Du sollst nicht töten
Militärbischof zu Gast bei internationaler Cluster-Tagung über das Tötungsverbot
Das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ ist nach Einschätzung von Wissenschaftlern in der Praxis längst nicht so allgemeingültig wie vermutet. „Das bekannteste der Zehn Gebote ist so kurz wie einleuchtend. Und doch sieht die Wirklichkeit oft anders aus: Es lassen sich bis heute offiziell rechtmäßige Formen des Tötens finden“, so die evangelischen Theologen Prof. Dr. Hermut Löhr und PD Dr. J. Cornelis de Vos vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster. Sie laden von Donnerstag bis Samstag zu einer internationalen Tagung über das Tötungsverbot, vor allem in der Antike, ein. Dazu wird am Donnerstagabend der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Martin Dutzmann, erwartet. Er beleuchtet in seinem öffentlichen Vortrag das Tötungsverbot aus ethischer Sicht, etwa mit Blick auf Bundeswehreinsätze im Ausland.
Die Fachtagung mit dem Titel „‚Du sollst nicht töten‘ – Das Tötungsverbot als Norm in Religionen und Kulturen der Antike“ untersucht Hintergrund und Reichweite des biblischen Tötungsverbots in frühjüdischen und frühchristlichen Texten. Die Forscher aus Deutschland, Belgien, Dänemark und den Niederlanden wollen mit den historischen Erkenntnissen zugleich eine Basis für aktuelle Diskussionen schaffen. „Darf man töten, um den eigenen Tod zu verhindern, darf man für eine gute Sache töten, im Namen der Gerechtigkeit oder etwa der UNO?“, fragt Neutestamentler und Judaist de Vos. „Juristisch ist das Töten des Feindes im Krieg oder die in einigen Staaten praktizierte Todesstrafe erlaubt, aber in wieweit ist es moralisch richtig?“, so der Wissenschaftler weiter.
Militärbischof Dutzmann wird sich auf der Tagung mit dem ethischen und politischen Problem befassen, dass Soldaten aus Deutschland im Afghanistan-Einsatz getötet werden und selbst Menschen töten. Der Vortrag trägt den Titel „,Du sollst nicht töten‘. Die Bedeutung des Tötungsverbots ,in der noch nicht erlösten Welt‘“ (Barmen V). Er bezieht sich darin auf die Barmer Theologische Erklärung, in der die evangelische Kirche 1934 Stellung gegen die NS-Gleichschaltungspolitik bezog. Dutzmann ist am Donnerstag, dem 13. Januar, um 18.15 Uhr im Schloss (Hörsaal S8) zu hören.
„In der Bibel ist das Tötungsverbot religiös fundiert“, erläutert Neutestamentler Löhr. „Da es aber leicht zu verallgemeinern ist, wurde und wird es auch in der Politik angewendet. Das Verbot ist somit im kollektiven Gedächtnis verschiedener Kulturen verankert“, sagt der Wissenschaftler. Er will auf der Tagung auch diskutieren, wie sich das Tötungsverbot im Gottesbild der jüdisch-christlichen und paganen, also heidnischen, Traditionen niedergeschlagen hat, auch im Hinblick auf die Bewertung von Leben und Tod. Bei alldem sei zu beachten, dass es in der Bibel in erster Linie um ein Verbot zu morden gehe. „Der Unterschied zwischen Töten und Morden ist aber zum Teil sozial und historisch bestimmt. In der Bibel gibt es einige Erzählungen über Tötungen, die wir heute als Morde einstufen würden“, so die Theologen. (mit/vvm)