Veranstaltungen im Wintersemester 2010/2011
Vorlesung:
PROF. DR. HANS-ULRICH THAMER
081665 Vorlesung: Die NS-Diktatur und die deutsche Gesellschaft (A4,B 1-4)
Mo 14-16, Beginn: 18.10.2010
Die nationalsozialistische Diktatur stützte sich auf Zustimmung und Gewalt. In der charismatischen Führerfigur Adolf Hitlers bündelten sich unterschiedliche politisch-gesellschaftliche Erwartungen, die die gesellschaftliche Basis einer radikalfaschistischen Herrschaft bildeten und dem Regime bis zum Ende ein hohes Maß an Loyalität sicherten. Gleichzeitig hatte die extrem personenorientierte polykratische Herrschaft Hitlers die institutionellen Grundlagen des Normenstaates zerstört und die Politikfähigkeit des Regimes aufgelöst. Abgesichert wurde die dadurch begründete Radikalisierung der Herrschaft durch die Selbstgleichschaltung und Verschränkung weiter Teile der deutschen Gesellschaft in das Regime. Die Vorlesung gibt einen Überblick über neuere Ansätze der Forschung, die diesen Radikalisierungsprozess unter dem Aspekt der Inklusion und Exklusion in bzw. aus der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ diskutiert.
Literatur: Hans-Ulrich Wehler: Der Nationalsozialismus. Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen, 1919-1945, München2009; Frank Bajohr/ Michael Wildt (Hg.): Volksgemeinschaft. Neuere Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt/Main 2009; Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008; D. und W. Süss, Das „Dritte Reich“, München 2008; Hans-Ulrich Thamer: Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002.
Proseminare:
CHRISTOPH LORKE
081794 Proseminar: Einführung in das Studium der neueren und neuesten Geschichte Vom Deutschen Bund zum Kaiserreich: Zwischen Verfassungskonflikt und dem Ende der „Ära Bismarck“ (1862–1890)
Do 12-14 und 14-16, Raum: S 33
Die Zeit zwischen 1862 und 1890 ist eine vielfältige Wandlungsepoche, in der sich nicht nur der Übergang Deutschlands vom Agrar- zum Industriestaat vollzog, sondern auch so wichtige gesellschaftspolitische Entwicklungen fallen wie eine verstärkten Präsenz von Parteien und Verbänden, erste Ansätze des Sozialstaates oder der Kampf nach innen gegen die „Reichsfeinde“. Schwerpunktmäßig konzentriert sich das Proseminar auf die inneren Entwicklungen und Widersprüche des frühen Kaiserreichs. Beleuchtet werden soll somit nicht nur der formale Akt von 1871 sondern auch die Frage der „inneren Reichsgründung“, also der Ausgestaltung politischer Ordnung wie der Konsolidierung eines nationalen Selbstverständnisses in einem jungen und in sich ungefestigten Kaiserreich. Im Seminar soll dieser Verdichtungsraum politischer, sozio-kultureller, konfessioneller und ökonomischer Problemlagen ebenso reflektiert werden wie die verschiedenen Widersprüche und Ambivalenzen auf allen Ebenen der Gesellschaft. Dabei soll nicht nur auf einer rein ereignisgeschichtlichen Ebene verharrt werden, sondern auch neuere historiografische Ansätze und Konzepte Berücksichtigung finden. Im Seminar sollen die Studierenden mit den grundlegenden Methoden und Techniken der Neueren und Neuesten Geschichte vertraut gemacht werden. Hierfür sind umfangreiche praktische Übungsanteile vorgesehen. Für einen Leistungsnachweis sind neben einer regelmäßigen und aktiven Teilnahme ein Referat, das Bestehen einer Klausur sowie das Verfassen einer Hausarbeit erforderlich.
Empfohlene Literatur zur Einführung: Althammer, Beate: Das Bismarckreich 1871-1890, Stuttgart 2009; Frie, Ewald: Das Deutsche Kaiserreich, Darmstadt 2004; Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte. Bd. 1: Bürgerwelt und starker Staat, München 1998; ders.: Deutsche Geschichte. Bd. 2: 1866 – 1918. Machtstaat vor der Demokratie, München 1998; Ullrich, Volker: Die nervöse Großmacht 1871-1918. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs, Frankfurt am Main 52004; Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 3: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849-1914, München 1995.
DR. DANIEL SCHMIDT
081813 Proseminar: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte: Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949 (A 4, B 2)
Di 10-12, Do 10-12, Raum: S 030
Die bedingungslose Kapitulation vom 8. Mai 1945 bedeutete nicht nur das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa – für Deutschland markierte sie auch den Verlust autonomer Staatlichkeit. Die Siegermächte übernahmen die Kontrolle über ihre Besatzungszonen, formulierten aber den Anspruch, Deutschland gemeinsam zu regieren. Binnen kurzer Zeit jedoch verschärften sich die Konflikte zwischen den Alliierten, Kooperation wich der Konfrontation. Bis zum Jahr 1949 wurde so die Grundlage dafür gelegt, dass sich auf deutschem Boden zwei konkurrierende politisch-gesellschaftliche Systeme etablierten. Dieser Prozess steht im Mittelpunkt der Veranstaltung. Das Proseminar hat das Ziel, Studienanfänger am Beispiel seines inhaltlichen Schwerpunkts in die grundlegenden Methoden, Arbeitstechniken und Hilfsmittel der Neueren und Neuesten Geschichte einzuführen. Für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind neben regelmäßiger aktiver Teilnahme die Gestaltung einer Sitzung, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie das Verfassen einer schriftlichen Hausarbeit erforderlich.
Einführende Literatur: Benz, Wolfgang: Deutschland unter alliierter Besatzung 1945-1949, in: ders. (Hg.): Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Band 22, 10., völlig neu bearbeitete Auflage, Stuttgart 2009, S. 1-221; Kleßmann, Christoph: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945–1955, Bonn 51991; Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949, München 2003, S. 939-984.
Kurs:
DR. RÜDIGER SCHMIDT
081847 Kurs: Nationalismus: Ideengeschichte und Erscheinungsformen im 19. und 20. Jahrhundert
Mo 18-20, Raum: S 8, Beginn: 2. Semesterwoche
Wenn mit Blick auf die Krisenregion des Nahen Ostens in der gegenwartspolitischen Debatte von ‚Nation building’ die Rede ist, dann verbindet sich mit diesem Schlagwort nicht zuletzt auch ein indirekter Hinweis auf den Umstand, daß der Nationalstaat ungeachtet von weitreichenden Globalisierungs- und internationalen Verflechtungstendenzen rund zweihundert Jahre nach seiner Entstehung nach wie vor einen Referenzpunkt des politischen Denkens bildet. Bis heute hat Ernest Renans 1882 formulierte Schlüsselfrage ‚Qu’est-ce qu’une nation’ nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. So sehr in der historischen Forschung Konsens darüber besteht, daß die Nation an der Wende zum 19. Jahrhundert eine neue Legitimationsbasis für die Ausübung politischer Herrschaft bot und als tragfähiges Ferment sozialer Integration wirkte, so sehr war auch lange Zeit umstritten, ob dieser eine naturhaft-existentielle Qualität zugeschrieben werden könne oder ob es sich demgegenüber um ein konstruktivistisch deutbares Phänomen handele. Der Kurs behandelt zunächst Erscheinungsformen des Proto- und Intellektuellennationalismus gegen Ende des 18. und an der Wende zum 19. Jahrhundert. Thematisiert werden darüber hinaus u.a. der Nationalismus als liberale Emanzipationsideologie, soziale Trägerschichten des Nationalismus, die Feindbilder der Nation sowie der integrale Nationalismus.
Literatur zur Einführung: Peter Alter, Nationalismus, Frankfurt/a.M. 1985; Benedict Anderson, Imagined Communities, London 1983; Ernest Gellner, Nationalismus und Moderne; Eric J. Hobsbawm, Nation und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt/a.M. 32005 (dieser Band kann gegen eine Schutzgebühr von zwei Euro bei der Bundeszentrale für politische Bildung erworben werden); Rolf-Ulrich Kunze, Nation und Nationalismus, Darmstadt 2005; Hans-Ulrich Wehler, Nationalismus. Geschichte-Formen-Folgen, München 2001.
Hauptseminare:
PROF. DR. THOMAS GROßBÖLTING
082016 Hauptseminar II: Kommunismus in Europa: Zur Sozial-, Politik- und Kulturgeschichte einer Ideologie
Mi 10-12, Raum: S 104
Liest man in den Ego-Dokumenten "gläubiger" Kommunisten, dann hat die Welt tatsächlich stillgestanden, als 1953 der Tod Stalins bekannt wurde. Wo wir heute vor allem (und zu Recht!) den grausamen Diktator sehen, da war der "rote Zar" über Jahrzehnte hinweg nicht nur in Ost-, sondern auch in Westeuropa Objekt der Bewunderung und Verehrung. Was machte die Faszination des Kommunismus und seiner Verkörperungen aus? Wie erklärt sich die Attraktivität einer Ideologie, die Grundlage verschiedener Diktaturen und zugleich Heilsversprechen für Teile mehrerer Generationen in Ost und West gewesen ist? Das Hauptseminar behandelt die Geschichte des Kommunismus in Europa aus sozial-, politik- und kulturgeschichtlichen Perspektiven. Dabei werden wir die Ideologie von ihrer Etablierung, dem Ausgang des Zweiten Weltkriegs, der zugleich den Höhepunkt seiner Machtentfaltung markiert, über den Tod Stalins, die Entstalinisierung und die allmähliche Erosion des sowjetischen Blocks bis zur politischen Marginalisierung des Kommunismus nach 1990 hinaus verfolgen. Der kommunistische Machtbereich Osteuropas soll dabei ebenso in den Blick kommen wie die politischen Bewegungen des Westens.
Einführende Literatur: Francois Furet, Das Ende der Illusion. Kommunismus im 20. Jahrhundert (1995), München 1996. Brigitte Studer, Berthold Unfried, Der stalinistische Parteikader. Identitätsstiftende Praktiken und Diskurse in der Sowjetunion der dreißiger Jahre, Köln, Weimar, Wien 2001; Robert Service, Comrades! A History of World Communism, Cambridge UP 2007; Thomas Kroll, Kommunistische Intellektuelle in Westeuropa: Frankreich, Österreich, Italien und Großbritannien im Vergleich (1945-1956), Köln 2007; Till Kössler, Abschied von der Revolution. Kommunisten und Gesellschaft in Westdeutschland 1945-1968, Düsseldorf 2005.
PROF. DR. THOMAS GROßBÖLTING/DR. SABINE KITTEL
08195 Hauptseminar II: Vergangenheitsaufarbeitung und -bewältigung im doppelten und im wiedervereinigten Deutschland.
Mi 12-14, Raum: S 043
Wie kaum ein anderes Land hat sich Deutschland mit seiner mehrfach belasteten Vergangenheit auseinandergesetzt. Der amerikanische Soziologe Dominic Boyer spricht gar von der „deutschen Krankheit“, von der sich jeder Deutsche infiziert fühlt und die zu einer Art „Schuld-Besessenheit führt. Bei der Gründung beider deutscher Nachkriegsstaaten standen, wenngleich mit unterschiedlichen Zielrichtungen, die Lehren aus der NS-Zeit am Anfang des politischen Selbstverständnisses. Nach dem Ende der DDR übernahm man im vereinigten Deutschland das methodische Vorgehen der Vergangenheitsaufarbeitung der alten Bundesrepublik und begann nun auch die SED-Diktatur zu „bewältigen“. Sind die Deutschen tatsächlich „Weltmeister der Vergangenheitsbewältigung“, wie der britische Historiker Timothy G. Ash spöttisch behauptet? Die Veranstaltung möchte moralische Implikationen des Umgangs mit der Vergangenheit, wissenschaftliche Konzepte, Methoden und konkrete Projekte der Aufarbeitung erkunden, mit denen die Deutschen zu unterschiedlichen Zeiten ihre Vergangenheit zu bewältigen versuchten.
Literatur: Adorno, Theodor W.: Was bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit, in: ders.: Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959–1969, Frankfurt/M. 1971, S. 10–28; Frei, Norbert: NS-Vergangenheit unter Ulbricht und Adenauer. Gesichtspunkte einer vergleichenden Bewältigungsforschung, in: Danyel, Jürgen (Hg.): Die geteilte Vergangenheit. Zum Umgang mit Nationalsozialismus und Widerstand in beiden deutschen Staaten (= Zeithistorische Studien, Bd. 4), Berlin 1995, S. 125–132; Möller, Frank/ Mählert, Ulrich: Vergangenheitsaufarbeitung und Erinnerungskultur nach 1989 im europäischen Kontext. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Bochum, in: Dies. (Hg.): Abgrenzung und Verflechtung. Das geteilte Deutschland in der zeithistorischen Debatte, Berlin 2008, S. 107–119.
PROF. DR. HANS-ULRICH THAMER
081980 Hauptseminar II: Die NS-Führerherrschaft. Charisma und Gewalt (A4, B 1-4)
Di 14-16, Raum: S 3, Beginn: 19.10.2010
Parallel zur Vorlesung über die NS-Diktatur und zur Vertiefung einzelner Erklärungsansätze der Forschung soll das Seminar zentrale Aspekte der NS-Herrschaft behandeln. Dazu gehören die Funktion und die Macht Hitlers in der NS-Bewegung wie im NS-Staat, die Rolle der NS-Weltanschauung und Propaganda für die Selbstdarstellung und die Herrschaftsziele des Regimes, ferner die Repräsentation und politische Praxis der Führerschaft in den einzelnen Etappen der NS-Herrschaft sowie die Folgen der extrem personenorientierten charismatischen Herrschaft für die Strukturen der politischen Ordnung und die Politikfähigkeit des Regimes.
Literatur: Hans-Ulrich Wehler: Der Nationalsozialismus. Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen 1919-1945, München 2009; Hans Mommsen: Von Weimar nach Auschwitz, München 2011; Ian Kershaw: Hitler, 2 Bde., Stuttgart 1988/2000; N. Frei: Der Führerstaat 1933-1945, 6. Aufl. München 2001.
Oberseminare/Masterseminare:
PROF. DR. FRANZ-WERNER KERSTING
082126 Masterseminar: Psychiatrie und Gesellschaft im 20. Jahrhundert
Do 18-20 Uhr, Raum: S 030, Beginn: 28.10.2010
Sowohl die Situation der psychisch Kranken und geistig Behinderten selbst wie auch der medizinische und öffentliche Umgang mit ihnen können zu den grundlegenden Indikatoren des Sozial- und Wertegefüges einer Gesellschaft gerechnet werden. Infolge der traditionellen Stigmatisierung behinderter Menschen erlaubt die Analyse psychiatrischer Institutionen, Praktiken und Debatten gleichzeitig Rückschlüsse auf den Umgang mit sozialen Minderheiten und Randgruppen. Sie kann deshalb auch als ein Gradmesser für die Durchsetzung und Achtung von Menschen- und Bürgerrechten dienen. In diesem Sinne beschäftigt sich das Masterseminar aus psychiatriehistorischer und auch international vergleichender Sicht mit der deutschen Gesellschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts: vom ersten massenhaften „Hungersterben“ hinter Anstaltsmauern im Ersten Weltkrieg über die Reformtendenzen der Weimarer Zeit („aktivere Krankenbehandlung“, „offene Fürsorge“) sowie die Praxis und Langzeitwirkung der NS-Medizinverbrechen (Zwangssterilisation, „Euthanasie“, „Nachkrieg“ in den Anstalten, „Vergangenheitsbewältigung“) bis hin zu der Psychiatriereform seit den „1968er“ Jahren und einem Ausblick auf neuerliche aktuelle Problemlagen (Zunahme psychischer Erkrankungen, „demographischer Wandel“, „Migration“ und „transkulturelle Psychiatrie“). Es geht um die Perspektiven der Akteure – und Täter – aus Verwaltung, Ärzteschaft und Pflegepersonal, aber auch um die leidvollen Erfahrungen von Patienten, Opfern und betroffenen Familien. Arbeitstechnisch soll sich in jeder Sitzung ein einführendes Kurzreferat mit der gemeinsamen Diskussion ausgewählter Quellen- und Forschungstexte verbinden. Aber auch Film- und Fotomaterial wird zur Analyse und Veranschaulichung des Themas eingesetzt. Die Veranstaltung wird über OpenUSS online begleitet. Vorgesehen ist auch eine Tagesexkursion zur vormaligen westfälischen „Provinzialheilanstalt“ und heutigen „LWL-Klinik“ Warstein (mit „Psychiatrie-Museum“).
Literatur: Helen Bömelburg, Der Arzt und sein Modell. Porträtfotografien aus der deutschen Psychiatrie 1880 bis 1933, Stuttgart 2007; Cornelia Brink, Grenzen der Anstalt. Psychiatrie und Gesellschaft in Deutschland 1860-1980, Göttingen 2010; Heinz Faulstich, Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949, Freiburg/Br. 1998; Marijke Gijswijt-Hofstra u.a. (Hg.), Psychiatric Cultures Compared. Psychiatry and Mental Health Care in the Twentieth Century: Comparisons and Approaches, Amsterdam 2005; Franz-Werner Kersting, Abschied von der “totalen Institution”? Die westdeutsche Anstaltspsychiatrie zwischen Nationalsozialismus und den Siebzigerjahren, in: Archiv für Sozialgeschichte 44 (2004), S. 267-292; ders./Hans-Walter Schmuhl (Hg.), Quellen zur Geschichte der Anstaltspsychiatrie in Westfalen. Bd. 2: 1914-1955, Paderborn u.a. 2004; Lebensunwert. Paul Brune. NS-Psychiatrie und ihre Folgen. Ein Film von Robert Krieg und Monika Nolte. DVD-Produktion (mit Begleitheft) des LWL-Medienzentrums für Westfalen, Münster 2005; Maike Rotzoll u.a. (Hg.), Die nationalsozialistische „Euthanasie“-Aktion „T4“ und ihre Opfer. Geschichte und ethische Konsequenzen für die Gegenwart, Paderborn u.a. 2010.
PROF. DR. HANS-ULRICH THAMER
082111 Oberseminar/Masterseminar: Die Nachgeschichte des Nationalsozialismus: Verdrängung – Überwindung – Deutung.
Mi 10-12, Raum: S 153, Beginn: 20.10.2010
Die Auseinandersetzungen mit der nationalsozialistischen Vergangenheit prägen das Selbstverständnis der Nachkriegsdeutschen und sind mittlerweile negativer Bestandteil der politischen Kultur der Bundesrepublik. Diese „zweite Geschichte“ des Nationalsozialismus (Reichel) findet ihren Niederschlag in der Sprache und Erinnerung, in der Aufarbeitung des NS- Unrechts in der Justiz, in der Verarbeitung der NS-Herrschaft in Wissenschaft und Kultur. Sie ist eine Vergangenheit, die nicht vergehen will. Das Seminar wird an ausgewählten Texten diese widersprüchlichen Facetten einer Wirkungsgeschichte behandeln.
Literatur: Peter Reichel/ Harald Schmid/ Peter Steinbach (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Die zweite Geschichte. Überwindung, Deutung, Erinnerung, München 2009; Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, 2.Aufl. München 2003; Jeffrey Herf: Zweierlei Erinnerung. Die NS-Vergangenheit im geteilten Deutschland, Berlin 1998.
Übungen:
DIPL.-JUR. SEBASTIAN FELZ, M.A.
082456 Übung: Politische Kultur der Weimarer Republik
Fr 10-12, Raum: S 042
Die Auflösung der Weimarer Republik wurde bedingt durch politische, verfassungsrechtliche, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren. Mit dem Konzept der „politischen Kultur“ wird die Fragmentierung der Gesellschaft in der ersten deutschen Republik in „sozialmoralische Milieus“ und „politische Teilkulturen“ in den Blick genommen und auf ihre Auswirkungen hin untersucht: „Antidemokratisches Denken“ ebenso wie der Parlamentarismus im Reichstag, die „Konservative Revolution“ ebenso wie der „Amerikanismus“. In Fortführung der Unterscheidung von Sozio- und Deutungskultur können zur Analyse der politischen Kultur Rituale und symbolische Repräsentationen, politische Handlungs- und Kommunikationsräume, Diskurse und Sprachstrukturen sowie Wahrnehmungs- und Mentalitätsgeschichten der Politik genutzt werden. Ergänzend zu den reichsweiten Entwicklungen wird in dieser Übung auch der Fokus auf Personen und Positionen aus Münster gerichtet werden. Neben dem Soziologen Johann Plenge (1874-1963), der in seinen Schriften die „Ideen von 1914“ propagierte, sollen auch der Anwalt Friedrich Grimm (1888–1959) als Verteidiger in den Fememordprozessen der Schwarzen Reichswehr sowie der Zivilrechtler Heinrich Erman (1857-1940) als zweiter Vorsitzender des „Bundes deutscher Bodenreformer“ mit ihren Beiträgen zur Diskussion über Politik und Gesellschaft in der Weimarer Republik vorgestellt und interpretiert werden.
Literatur: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918-1939, Göttingen 2005; Peter Hoeres: Die Kultur von Weimar. Durchbruch der Moderne, Berlin 2008; Detlef Lehnert/Klaus Megerle (Hrsg.): Politische Teilkulturen zwischen Integration und Polarisierung, Opladen 1990; Thomas Mergel: Parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik, Düsseldorf 2002; Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik, München 1978; Hans-Ulrich Thamer: Politische Rituale und politische Kultur des 20. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte 1 (2000), S. 79-98; Andreas Wirsching: Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, München 2000 (Enzyklopädie Deutsche Geschichte Band 58).
PROF. DR. THOMAS GROßBÖLTING/DR. MARKUS KÖSTER
082480 Übung: Filme und Filmschaffende der DDR in der Ära Honecker
Di 16-18, Raum: S 3, Ort: LWL-Medienzentrum für Westfalen
Anmeldung erforderlich: markus.koester@uni-muenster.de
Beginn:19.10.2010
Wer auf die letzten zwei Jahrzehnte der DDR schaut, muss ein besonderes Paradox erklären: Die 1970er Jahre gelten vielen „Ostalgikern“ als das goldene Jahrzehnt des Realsozialismus, in dem sich gesteigerte Konsummöglichkeiten mit dem „Leben im Sozialismus“ gut kombinieren lassen. Zugleich aber fällt spätestens mit den 1980er Jahren der Blick auch auf die Zerfallserscheinungen und das überraschende Ende einer vormals als stark integriert geltenden Diktatur. Das Seminar will sich dieser Spannung über ein ganz besonderes Medium nähern: den Film. Die DEFA-Spielfilme der 1970er und 1980er Jahre sollten einerseits die Menschen im Sinne des Systems erziehen, übten andererseits aber nicht selten unverhohlene Kritik am tristen Alltag des „real existierenden Sozialismus“. Gemeinsam wollen wir nicht nur Fragen der inhaltlichen Interpretation der DDR-Geschichte nachgehen, sondern insbesondere den Umgang mit dem Film als Quelle lernen. Welche Chancen bietet, welche Grenzen hat dieses Medium für eine methodisch kontrollierte Analyse der Vergangenheit?
Nach mehreren vorbereitenden Terminen Dienstags, 16 - 18 Uhr, wird der Hauptteil der Veranstaltung ein Blockseminar im Franz-Hitze-Haus am 10. und 11. Dezember sein, bei der der Filmhistoriker Dr. Hans Gerhold als zusätzlicher Referent zur Verfügung steht. Für die gute Verpflegung dort wird ein Kostenbeitrag von 25 € p.P. fällig.
Einführende Literatur: Ilko Sascha-Kowalczuk, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR, München 2009; Stefan Wolle, Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971 - 1989, Berlin: Christoph Links Verlag 1998; Wolfgang Gersch, Szenen eines Landes. Die DDR und ihre Filme, Berlin 2006; Ingrid Poss / Peter Warnecke (Hg.), Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA, Berlin 2006.
JOHANNA HENRICH
082350 Übung zur Vorlesung: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte
Fr 10-12, Raum: S 104
Abgestimmt auf die Inhalte der Vorlesung werden in dieser Übung wichtige Texte zur Neueren und Neuesten Geschichte gelesen und in der Sitzung analysiert und diskutiert. Methodische Zugänge zur Geschichtswissenschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Hierfür haben die Studierenden einen zum Semesterbeginn verfügbaren Reader in Franks Copy-Shop, Frauenstr. 28 zu kaufen. Die Studienleistung besteht in Exzerpten zu diesen Texten sowie einem Essay.
Literatur: Stefan Jordan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, Paderborn u.a. 2008.
THOMAS KÖHLER
Übung zur Vorlesung: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte
Mo 18-20, Raum: S 030
Abgestimmt auf die Inhalte der Vorlesung werden in dieser Übung wichtige Texte zur Neueren und Neuesten Geschichte gelesen und in der Sitzung analysiert und diskutiert. Methodische Zugänge zur Geschichtswissenschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Hierfür haben die Studierenden einen zum Semesterbeginn verfügbaren Reader in Franks Copy-Shop, Frauenstr. 28 zu kaufen. Die Studienleistung besteht in Exzerpten zu diesen Texten sowie einem Essay.
Literatur: Stefan Jordan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, Paderborn u.a. 2008.
THOMAS KÖHLER
Übung zur Vorlesung: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte
Di 8-10, Raum: S 030
Abgestimmt auf die Inhalte der Vorlesung werden in dieser Übung wichtige Texte zur Neueren und Neuesten Geschichte gelesen und in der Sitzung analysiert und diskutiert. Methodische Zugänge zur Geschichtswissenschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Hierfür haben die Studierenden einen zum Semesterbeginn verfügbaren Reader in Franks Copy-Shop, Frauenstr. 28 zu kaufen. Die Studienleistung besteht in Exzerpten zu diesen Texten sowie einem Essay.
Literatur: Stefan Jordan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, Paderborn u.a. 2008.
THOMAS KÖHLER
Übung zur Vorlesung: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte
Di 12-14, Raum: S 030
Abgestimmt auf die Inhalte der Vorlesung werden in dieser Übung wichtige Texte zur Neueren und Neuesten Geschichte gelesen und in der Sitzung analysiert und diskutiert. Methodische Zugänge zur Geschichtswissenschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Hierfür haben die Studierenden einen zum Semesterbeginn verfügbaren Reader in Franks Copy-Shop, Frauenstr. 28 zu kaufen. Die Studienleistung besteht in Exzerpten zu diesen Texten sowie einem Essay.
Literatur: Stefan Jordan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, Paderborn u.a. 2008.
VERENA KÜMMEL
082733 Übung: Politik und Gesellschaft in Italien nach 1945
Do 10-12
Italien war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein geteiltes Land. Nicht nur war das Staatsgebiet, sondern auch die Gesellschaft war soweit gespalten, dass ein Bürgerkrieg herrschte. Der Konflikt zwischen Faschisten und den Widerstandsgruppen der Resistenza sollte die italienische Politik und Gesellschaft noch bis weit in die 1950er Jahre hinein bestimmen; als noch langlebiger erwies sich der Resistenza-Mythos.
In der Übung sollen exemplarisch einige Ereignisse und Schwerpunkte der 'langen' italienischen Nachkriegszeit von 1945 bis um 1960 betrachtet werden. So werden neben dem Ende der Monarchie und der Gründung der Republik, der Bürgerkrieg, die Abrechnung mit den Faschisten und die Ära De Gasperi im Zentrum einiger Sitzungen stehen, aber auch die Rolle der katholischen Kirche und des Katholizismus, die Entwicklungen in Literatur und Film sowie der wirtschaftliche Aufschwung werden thematisiert. Italienischkenntnisse sind willkommen, aber keine Voraussetzung für die Teilnahme.
Einführende Literatur: Jansen, Christian: Italien seit 1945, Göttingen 2007; McCarthy, Patrick (Hg.): Italy since 1945, New York 2000 (= The Short Oxford History of Italy); Woller, Hans: Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert, München 2010.
DR. MASSIMILIANO LIVI/DR. NICOLAI HANNIG
082437 Übung: „Zur Sache, Schätzchen“: Die „langen“ 1970er Jahre und ihre Filme
Erstes Treffen: 18.10.2010, 16-18, Blockveranstaltung (wird noch bekanntgegeben)
Heute gehören Filme fest zum Quelleninventar des Historikers. Doch oftmals fehlt es an angemessen Analysemethoden und Formen der Quellenkritik. Am Beispiel von sechs Filme aus den 1970er Jahren soll in der Übung der geschichtswissenschaftliche Umgang mit Filmen geschult werden. Denn gerade in den 1970er wird der Film zum favorisierten und geeignetsten Medium, um den sozialen Wandel und die laufenden Prozesse in der Gesellschaft zu zeigen. Dabei interessieren Fragen der Filmanalyse ebenso wie die Verortung der Analyseergebnisse in der Gesellschaftsgeschichte. Das Seminar wendet sich demzufolge auch an Lehramtsstudierende, da eine umsichtige Vorabanalyse oftmals die Voraussetzung für einen Filmeinsatz im Schulunterricht bildet.
Nach eine Einführungsveranstaltung werden von November 2010 bis Januar 2011 in 14tägigem Abstand und in Kooperation mit der Exzellenzcluster-AG „Die (langen) 70er Jahre“ sechs Filme gezeigt,die die Strukturen und Prozesse der Zeit „nach dem Boom“ (Doering-Manteuffel/Raphael),die wissenschaftliche und technische Entwicklung, die gegenläufigen Tendenzen der globalen politischen Homogenisierung und der lokalen Ausdifferenzierung, die Medialisierung der Gesellschaft sowie den allgemeinen Strukturwandel der langen 70er Jahre aus einer globalen/lokalen Perspektive besonders gut problematisieren.
In einer Blockveranstaltung am Ende des Semesters werden dann Projektarbeiten der Teilnehmer präsentiert und diskutiert.
Literatur: Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse, Stuttgart 2007; Irmgard Wilharm: Bewegte Spuren. Studien zur Zeitgeschichte im Film, Hannover 2006; Günter Riederer: Film und Geschichtswissenschaft. Zum aktuellen Verhältnis einer schwierigen Beziehung, in: Gerhard Paul(Hg.): Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 96-113; Wolfgang Jacobsen; Anton Kaes und Hans Helmut Prinzler(Hg.): Geschichte des deutschen Films, Stuttgart 2004; Einführung in der Geschichte der 1970er Jahre: Doering-Manteuffel, Anselm/Raphael, Lutz: Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2008; Jarausch, Konrad (Hrsg.): Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008; Hobsbawm, Eric: Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, München, Wien 1995.
DR. RÜDIGER SCHMIDT
082638 Übung: Wissenschaft und Sentiment: Zum Verhältnis von Historismus und Romantik
Mi 16-18, Raum: S 104, Beginn: 2. Semesterwoche
„Das allgemeine Bewusstsein des 19. Jahrhunderts emanzipierte sich vom Idealismus im Namen der Wissenschaft und der Geschichte“ (Schnädelbach). Gegen den Vernunftoptimismus der Aufklärung und gegen die „Systeme“ des deutschen Idealismus erhob der Historismus (u.a. die Protagonisten der „Romantischen Schule“) die Geschichte zum Prinzip und unterzog die Aufklärungsphilosophie einer positivistischen Kritik. Wissenschaftsgeschichtlich verband sich diese Entwicklung mit einer grundsätzlichen Historisierung jener Wissenschaften, die von Wilhelm Dilthey später als Geisteswissenschaften bezeichnet wurden. Gegen die Romantik favorisierte der Historismus das nüchtern-rationale Prinzip empirisch gewonnener Erkenntnis, mit der Romantik teilte der Historismus das Bedürfnis nach ästhetischem Selbstbewusstsein, nach Individualität bzw. auch den Hang zur „Subjektivierung der Wirklichkeit“. Das Seminar behandelt einleitend die Verstehenslehre des klassischen Historismus und versucht, das Gemeinsame und Trennende zweier wesentlicher Epochenströmungen des 19. Jahrhunderts herauszuarbeiten.
Literatur zur Einführung: Friedrich Meinecke, Die Entstehung des Historismus, München 1936; Herbert Schnädelbach, Geschichtsphilosophie nach Hegel. Die Probleme des Historismus, Freiburg/München 1974.
PROF. DR. HANS-ULRICH THAMER
082460 Übung: Bilder des „Dritten Reichs“. Die Repräsentation der NS-Diktatur und der Umgang mit den Bildern
Mo 18-20, Raum: S 3, Beginn: 18.10.2010
Die Macht der Bilder bestimmte die Selbstdarstellung und Herrschaftswirklichkeit des NS-Regimes; viele dieser von der Propaganda geschaffenen Bilder haben sich zugleich tief in unser Bildgedächtnis eingegraben. Ihre Nachwirkung bestimmt viele Deutungen des NS-Regimes und verlangt nach einem kritischen Umgang mit diesen Bildern. Die Übung will auf der Grundlage der NS-Bildproduktion die Mechanismen und Organisation der NS-Propaganda , die unterschiedlichen Bildmedien, die zum Einsatz kamen und weiterwirkten, sowie ihre Verwendung in Ausstellungen und Filmen erörtern.
Literatur: Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reichs. Gewalt und Faszination des deutschen Faschismus, Hamburg 2006; Claudia Schmölders: Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, München 2000; Rudolf Herz: Hoffmann & Hitler. Fotografie als Medium des Führermythos, München 1994.
