Weltreligion im Umbruch

Tagung zu globalgeschichtlicher Perspektive auf das Christentum

News Tagung Weltreligion Im Umbruch Plakat
Plakat
© Archiv Basler Mission / Bestand Basler Mission, Ref. Nr. ATL-31.010.001

Mit transnationalen Perspektiven auf das Christentum in der Globalisierung des 19. Jahrhunderts beschäftigt sich eine Tagung am Exzellenzcluster. „Das Christentum war im 19. Jahrhundert eine ,Religion im Umbruch‘, so der Titel eines Standardwerkes des Historikers Thomas Nipperdey 1988 über Deutschland. Heute würde man jedoch sagen, es befand sich insgesamt als Weltreligion im Umbruch“, erläutert der Organisator der Veranstaltung, Historiker Prof. Dr. Olaf Blaschke vom Forschungsverbund den neuen grenzüberschreitenden Ansatz. Dennoch dominiere bis heute in der Katholizismus- und Protestantismus-Forschung ein „methodologischer Nationalismus“. „Selbst international angelegte Projekte addieren oft nur Länderstudien oder führen Nationenvergleiche durch, dabei war das Christentum ähnlich wie andere Religionen Teil übergreifender Uniformisierungs- wie Partikularisierungsbewegungen und zugleich Akteur und Beobachter des Globalisierungsprozesses.“

„Eine zunehmend globaler werdende Umwelt forderte im 19. Jahrhundert das sich nun als ,Weltreligion‘ verstehende Christentums durch historische Entwicklungen wie etwa Kolonialisierung, Entkolonialisierung und Imperialismus heraus“, erläutert der Historiker. Ein weiterer Prüfstein sei die aufkommende Erkenntnis gewesen, dass es neben dem Christentum auch noch andere „distinkte Weltreligionen“ gab und nicht nur zu missionierende Heiden. In einem öffentlichen Abendvortrag spricht der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Peter Beyer von der University of Ottawa über die Veränderung des Christentums angesichts der damaligen Globalisierung. Sein Vortrag in englischer Sprache „The Long Nineteenth Century, Christianity, and the Global Religious System: Differentiation, Reconstruction, Revitalization“ („Das lange 19. Jahrhundert, Christentum und das globale Religionssystem: Abgrenzung, Umbau, Wiederbelebung“) ist am 07.10. ab 19:30 Uhr im Schloss zu hören.

„Träger und Leidtragender“ der Globalisierung

„Während mit der transnationalen und globalen Geschichtswissenschaft ein neuer methodischer Zugang für die Untersuchung des Christentums im 19. Jahrhundert gefunden wurde, handelt es sich bei der Geschichte der Globalisierung um die Geschichte eines Sachverhaltes selber“, so Prof. Blaschke. Auch dieses zweite Thema beschäftigt die Teilnehmer der Konferenz. Sie untersuchen zum einen, ob sich das Christentum im Sinne von Expansion und Diffusion globalisierte. Wurden dabei vielleicht gar dessen Lehre und Glaubenspraxis normierter und uniformer? Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, in welcher Weise die Weltreligion mit der Zumutung der Globalisierung in Wirtschaft, Kultur, Politik und Kommunikation umging. Kurz: Die Tagung hat zwei Schwerpunkte. Mit Blick auf wissenschaftliche Methoden untersucht sie zunächst, ob global- und transnationalgeschichtliche Ansätze helfen können, das Christentum im 19. Jahrhundert besser zu verstehen, sodann aber auch, ob und inwieweit das Christentum selber „Träger und Leidtragender“ der Globalisierung war. (maz/ska)

Tagung Weltreligion im Umbruch. Transnationale Perspektiven auf das Christentum in der Globalisierung des 19. Jahrhunderts
7.-9. Oktober 2016
Veranstaltungsort Freitag, 07.10.2016:
Schloss, Senatsaal
Schlossplatz 2, 48149 Münster
Veranstaltungsort Samstag/Sonntag, 08./09.10.2016:
Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Raum JO 101
Johannisstraße 4, 48143 Münster

Öffentlicher Abendvorträge in englischer Sprache am 7. Oktober 2016, ab 19.30 Uhr

The Long Nineteenth Century, Christianity, and the Global Religious System: Differentiation, Reconstruction, Revitalization
Peter Beyer, Ottawa

Programm

Freitag, 07.10.2016
13:30–14:30 Empfang und (14:15) Begrüßung Francisco Javier Ramón Solans und Olaf Blaschke, Münster

I. Transnationale und globalgeschichtliche Perspektiven auf das Christentum

Moderation: Karl Gabriel, Münster
14:30–15:00 Einführung: Katholizismus- und Protestantismusforschung vor der Herausforderung der Globalgeschichte Olaf Blaschke, Münster
15:00–15:30 Transfer, Interaktion, Transformation – globalhistorische Blicke auf Missionsgeschichte Reinhard Wendt, Hagen
15:30–16:00 Diskussion
16:30–17:00 Transnationale und komparative Zugriffe auf die Religionsgeschichte Thies Schulze, Münster
17:00–17:30 Gender und Globalgeschichte: Perspektiven auf Religion und Konfession Yvonne Maria Werner, Lund
17:30–18:15 Kommentar und Diskussion Detlef Pollack, Münster
19:30–20:30 Abendvortrag
The Long Nineteenth Century, Christianity, and the Global Religious System: Differentiation,
Reconstruction, Revitalization
Peter Beyer, Ottawa
Samstag, 08.10.2016
II. Das Christentum in Zeiten der Globalisierung
1. Globalisierung des Christentums: Diffusion oder Aneignung, Uniformisierung oder Partikularisierung? Moderation: Christel Gärtner, Münster und Dr. Lena Krull, Münster
09:00–09:30 Christliche Internationalismen um 1910. Transkontinentale Netzwerke protestantischer Missionare und indigen-christlicher Akteure aus Asien und Afrika im Umfeld der Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910 Klaus Koschorke, München
09:30–10:00 Protestantismus in Lateinamerika und Lateineuropa: Transformationen des religiösen Feldes Jean Pierre Bastian, Straßburg
10:00–10:30 Diskussion
11:00–11:30 Diakoniegeschichte transnational Sven Henner Stieghorst, Münster
11:30–12:00 Formierung und Entgrenzung: Der deutsche Katholizismus und seine globalen Verbindungen im 19. Jahrhundert Bernhard Schneider, Trier
12:00–12:30 Diskussion
14:00–14:30 Belgien ab 1831: ultramontanes Musterland für die “schwarze Internationale”? Jan De Maeyer, Löwen
14:30–15:00 Die Entstehung alternativer Katholizismen im Frankreich des 19. Jahrhunderts und die Globalisierung der universellen Religion Julian Strube, Heidelberg
15:00–15:30 Diskussion
16:00-16:30 Verflechtungen und Entflechtungen: Die katholische Kirche und die Unabhängigkeit Lateinamerikas Silke Hensel, Münster
16:30-17:00 Eine transatlantische „schwarze Internationale“? Katholische Netzwerke zwischen Lateinamerika
und Europa
Francisco Javier Ramón Solans, Münster
17:00-17:45 Kommentar und Diskussion Thomas Großbölting, Münster
2. Christentum und Globalisierung: Reaktionen, Grenzen und Abwehr Moderation: Michael Krüggeler, Münster
18:00-18:30 Grenzen der Ultramontanisierung: Unabhängige katholische Bewegungen in Asien um 1900 Adrian Hermann, Hamburg
18:30-19:00 Globalisierung als Feld des Gender Clash: Rivalisierende protestantische Identitäten im 19. Jahrhundert Katharina Kunter, Karlsruhe/Göttingen
19:00-19:30 Diskussion
Sonntag, 09.10.2016
09:00-09:30 Zwischen Selbstbewußtsein und Angst. Deutscher Protestantismus als globale Diaspora am Beispiel Brasiliens Frederik Schulze, Münster
09:30-10:00 Weltreligion vs. nationale Politik? Zur Globalgeschichte der Kulturkämpfe im 19. Jahrhundert
am Beispiel des Katholizismus
 Manuel Borutta, Bochum
10:00-10:30 Diskussion
11:00-11:30 The Congo Question: Christian missions between internationalism and imperialism 1875–1905 Vincent Viaene, Belgien
11:30-12:15 Abschlußkommentar und Abschlußdiskussion Volkhart Krech, Bochum