die Teilnehmer der Konferenz. Sie untersuchen zum einen, ob sich das Christentum im Sinne von Expansion und Diffusion globalisierte. Wurden dabei vielleicht gar dessen Lehre und Glaubenspraxis normierter und uniformer? Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, in welcher Weise die Weltreligion mit der Zumutung der Globalisierung in Wirtschaft, Kultur, Politik und Kommunikation umging. Kurz: Die Tagung hat zwei Schwerpunkte. Mit Blick auf wissenschaftliche Methoden untersucht sie zunächst, ob global- und transnationalgeschichtliche Ansätze helfen können, das Christentum im 19. Jahrhundert besser zu verstehen, sodann aber auch, ob und inwieweit das Christentum selber „Träger und Leidtragender“ der Globalisierung war. (maz/ska)