Wiederkehr der Götter oder Rückgang des Religiösen?

Religionssoziologe Detlef Pollack legt eine der umfassendsten empirischen Untersuchungen religiöser Trends in der Moderne vor – Internationales Zahlenmaterial von 1945 bis heute ausgewertet – „Bedeutungsrückgang des Religiösen in vielen modernen Gesellschaften festgestellt“ – Buchvorstellung am 20. Mai in Münster

Pressemitteilung des Exzellenzclusters vom 15. Mai 2015

Buchcover "Religion in der Moderne"
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Wiederkehr der Götter oder Rückgang des Religiösen: In der Debatte um die Rolle der Religion in der Moderne ist am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ eine der bislang umfassendsten empirischen Untersuchungen internationaler religiöser Entwicklungstrends von 1945 bis heute entstanden. Die Religionssoziologen Prof. Dr. Detlef Pollack und Dr. Gergely Rosta werten in dem Grundlagenwerk ein so reichhaltiges Datenmaterial für mehrere Kontinente aus wie kaum eine andere Religionsstudie zuvor und filtern Einflussfaktoren auf Religion heraus. „Glaube und Spiritualität sind nicht nur Ergebnis individueller Vorlieben und Abneigungen oder privater Erfahrungen, sondern hängen auch von sozialen Bedingungen ab“, erläutert Prof. Pollack. „Länderübergreifend stellen wir Muster des religiösen Wandels sowie kausale Mechanismen fest, die religiöse Auf- und Abschwünge beeinflussen. So lässt sich zwischen Religion und Moderne ein Spannungsverhältnis nachweisen, das zu einer Abschwächung der sozialen Bedeutung von Religion führt, auch wenn es Gegenbewegungen gibt.“

Die Abnahme des kirchlichen Bestandes in Westeuropa vollzieht sich den Forschern zufolge „lautlos, nicht eruptiv und erweckt den Eindruck eines alternativlos voranschreitenden Prozesses“. Beobachtbare Zuwächse alternativer außerkirchlicher Religiosität, etwa esoterisch-spirituelle Glaubensformen, blieben demgegenüber vergleichsweise schwach. Zu den Faktoren, die die Vitalität von Religionen negativ beeinflussen, gehören nach der Studie ein hohes Wohlstandsniveau in einer Gesellschaft, ein hoher Grad an Individualisierung, ein breites Freizeit- und Unterhaltungsangebot sowie ein hohes Maß an kultureller und weltanschaulicher Vielfalt einer Gesellschaft. Positiv wirkt sich dagegen aus, wenn das religiöse Leben in Gemeinschaften eingebettet ist oder wenn sich religiöse Identitäten mit politischen, nationalen oder wirtschaftlichen Interessen verbinden. „Zugleich liegt hier ein Konfliktpotential, besonders wenn kleine, aggressive Religionsgruppen beteiligt sind, die dieses Konfliktpotential für sich ausnutzen und auf Kosten von Mehrheiten Attraktivitätsgewinne erzielen können“, sagt Prof. Pollack.

Prof. Dr. Detlef Pollack, Dr. Gergely Rosta (v.l.)