Auslandspraktikum Pharmazie an der Chungnam National University in Südkorea
Als ich die Mail mit dem Programm für die Auslandsaufenthalte an der Chungnam National University las, befand ich mich mal wieder in einer besonders stressigen Lernphase. Es war circa 23:00 Uhr in der MediBib, als ich mich spontan entschied, dass, wenn schon, die volle Dauer von 15 Wochen das Ziel sein sollte- es sollte sich schließlich lohnen. Also vom 28.02.2025 bis zum 22.06.2025.
Ein Abenteuer im Ausland, wo ich die Laborarbeit außerhalb der regulären Vorgaben der Approbationsordnung kennenlernen konnte und ausprobieren könnte, ob die Forschung etwas für mich ist, das hörte sich ziemlich interessant an.
Nach einer kurzen Nachfrage nach eigentlich nur mehr Informationen wurde recht schnell der Kontakt zu einer koreanischen Professorin (Professor Soyoung Lee) hergestellt und nur wenige Tage später hatte ich die Zusage und die Liste der benötigten Dokumente für das Visum und die Aufnahme an einer koreanischen Universität.
Plötzlich ging alles ganz schnell und ich kam an der Chungnam National University in Daejeon an, eine Universität, die eine renommierte staatliche Forschungsuniversität ist, welche sich durch ihre akademischen Programme und ihren Schwerpunkt auf innovativer Wissenschaft auszeichnet.
Hier gab es einen wunderschönen Campus, viele Mensen und Cafés, sowie ein tolles Einkaufs-, Restaurant- und Kneipenviertel, welches direkt an das Universitätsgelände grenzte. Außerdem gab es strukturierte Hilfe zum Ankommen für die Austauschstudierenden, nicht nur durch das zuständige Personal, organisierte Aktivitäten und Ausflüge, sondern auch durch „Exchange Buddies“. Koreaner*innen, die uns zugeteilt wurden und uns bei jeder kleinsten Frage zur Verfügung standen.

Ich hatte die tolle Möglichkeit, drei verschiedene Labore, mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten auszuwählen und dort aktiv an Projekten mitzuwirken.
Das erste Labor beschäftigte sich mit molekularer Pharmakologie (Professor Seung Jin Lee) und der Erforschung von synthetischer Letalität bei Krebs. Hier analysierten wir große Datensätze zur Identifizierung von Biomarkern, die die Empfindlichkeit von Krebszellen gegenüber bestimmten Wirkstoffen beeinflussen.
Im zweiten Labor, der Abteilung für Physical Pharmacy (Professor Jeong-Sook Park), arbeitete ich an der Optimierung von polymerbasierten Nanopartikeln zur zielgerichteten Arzneimittelabgabe. Durch Anwendung statistischer Versuchspläne versuchte ich die optimalen Formulierungsparameter für Nanopartikel mit Fenofibrat zu entwickeln.
Das dritte Labor fokussierte sich auf Toxikologie und Medikamentenstoffwechsel (Professor Sang Kyum Kim). Hier untersuchte ich die hemmenden Effekte persistenter organischer Schadstoffe auf die Cytochrom-P450-Enzyme in menschlichen Lebermikrosomen.
Die Arbeit in diesen Laboren gab mir umfassende Einblicke in moderne pharmazeutische Forschungstechnologien und die interdisziplinäre Natur der Pharmazie. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, mit Professor*innen zu arbeiten sowie tollen Kolleg*innen, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen und zu Freund*innen geworden sind.
Ein Vorteil der Stadt Daejeon ist nicht nur, dass sie die „technische Hochburg“ Südkoreas ist, sie befindet sich außerdem ziemlich zentral innerhalb des Landes. So war es mir trotz der Arbeit in den Laboren möglich, viele Städte zu besuchen und das Land zu erkunden. Die Eindrücke sind schwer zusammenzufassen: sie reichen von dem Hanok Village in Jeonju bis zu der alten Hauptstadt Gyeongju mit den riesigen Hügelgräbern und noch viel weiter. Es wurde Karaoke gesungen, zu viel Geld in Greifautomaten gelassen und sehr viele Fotoboxen unsicher gemacht. Wir haben in einem buddhistischen Tempel übernachtet und haben mit den Mönchen gegessen, meditiert und um 4:20 Uhr dem Morgenritual beigewohnt.
Die typischen Ziele durften auch nicht fehlen, die Drohnenshow am Strand in Busan, zahlreiche Märkte und Tempel, die Sternentreppe, zahlreiche Festivals und Ausstellungen. Und natürlich die Kirschblütenbäume, die das ganze Land geschmückt haben, unter anderem auch den Chungnam National University Campus.
In Seoul vermischten sich urbane Vielfalt und Tradition- ein Grund, weswegen wir dort oft zu finden waren: Paläste, Shopping, bunte Streetfood-Märkte, das Olympische Feuer und natürlich die Tour in die demilitarisierte Zone, bei der ich in einem Tunnel nur noch knapp 250 m von der nordkoreanischen Grenze entfernt war.
Zwischendurch ging es spontan für vier Tage nach Japan, um Osaka, Kyoto und Nara zu erkunden. Dort gab es überall reichlich Geschichte, vom Fushimi Inari Schrein bis zu den freilaufenden Hirschen im Nara Park und den bunten Straßen von Osaka- und das alles quasi um die Ecke.

Sportlich war in Korea auch einiges zu holen, nicht nur viele Angebote an der Universität, sondern auch ein mehr oder weniger vorbereiteter Halbmarathon in Boryeong am Strand, Baseball bei den Daejeon Eagles und einem Tauchschein auf Jeju Island, wo ich am Ende meines Auslandspraktikums noch eine wunderschöne Urlaubswoche verbringen konnte, an schwarzen Stränden und auf tollen Wanderwegen, die sich kilometerlang an der Küste streckten.
Und überall wartete fantastisch leckeres Essen auf mich: koreanisches BBQ, Korean Fried Chicken, Tteokbokki, Aal, so frisch, dass er noch gezuckt hat, Kimchi und vor allem die Nachtmärkte, die überall anders, aber überall zu finden sind - und natürlich eine nicht ganz unbedeutende Menge Soju, koreanischer Reisschnaps, den es für wenig Geld in allen Farben und Formen überall gibt. Durch meine Arbeit in den Laboren und den tollen einheimischen Kolleg*innen und Freund*innen dort, die mich oft unter anderem zu Mittag entführt haben, durfte ich die riesige Vielfalt der koreanischen Küche kennenlernen.
Das Praktikum an der Chungnam National University war für mich eine einmalige Erfahrung, die weit über den Laboralltag hinausging. Die Arbeit in den verschiedenen Laboren gab mir spannende Einblicke in die Forschung, während die Unterstützung vor Ort durch tolle Kolleg*innen, die zu guten Freund*innen wurden, den Einstieg enorm erleichterte. Auch außerhalb der Labore habe ich viele wertvolle Freundschaften geschlossen, die die Zeit vor Ort besonders gemacht haben.
Ein weiteres Highlight waren die vielen Reisen und kulturellen Erlebnisse, die meinen Aufenthalt in Südkorea unvergesslich gemacht haben. Diese Zeit hat mich sowohl fachlich als auch persönlich wachsen lassen und ich kann den Aufenthalt an der Chungnam National University für alle, die neben dem Studium echten Praxisbezug und kulturellen Austausch suchen, absolut empfehlen.
