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© Uni MS - Peter Grewer

"Die Menschen suchen nach Gott"

Vortrag von Paul Josef Kardinal Cordes bei der Universitätsgesellschaft Münster e.V.

„Was ist im Jahr 2015 mit der Religion, was ist mit Gott?“ So lautete eine der zentralen Fragen von Paul Josef Kardinal Cordes bei seinem gestrigen Vortrag im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster. Mehr als 300 Zuhörer verfolgten bei der ausgebuchten Veranstaltung der Universitätsgesellschaft Münster e.V. seine Rede „Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen“ in der er über die grundsätzliche Bedeutung von Glaube und Religion in der heutigen Gesellschaft sprach. Darin forderte er, dass auch in einem religionslosen Zeitalter die religiösen Weltanschauungen respektiert werden müssten. „Viele Menschen werden auch in der Gegenwart noch von den Kräften der Religionen berührt. Spirituelle Erfahrungen werden heutzutage aber nicht mehr nur individuell, sondern verstärkt in Gruppen gemacht“, erläuterte Kardinal Cordes. Als Beispiel nannte er die katholischen Weltjugendtage, die er in seiner Funktion als Vizepräsident des Päpstlichen Rates für die Laien wesentlich mitgestaltete.

„Gott ist tot.“ Mit diesem Ausruf Friedrich Nietzsches leitete Kardinal Cordes seinen Vortrag ein. Diese Nachricht Nietzsches und die Aufforderung Heinrich Heines, schon auf Erden das Himmelreich zu errichten, sei in der heutigen Gesellschaft Allgemeingut geworden. „Glaube an Gott den Schöpfer, ewiges Leben oder Erlösung von der Sünde interessieren nicht länger“, stellte Kardinal Cordes zu Beginn seines Vortrags fest.

Mit dem Philosophen Charles Taylor teile er die Beobachtung, dass die Zahl der Suchenden drastisch zugenommen habe. „Es gibt so viele Zeitgenossen, die an ihrer Einsamkeit zerbrechen.“ Hier sei die Kirche gefragt, diese Menschen zu erreichen. Mit Blick auf die Vermittlung der Liebe Gottes für die Menschen mahnte Kardinal Cordes: „Ein Aufbruch wird umso besser gelingen, je glaubwürdiger die Zeugen sind.“ In den Glaubenszeugnissen von Franz von Assisi, Maximilian Kolbe, Mutter Teresa und vielen weiteren sei die Liebe und Nähe Gottes zu den Menschen sichtbar geworden.

Gott wolle sich nicht verstecken, sondern jeden einzelnen Menschen an seiner Liebe teilhaben lassen. Der Befund, dass nur noch ein geringer Anteil der Gläubigen an einen Gott Vater im Himmel glaubt, müsse Ansporn für alle Geweihten und Laien sein, Gott in der Person Jesu Christi den Menschen wieder als Bruder nahe zu bringen. Seinen Vortrag schloss der Gast aus Rom daher mit einem vielversprechenden Zitat von Julius Kardinal Döpfner: „Gott ist, und er ist für mich, er ist für uns da.“

Das anschließende Gespräch zwischen Paul Josef Kardinal Cordes und Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg bot die Möglichkeit, einige Aspekte des Vortrags zu diskutieren. Prof. Dr. Dr. Sternberg verwies auf Papst Franziskus, der sich eine missionarische und dienende Kirche wünsche. Damit dies gelinge, so Kardinal Cordes, müssten die Christen mehr über ihren Glauben sprechen. Die Freude am Glauben müsse anstecken. Als erfolgreiches Beispiel nannte er die vielen neuen Bewegungen, die sich der Neuevangelisierung widmen.

Dr. Paul-Josef Patt, der Vorsitzende des Vorstandes der Universitätsgesellschaft Münster e.V., fasste seinen Eindruck vom Vortrag des Kardinals wie folgt zusammen: „Das Glaubenszeugnis des Kardinals und sein Bestreben, uns der Liebe Gottes zu öffnen, rührt an und bietet auch über den heutigen Abend hinaus Anlass zum Nachdenken.“ Die Universitätsgesellschaft Münster möchte nun in einem Zweijahresrhythmus prominente Persönlichkeiten mit Bezug zur Westfälischen Wilhelms-Universität für Vorträge gewinnen. Neben der Förderung von vielfältigen Projekten an der WWU Münster sei es Aufgabe der Universitätsgesellschaft, Bürgergesellschaft, Universität sowie die Institutionen aus Wirtschaft und Verwaltung zu vernetzten. Preisverleihungen, Institutsbesichtigungen und Vortragsveranstaltung sollen den Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren fördern. Er sei gespannt, so Dr. Patt, wer für die Veranstaltung in zwei Jahren gewonnen werden kann. Mit der Auftaktveranstaltung seien hohe Maßstäbe gesetzt worden.

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