Das Denken der Moderne ist maßgeblich durch den Gedanken der Freiheit bestimmt. Dieser Gedanke formiert das Selbstverständnis und Handeln der Menschen und ist an der Leitidee von Humanität orientiert. Aus der Idee der Freiheit resultiert die innere Würde des Menschen als einzigartiger Person und zur Humanität gehört die Sorge um ein gutes und gelingendes Leben möglichst aller Menschen.
Dabei zeigt die Moderne auch eine Dialektik, die in Paradoxien führt. So kann die Freiheit Mehr
Forschungsprojekte
Christlicher Glaube in der anthropologischen Denkform der Freiheit (2000 ff.)
Prof. Dr. Dr. Bernhard Nitsche:
Freiheit ist der Leitbegriff der Moderne und Geschichte die konkrete Bestimmung der Denkform. Der christliche Glaube und seine zentralen Inhalte werden freiheitstheoretisch und in einer transzendental-geschichtlichen Denkform erkundet und begründet.
Teilprojekt: Geschichtssensible Transformation des Transzendentalen:
Ausarbeitung einer transzendental-geschichtlichen Methode der Theologie (1999,2015, 2026)
Teilprojekt: Transzendentalphilosophie, Phänomenologie und Theologie
Kooperation mit Prof. Dr. Alexander Schnell (Wuppertal)
Projektmitarbeiter: Dr. phil. Dominic N. Ekweariri: 2023 Tagung; 2025 Tagungsband: Phänomenologie und Theologie.
Teilprojekt: Der göttliche Freiheits-Grund von Dasein und Bewusstsein (2006-2026)
Teilprojekt: Offenbarung, Christologie, Pneumatologie, Gottes- und Trinitätslehre in freiheitstheoretischer und transzendental-geschichtlicher Rekonstruktion (2000-2027)
Die Religionsphilosophie knüpft an die Sinnfrage des Menschen an und fragt nach der philosophischen Möglichkeit und Legitimität einer religiösen Deutung des menschlichen Daseins in der Welt als dem Ganzen der Wirklichkeit. Denn jede physikalische Weltformel (GUT: Great Unifying Theory) setzt die Welt als Ganzes voraus und kann bestenfalls erklären, wie die Welt physikalisch in sich funktioniert. Damit werden die großen Fragen des Menschen nach dem Woher und Woraufhin, nach dem Warum und Wozu des bewussten Lebens im Universum nicht beantwortet. Im Blick auf diese Fragen bedenkt die Religionsphilosophie also die Möglichkeit und den potentiellen Sinngehalt einer religiösen Bestimmung der Wirklichkeit. Die Unterscheidung zwischen Religiosität und konkreten Religionen führt im Spiegel der Religionskritik zu Kriterien, aufgrund derer geprägte Religionen unter dem Leitbild von »Humanität« und »solidarischer Ko-Evolution« eine vernunftbestimmte und sinnstiftende Lebensperspektive eröffnen können. Mehr
Transformation des Transzendentalen I: Geschichtliche Modifikationen
Die Transzendentalphilosophie ist seit Immanuel Kant mit guten Gründen der primäre Bezugspunkt subjektphilosophischer Reflexion. Denn Kant hat die Einsichten für die Bestimmung des menschlichen Denkens, der menschlichen Erkenntnis, des menschlichen Handelns und der ästhetischen Erfassung des menschlichen Daseins erarbeitet. Sachlich ist der Bezug auf das Bewusstsein und Denken des Menschen dadurch begründet, dass es für den Menschen nichts geben kann, dass nicht bewusst ist und nicht in Gedanken gefasst wird. So ist dem Menschen nichts so sehr vertraut, wie sein eigenes bewusstes Denken und Fühlen. Selbst das Unbewusste kann als solches nur zum Thema werden, wenn der Mensch in seinem Bewusstsein auf Gefühle, Träume oder Verhaltensweisen aufmerksam wird, die dem eigenen Selbstbild oder Wollen widersprechen. Und noch das Unsagbare und Unaussprechliche kann nur Bedeutung gewinnen, wenn es als solches bewusst und sagbar wird. In der These, wonach es für den Menschen Wirklichkeit und Bedeutungsvolles nur im Bewusstsein und Denken geben kann, besteht die zentrale und legitime These des Idealismus. Dass sich dieses Denken wandelt und es geschichtlich und kulturell unterschiedliche Denkformen sowie systematisch differente Denkstile gibt, ist dann eine zentrale Einsicht des Historismus und der Kulturgeschichte. Mehr
Transformation des Transzendentalen II: Phänomenologische Komplementarität
Die Phänomene der Wirklichkeit zeigen sich dem Bewusstsein mittelbar so, wie sie sich zeigen. In dieser Weise schließt das Sich-Zeigen der Phänomene die Passivität eines Empfangens und eine (transzendentale) Aktivität der gewahrenden Offenheit des reinen Bewusstseins und seiner intentionalen Ausrichtung auf das Wahrnehmbare in sich ein. Diese Komplementarität besteht zwischen der ursprünglichen und freien Ich-Aktivität mit ihrer gewahrenden Offenheit des Bewusstseins und dem passiven (rezeptiven) Einbezogensein in sich zeigende Phänomene der Wirklichkeit für das Bewusstsein. Dieses passive Einbezogensein wurde in der französischen Phänomenologie auf doppelte Weise radikalisiert. Daraus entsteht die Aufgabe, die Konsequenzen dieser Komplementarität von transzendentaler Aktivität und phänomenologischer Passivität im Gegebensein für eine Philosophie des Bewusstseins auszuloten. Dabei sind, d die Konsequenzen dihrer Radikalisierung zu erkunden sowie die Implikationen für die Gottesfrage freizulegen.
Die doppelte Radikalisierung geschieht zum einen durch das Einbezogen-Sein und das In-Anspruch-genommen-Sein von der begegnenden Wirklichkeit. Dieses ist ursprünglicher als die bewusste Reflexion auf das Ereignis, dem die Phänomene zugehören, ebenso wieund die Reflexion darauf, wie ich mich gegenüber diesem Ereignis positioniere und verhalte. RadikalisierungSie geschieht zum anderen durch den Hinweis darauf, dass das Bewusstsein sich nicht selbst begründet, sondern als transzendentale Aktivität selbst eröffnet und sich gegeben ist. Diese Gabe verweist aauf einen Grund bezogen ist, der Bewusstsein eröffnet und bewusstes Leben ermöglicht. Damit bekommt die Phänomenologie des Bewusstseins und die generische Begründung der Möglichkeit von Bewusstsein in einer „generativen Phänomenologie“ (Alexander Schnell) zentrale Bedeutung für die Religionsphilosophie. Mehr
Gott oder Göttliches I: Die Krise des personalen Gott Denkens (abgeschlossen)
Die Krise des personalen Gott-Denkens in den nachtraditionalen, weil ebenso plural wie global kompilierten und individuell komponierten Patchwork-Spiritualitäten und in multitraditional bestimmten religionsphilosophischen Diskursen lässt danach fragen, was jeweils unterstellt und abgelehnt wird, wenn der Gedanke Gottes als Person abgelehnt wird. Vielfach wird – nicht nur in der populären Öffentlichkeit – die anthropomorph aufgeladene Vorstellung und das kindliche Bild vom alten weißen Mann auf einer Wolke als Superman dort oben identifizierbar. Dies ist gewiss eine Karikatur, die der Frage, wie menschliche Subjektivität und Persönlichkeit in der ultimativen Wirklichkeit selbstwertschätzend verankert werden kann, nicht angemessen ist. In der Regel verbindet sich die Vorstellung von Gott dann mit dem Bild eines interventionistischen Mega-Marionettenspielers, der alle Fäden des Geschehens in der Hand hält und mit seinen Fingern alle Geschicke der Welt spielerisch lenkt. Im Gegenzug wird erkennbar, dass Gott als personale und ethische Instanz unbequem ist, weil ein solcher Gott vollkommener Güte und Liebe den Menschen als dialogischen Partner einfordert und mit seiner unhintergehbaren Rechenschaft als Individuum für das eigene Denken und Handeln konfrontiert.
Im Zusammenhang des DFG geförderten Forschungsprojektes wurden moderne Spiritualitäten nach unterschiedlichen Metaphern und semantischen Bedeutungsgebungen untersucht und in Kooperation zwischen dem Seminar für Fundamentaltheologie und Religionsphilosophie in Münster mit dem Institut für Pastoralpsychologie der Hochschule Frankfurt St. Georgen durch empirische Erhebungen zu unterschiedlichen Typen der Gottesvorstellung und Gottesbeziehung klassifiziert. Mehr
Gott oder Göttliches II: God or the Divine— Religious Transcendence beyond Monism and Theism, between Personality and Impersonality?
Wird Transzendenz nicht räumlich und dinglich (ontisch) wie ein Nacheinander oder Übereinander von Welt und Hinter-Welt bzw. als himmlisches Stockwerk jenseits der Welt verstanden, sondern als reflexives Bemühen, um vom Ganzen der Wirklichkeit – in dem wir Menschen sind, leben und uns wiederfinden – ein angemessenes Verständnis zu gewinnen (Volker Gerhardt) und von daher den uneinholbaren Horizont des Daseins (Martin Heidegger, Karl Rahner) angemessen zu charakterisieren, dann weist die traditionelle Alternative von Personalität und Impersonalität in den Dialog mit den religiösen Traditionen Asiens ein. Denn ihnen werden bevorzugt religiöse Verständnisse ultimativer Wirklichkeit zugesprochen, die als monistisch angesehen oder als impersonal gekennzeichnet werden. Dieser Sondierungsprozess wurde 2016 durch eine internationale, interreligiöse und interdisziplinäre und von der Thyssen-Stiftung geförderte Twin-Konferenz realisiert, die seit 2023 publiziert vorliegt. In deren Vorfeld und Gefolge ist der inter-theologische Dialog mit Hinduismus und Buddhismus eine bleibende Konstante meiner Forschung. Darin wird deutlich, dass eine aufmerksame und legitime Binnendifferenzierung vorhandene Klischees überwinden kann und zu einer differenzierteren Sicht auf jeweils andere Traditionen anleitet. Von daher ergibt sich ein neuer Blick auf mikrologische Brückenphänomene, funktionale Äquivalente und makrologische Orientierungen zwischen den unterschiedlichen Religionen. Mehr
Gott oder Göttliches III: Historisch-systematische Studien zur Panentheismus-Debatte (abgeschlossen)
Die seit dem Ende des letzten Jahrtausends weit verbreitete Option für ein prozessphilosophisches und panentheistisches Denken operiert mit einer extensiven Beanspruchung des Panentheismus und bestimmt sich vielfach durch den Gegenbegriff des klassischen Theismus. Unklar ist dabei, was genau mit dem klassischen Theismus identifiziert wird. Oft erweist sich dieser als dualistisch angelsächsischer Deismus, der Gott und Welt wie zwei Entitäten behandelt. Panentheismus wird im Gegenzug als ein Denken beansprucht, das die Welt in Gott begreift, sodass auch Positionen von Thomas von Aquin, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling oder Karl Rahner dem Panentheismus zugerechnet werden. Dadurch erscheint die vielfache Identifizierung des Panentheismus mit einem allgemeinen Einheit-in-Differenz-Denken systematisch als unter komplex. Hier besteht Klärungsbedarf! Mehr
Dialogisch-komparative Inter-Theologie
Prof. Dr. Dr. Bernhard Nitsche:
Im Tübinger Institut für ökumenische und interreligiöse Forschung habe ich mich im Ausgang von Nostra Aetate und den religionstheologischen wie wahrheitstheoretischen Reflexionen meiner Dissertation dem Dialog der Religionen zugewandt. Angeregt durch die Debatten für eine angemessene Theologie in Verantwortung vor der bleibenden Berufung Israels und den Kontakt zum Institutum Judaicum der Schwesterfakultät habe ich mich mit Judentum und Islam beschäftigt. Durch die Begegnungen mit Francis D‘Sa und Raimon Panikkar bin ich in die Erkundung und den Dialog mit dem religiösen Denken von Hinduismus und Buddhismus eingetreten. Seither bildet die dialogische Auseinandersetzung mit den abrahamischen Traditionen von Judentum und Islam sowie den asiatischen Traditionen von Hinduismus und Buddhismus einen festen Bestandteil meiner systematisch interreligiösen Forschung. Konzeptionell vertrete ich eine dialogisch-komparative Inter-Theologie, die normativ durch eine offene und lernende Inklusivität bestimmt ist. Mehr
Die menschliche Lebensform, ihr Selbstverständnis und ihre Werthaltung stehen in Resonanz zum vorausgesetzten Ganzen der Wirklichkeit und bringen dieses vorausliegende und umfangende Ganze in korrelierender Existenzstellungnahme bewusst oder unbewusst zur Auslegung.
Teilprojekt: Zur Möglichkeit unverfügbarer Transzendenzerfahrung (2023-2026)
Teilprojekt: Inspirationen christlicher Theologie für ein gelingendes Leben und eine demokratische Lebensform
Teilprojekt: Zur Resonanz von Gottesbild und Lebensform: Christliche und islamische Perspektiven in Auseinandersetzung mit Hartmut Rosa (2023-2027)
Kooperation mit Ufuk Topkara (HU Berlin); Projektmitarbeiter: Robin Flack (Frankfurt)
BERNHARD NITSCHE | UFUK TOPKARA
Zur Resonanz von Gottesbild und Lebensform
Die Resonanztheorie Hartmut Rosas stellt einen bisher vor allen Dingen in der Soziologie und Altertumsforschung aufgegriffenen produktiven Theoriebeitrag dar, dessen breite theologische Rezeption noch aussteht. Um das Potential der Resonanztheorie für die christliche wie islamische Theologie auszuloten, wird diese im Hinblick auf Gottesbild und Lebensform interdisziplinär untersucht und unter den Leitmotiven religiöser Erfahrung, unveräußerlicher Würde, Freiheit, Verantwortung und Gottebenbildlichkeit.
Ekklesiologie: Uneingelöste Impulse und Desiderate des Zweiten Vatikanischen Konzils
Meine ekklesiologischen Reflexionen begreifen Kirche als lebendige Überlieferungsgemeinschaft von Gottes Zusage an die Menschen, die in der Gestalt Jesu von Nazareth und der durch ihn und seine Geschichte ausgelösten und begründeten Gemeinschaft der Nachfolge bestimmt ist. Dabei zeigt sich Kirche im kulturgeschichtlichen und theologischen Wandel durch viele Umbrüche und Neugestaltungen bestimmt. Systematisch besondere Bedeutung für die Bestimmung der Kirche im römisch-katholischen Selbstverständnis gewinnen die orientierenden Leitlinien und Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Denn hier wird zum ersten Mal in der Geschichte eine lehramtlich umfassende Selbstreflexion auf den Grund, die Aufgabe, die Leitprinzipien und die Gestalt von Kirche vollzogen. Diese Orientierungen und Leitprinzipien sind in ihrer auch pastoralen, organisationalen und kirchenrechtlichen Umsetzung noch nicht eingeholt. Diesen Desideraten und den uneingelösten innovatorischen Impulsen des Konzils für eine evangeliumsgemäße und zukunftsfähige Kirche, widmen sich meine ekklesiologischen Überlegungen. Mehr
Der Schrei nach Stille in einer dröhnenden Moderne und nach Unterbrechung im Getriebe des Hamsterrades der Beschleunigung sowie die Sehnsucht nach Erfahrung angesichts einer ereignislosen Monotonie des Gewohnten im beruflichen oder gesellschaftlichen Alltag drängt viele Menschen danach, sich selbst zu spüren, mit Übungen im Bereich der Körperwahrnehmung und Meditation, durch außergewöhnlich intensive Erlebnisse, durch das Austesten von Grenzen usw. Menschen wollen authentische Erfahrungen machen und in gelingen der Resonanz in ihrer Lebenswelt unterwegs sein. Auch die Frage religiöser Deutung des Lebens kann an diesem Bezug auf erlebte Ereignisse und die erfahrene Unverfügbarkeit und Geheimnishaftigkeit des Lebens anschließen. Solches Spüren von Verdanktsein und möglicher geheimnisvoller göttlicher Tiefe ist bedeutsam. Denn alle religiöse Rede bleibt leeres Geschwätz, produktive Einbildung, hoffnungsvolle Fiktion oder postulierte Hoffnung, wenn sie nicht auch Spuren der Erfahrung von Transzendenz zu erschließen vermag. Religiöse Interpretationen der Wirklichkeit können sich auf das Bewusstsein und seinen Grund beziehen, dem sich der Mensch in Dasein und Bewusstsein verdankt. Das Gespür des Verdanktseins und das Mitbewusstsein eigener Kontingenz im Verdanktsein kann im Modell transzendentaler Erfahrung als Resonanzgeschehen erschlossen werden, das sich in herausragenden Ereignissen und maßgebenden Widerfahrnissen des Lebens gestaltet und reflexiv ausgebildet wird. Das Verdanktsein und Kontingenzmitbewusstsein kommt bezüglich seines angemessenen Grundes unterschiedlich und weltanschaulich strittig zur Auslegung. Doch ist dieser Grund darauf hin zu befragen, wie er verfasst sein muss, damit er die umfassende und höhere Einheit der majestätischen Größe des unermesslichen Universums und der inneren Würde des einzigartigen und freien Menschen zugleich sein kann und beide Perspektiven des bewussten Lebens zu ermöglichen vermag. Mehr
Der Streit darüber, ob überhaupt vernünftig von Gott gesprochen werden kann, wie auch der Streit darüber, wie gegebenenfalls sinnvoll von Gott gesprochen werden kann, bestimmt die religionsphilosophische Debatte und das philosophische Gott-Denken seit den Anfängen. Die Frage nach Gott stellt sich daher im Blick auf das Ganze der Wirklichkeit und die Grenzen des Wissens. Bereits das normale Wissen ist von dem Vertrauensglauben bestimmt, dass ich mich auf mein Denken verlassen kann. Darüber hinaus gibt es den Lebensglauben (Christoph Theobald), der sich in der vertrauenden Verlässlichkeit des Alltags und im »Mut zum Sein« (Paul Tillich) zeigt. Vor diesem Hintergrund entsteht die Frage, ob und in welchem Sinne es in Bezug auf das uneinholbar Ganze der Wirklichkeit, in dem sich der Mensch je schon vorfindet und lebt, ein begründetes Vertrauen geben kann.
Atheistische Gläubigkeit vollzieht sich dabei unter dem »Prinzip Hoffnung« (Ernst Bloch) ohne den Rekurs auf Gott und erhofft dennoch Sinnmöglichkeiten und Zukunftspotenziale, die über die Grenzen der Lebenswelt und das von Menschen Machbare hinausführen. Umgekehrt hat Max Horkheimer deutlich gemacht, dass die Schreie der leidenden Menschen und die unabgegoltenen Forderungen nach Gerechtigkeit, eine »Sehnsucht nach dem Ganz-Anderen« wachhalten. So ist es selbstverständlich, dass eine religionsphilosophische Rede von Gott die berechtigten Einwände des Feuerbachs der Religionskritik aufzunehmen und zu berücksichtigen hat. Dies geschieht fokussiert auf die Theodizee-Frage. Darüber hinaus ist zu fragen, ob es unter den Leitperspektiven von philosophischer Begründung und Freiheit vernünftige Argumente gibt, die die Möglichkeit und Legitimität religiöser Bezugnahme auf das Göttliche aufweisen und diese Zeugnisse als legitime Formen der Daseinsauslegung erweisen. Dann kann im Anschluss nach der humanen Relevanz religiöser und theologischer Deutungen gefragt werden. Mehr
Die Christologie bildet nicht nur das Zentrum des christlichen Glaubens sondern gibt immer wieder Anlass, zu entscheidenden Herausforderungen in der Selbstverständigung des christlichen Glaubens in seiner Zeit. Zu diesen besonderen Herausforderungen und Streitfragen gehören (a) die Aufgabe, jenseits des christlichen Absolutheitsdenken an einer Christologie zu arbeiten, die die jüdischen Hintergründe des Lebens, der Botschaft und Sendung Jesu herausarbeitet sowie die bleibende Berufung Israels positiv in die Christologie und in das Selbstverständnis des Christentums einbezieht. Zudem kehrt in unterschiedlichen Variationen die Frage wieder, wie (b) das Verhältnis von Göttlichkeit und Menschlichkeit in der Person Jesu von Nazareth bestimmt wird. Systematisch kann dies (c) aufgenommen werden, in dem die Beziehung Jesu zum Logos bzw. die Beziehung Jesu zum Vater als ein Verhältnis von menschlicher und göttlicher Freiheit exponiert wird, sodass der Logos-Sohn von Ewigkeit freigebender Grund der Freiheit des Sohnes in der Zeit ist. Dazu bedarf es eines Konzeptes transzendental-noumenaler Freiheits-Differenz. Wie aber kann das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Freiheit im Lebensvollzug und in der Geschichte Jesu aktualisiert, vermittelt und synthetisiert werden? Darüber hinaus entsteht (d) die Frage, ob ein männlicher Erlöser, dessen Mannsein ins Zentrum rückt, Frauen erlösen kann? Die Globalität des Katholischen fordert (e) schließlich dazu heraus ebenso zeitgemäße wie kontext- und kulturspezifische Christologien zu entwickeln. Mehr
In meinen ekklesiologischen Arbeiten geht es um eine systematisch fundierte und diskurssensible Relecture der Kirche. Sie wird nicht primär als Struktur oder Institution verstanden, sondern als symbolisch verfasste, relationale Wirklichkeit, die sich wesentlich im Modus von Geschichte, Partizipation und Kommunikation konstituiert.
Ausgangspunkt dafür ist eine kategoriale Aufwertung der Geschichtlichkeit: Ekklesiologie muss Kirche in ihrer gelebten Zeitlichkeit, ihren Brüchen und ihren narrativen Selbstdeutungen ernst nehmen – und zwar als Ort theologischer Erkenntnis. Dabei spielt die theologische Anthropologie eine zentrale Rolle: Kirche wird durch Subjekte getragen, deren Freiheitsvollzüge, Erfahrungshorizonte und Anerkennungsbeziehungen sie erst ermöglichen.
Methodisch ist meine ekklesiologisches Arbeiten interdisziplinär verschränkt: Diskurstheorie, symbolische Kulturanalyse, Differenztheorie und Erkenntnisreflexion verbinden sich zu einer Ekklesiologie, die pluralitätsfähig ist und sich den Spannungen zwischen Tradition, Wandel und Wahrheit offen stellt. So wird das Themenfeld nicht bloß als Teilbereich der Dogmatik, sondern als grundlagenreflexive Theologie entwickelt, mit dem Ziel, Kirche als theologische Praxis inmitten gesellschaftlicher Wirklichkeit neu denkbar und sagbar zu machen.
So werden zwei Bezugsverhältnisse dynamisch interpretiert: das zur Welt und das zur eigenen Tradition. Dazu wird explizit an den programmatischen Wendepunkten des Vaticanums II. angesetzt, um diese weiter zu entwickeln – nicht als bloße Fortschreibung, sondern als strukturtheoretische Relecture im Licht gegenwärtiger Herausforderungen
Diskursformatierung statt bloßer Systematik: Ich argumentiere für eine ekklesiologische Reflexion, die nicht exklusiv dogmatisch oder pastoral, sondern in einer Verzahnung auch mit der Fundamentaltheologie operiert. Das erlaubt mir, die Identität der Kirche nicht nur aus ihren Lehrsätzen, sondern aus ihrer geschichtlichen Performanz und Beziehungsstruktur heraus zu denken.
Geschichte als kategoriale Größe: Ich behandle Geschichte nicht allein als Kontext, sondern konstitutives Moment kirchlicher Selbstvergewisserung. Die Kirche ist nicht trotz, sondern durch ihre Geschichtlichkeit hindurch erfahrbar und erkenntnisfähig.
Theologische Anthropologie als Folie: Meine ekklesiologischen Erwägungen sind grundlegend anthropologisch informiert. Der Mensch ist nicht nur Adressat, sondern epistemisch konstitutiv für die kirchliche Selbstbeschreibung, gerade in ihren Freiheitsvollzügen, Differenzwarhnehmungen und Narrationen.
Synodalität, Ausdruck von (christlicher) Freiheit: Ich rekonstruiere Synodalität nicht allein strukturell, sondern im Horizont einer fundierten Freiheitshermeneutik. Dabei wird Freiheit zum performativen Ort von Ekklesiogenese: Kirche ereignet sich im diskursiven Vollzug der Anerkennung, Partizipation und pluralitätsfähigen Wahrheitssuche.
Differenztheorie: Meine ekklesiologischen Erwägungen sind inkarnatorisch und kenotisch gedacht. Kirche ist in meiner Konzeption kein monolithischer Apparat, sondern ein Ereignis in Differenz – ein Ort der Übersetzung, des Erzählens, des Ringens um gemeinsames Verstehen im Modus von Nähe, Relationalität und Anerkennung.
So entwerfe ich eine post-dogmatische, fundamentaltheologisch fundierte Ekklesiologie, die sich aus den Bedingungen der Gegenwart erschließt, ohne ihre Herkunft zu verleugnen – dialogisch, geschichtlich sensibel, pluralitätsfähig und verantwortungsethisch.
Ausgehend von der Frage, wie sich der Mensch im Horizont digitaler Transformation neu begreifen und verantworten lässt, entwickle ich eine symboltheoretisch fundierte, theologisch reflektierte Kulturkritik, die Phänomene wie algorithmische Entscheidungsarchi-tekturen, datengetriebene Wissensordnungen und mediale Präsenzsysteme nicht nur technisch oder ethisch, sondern strukturelle-symbolisch analysiert. Im Zentrum steht ein erweiterter Begriff von Transzendenz, der nicht nur im theologischen Sinne verstanden wird, sondern als Denkfigur für Differenzerfahrung, symbolische Fremdheit und epistemische Offenheit.
Gerade in einer Zeit, in der digitale Systeme oft auf Reduktion von Ambiguität, Steuerbarkeit und operative Verfügbarkeit ausgerichtet sind, wir die Fähigkeit, Differenz auszuhalten und zu deuten, zur kulturellen Überlebenskompetenz.
Meine Forschung setzt daher bei der anthropologischen Frage im Zeichen digitaler Kultur an und entwickelt daraus systematisch-theologische Perspektiven, die nicht apologetisch oder additiv arbeiten, sondern Theologie als eine eigenständige Form kultureller Selbstaufklärung sichtbar machen.
Meine Forschung ist getragen von der Überzeugung, dass geisteswissenschaftliche Reflexionen im digitalen Zeitalter nicht nur legitim, sondern unverzichtbar ist. Sie bietet Perspektiven auf das Menschsein, auf Verantwortung und auf die Gestaltung von Welt, die in rein funktional-technischen Narrativen keine Rolle spielen – und gerade deshalb umso notwendiger sind.
In öffentlichen Diskussionen – etwa um das Metaverse, KI oder digitale Bildungsräume – zeigt sich immer wieder, wie sehr ein epistemisch und ethisch fundiertes Nachdenken über Technik fehlt. Mein Forschungsansatz schließt hier eine Lücke: Er führt technische Entwicklungen zurück auf ihre symbolischen Voraussetzungen und macht die Widerständigkeit theologischer, anthropologischer und philosophischer Perspektiven sichtbar – nicht um zu moralisieren, sondern um Reflexionsräume zu eröffnen.
Darüber hinaus leistet meine Forschung einen Beitrag zur symbolischen Resilienz akademischer Bildung: Indem sie zeigt, das Konzepte von Transzendenz nicht antiquiert, sondern aus anthropologischer Sicht notwendig sind, dass Freiheit nicht beliebig, sondern begründet ist, und dass Differenz nicht bedrohlich, sondern produktiv ist, macht sie ein Angebot, das über den theologischen Raum hinaus Wirkung entfalten kann – in Bildungsprozessen, in öffentlichen Debatten, in interdisziplinären Diskursfeldern zwischen Kultur, Technik und Ethik.
Mein Zugriff überschreitet die klassische theologische Erkenntnislehre und entwickelt sich zu einer epistemischen Kulturtheorie. Dabei verschränken sich zwei Felder:
Digitale Topologien als epistemische Strukturen: Digitale Räume sind keine neutralen Container, sondern symbolisch strukturierte Erkenntnismilieus. Sie präfigurieren, was als Wissen zählt, wie Erkennen organisiert wird und auf welchen sprachlich-rationalen Mustern Bedeutung entsteht. Darum spreche ich von Topo-Logiken, die selbst Erkenntnisräume bilden, was zu einer medientanthropologischen Epistemologie tendiert: Räume bestimmen mit, wie Welt erkennbar ist.
Freiheit und Differenz als epistemische Prinzipien: Aus meiner theologischen Fundierung bringe ich einen anthropologischen Freiheitsbegriff ein, der epistemologische Konsequenzen fordert. Erkenntnis ist demnach auch immer Selbstvergewisserung des Subjekts in pluralen Zusammenhängen. Die digitale Transformation bedroht solche Differenzmuster, etwa durch algorithmische Homogenisierung. Dagegen votiere ich für ein Verständnis von Erkennen, das Wahrheit nicht als Output definiert, sondern als prozesshafte, relationale, freiheits-kompatible Bewegung begreift.
Dieser Ansatz will kritisch-kompatibel sein, nämlich unter welchen Bedingungen Erkenntnis im Horizont der digitalen Transformation leisten muss, um human zu bleiben.
In meinem Forschungsansatz entwickele ich also eine kulturhermeneutisch und anthropologisch fundierte Epistemologie, die Erkenntnis nicht als abstrakten Akt, sondern als situiertes, relationales Geschehen versteht. Im Zentrum steht ein freiheitstheoretisch motivierter Wahrheitsbegriff, der Erkenntnis als dialogische Bewegung in Kontexten von Differenz, Geschichte und symbolischer Ordnung begreift.
Unter den Bedingungen der digitalen Transformation richte ich mein Augenmerk besonders auf die epistemischen Strukturen digitaler Räume: Ich verstehe sie als Topologien mit eigener Logik – als symbolisch und technisch codierte Erkenntnismilieus, die Wahrnehmung, Artikulation und Verstehen vorstrukturieren.
Die Frage nach der Technizität des Technischen und der Topo-Logik digitaler Umgebungen ist dabei grundlegend: Mensch-sein und ihre Erkenntnis steht nicht jenseits dieser Räume, sondern wird durch sie mitkonstituiert. Meine Forschung zielt daher auf eine interdisziplinär anschlussfähige Anthropologie mit einer kongruierenden Epistemologie, die digitale Rationalitäten kritisch durchdringt und die Bedingungen freiheitsfähiger Erkenntnis im Zeitalter algorithmischer Ordnungsmuster neu konturiert.
Theologie als freiheitssensible Herrschaftskritik in der Dialektik der Moderne
Dr. Jonas Erulo:
(1) Rahmen. Theologisch ist die Forschung in Ansatz und Gehalt dem emanzipatorischen Kern des Glaubens an einen Gott verpflichtet, der radikal für die Menschen in ihrer konkret-geschichtlichen Verfasstheit ist. Diesen Kern gilt es so zu artikulieren, dass er konkret auf gesellschaftliche Befreiungsprozesse einwirkt – ohne dabei die Autonomie menschlicher
(2) Methodisch. Sowohl als Implikat des theologischen Vorzeichens eines Gottes, der andere Freiheit will (Eigenstand von Mensch und Welt gegenüber Gott als gottgewollt), als auch als Voraussetzung für eine kritische Arbeit, die auf dem Stand einer selbstreflexiven Moderne steht, muss eine Autonomie menschlicher Freiheit, ihrer Freiheitsgeschichte und ihrer Welt behauptet werden. Daraus folgt ein zentraler Fragenkomplex: Es besteht eine Korrelation und Spannung zwischen dem immanenten Modus der Kritik (der Ansatz der Kritik ist die Selbstreflexivität von Freiheit, die darüber ihren Unbedingtheitscharakter in Anschlag bringt und die Kritik an der eigenen Widersprüchlichkeit der Verhältnisse ermöglicht) und der das Gegebene transzendierenden Stoßrichtung, sowie zwischen der Orientierung auf eine andere Vermittlung dieser Verhältnisse („diese Welt anders“) und der Radikalität der Einforderung eines anderen Vermittlungsprinzips des Ganzen („neue Welt“). Die Problematik besteht sowohl normativ (Was ist Maßstab der Kritik?) als auch aktuativ (Frage nach dem Subjekt und der Verwirklichungskraft von Kritik und Veränderung).
(3) Theologische Kristallisationspunkte:
a. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Theologischen und dem humanen Maßstab.
Ein gemeinsames Minimalkriterium ergibt sich aus der Konvergenz zwischen dem theologischen Prinzip der Götzenkritik (dessen Zeichen die erzwungene Minderung und Aufopferung menschlichen Lebens ist) und einer Herrschaftskritik, die eine Gesamtvermittlung der Wirklichkeit anstrebt, in der die Freiheit des Einzelnen nicht geopfert wird und in der eine „opferlose Nichtidentität des Subjekts“ (Adorno) für alle möglich wird.
b. Soteriologische und eschatologische Bestimmung. Das definitive Heil sowie die Orientierung daran müssen dabei in Solidarität mit Befreiungsbewegungen in der Geschichte gedacht werden. Sie dürfen diese weder ersetzen noch ihre Bedeutung aufheben oder deren spezifisches Drama (auch: Ohnmachtserfahrungen, Rückschläge) zur Nebensächlichkeit erklären.
c. Messianismus. Um die Bestimmung der Figur des Messianischen spielt sich die Koordination zwischen Eigenstand und Verwiesenheit ab – zwischen menschlicher Geschichte und göttlichem Heil. Darin liegt aber auch die Möglichkeit von Vermengungen und Kurzschlüssen. An dieser Stelle verortet sich sowohl eine kritische Betrachtung des christologischen Messianismus vor dem Hintergrund jüdischer Vorstellungen als auch die Analyse und Kritik philosophischer Messianismen (insbesondere: Agamben, Badiou, Žižek).
5. Konkrete Themen. In diesem Rahmen wird – auch aus theologischer Motivation, aber im Eigenstand der Ausführung – auf Fragen konkreter Gesellschaftskritik eingegangen.
a. Rechtskritik und Dialektik des Rechtes;
b. Allgemeine Theorie von Herrschaft und Gewalt
c. Frage nach einer „opferlosen“ Gesamtvermittlung;
d. Frage nach dem Modus der Kritik und dem Subjekt der Veränderung.
a. Migration und Kritik von Abschottung
b. Klimagerechtigkeit
c. queer-feministische
Diese Themen werden in Berücksichtigung der Erfahrungen, Praktiken und Erkenntnisse der konkreten sozialen Bewegungen und die involvierten Subjekte behandelt. Zur Seite des Projektes
Mündigkeit des Glaubens - eine kritische Theorie des Glaubensaktes und ein Entwurf der Fundamentaltheologie
Dr. Jonas Erulo:
Wie lässt sich Glaube als synthetischer Akt des Humanen verstehen – als jene Haltung, in der menschliches Subjektsein in all seinen Dimensionen und Bezügen Zugang zu seiner gelungenen Gestalt hat und darin Prinzip des Heils der Menschen ist?
Wie ist wiederum die gleichzeitige Behauptung aufrechtzuerhalten, dass Glaube als universales Prinzip des Heils allen Menschen (auch in anonymer Gestalt) zugänglich sein muss – und dass Glaube als freie Teilhabe an der Weise, in der Jesus Christus in menschlicher, geschichtlicher Freiheit die Beziehung zum Vater im Modus des ewigen Sohnes lebt, adäquat zu deuten ist? Wie – bzw. unter welchen Bedingungen – kann schließlich dieser Glaube nicht als defizitärer Modus des Vollzugs von Freiheit und Vernunft ausgelegt werden?
Selbst die Auslegung und Rechtfertigung dieses Glaubens muss eine Treue gegenüber dem Menschen in seiner Freiheitsstruktur und geschichtlichen Dramatik bewahren.
Methodisch ist Fundamentaltheologie eine theologische Theorie des Glaubens – und darin eine kritische Überprüfung der Humanität und humanen Vertretbarkeit des Glaubens als Haltung und seiner Inhalte.
Diese Fragen artikulieren sich in ein Programm, der als eine Skizze der Fundamentaltheologie verstanden werden kann. Folgende Schritte werden ausgeführt:
1) Erste anthropologische Bestimmung des Ortes des Glaubens
2) Theologische Kritik der Religion und Theorie der Ambivalenz des Heiligen
3) Christologische Offenbarung als Klärung der Vertrauens-Würdigkeit des Gottes vor den Ansprüchen geschichtlicher Freiheit
4) Theologische Bestimmung von Glaube; Möglichkeit dessen auch anonymen Universalität; säkulare Effektualität.
6) Theologische Anthropologie der Freiheit und der praedestinatio Filialis
Geschichtsfähiger Gott – Eine Relektüre der zentralen Kapitel Systematischer Theologie
Dr. Jonas Erulo:
In Kohärenz mit dem Gesamtansatz ergibt sich ein dauerhaftes, begleitende Forschungsfokus, der sich auch in materialdogmatische Erwägungen übersetzt. Gott und sein Heil sind so zu denken, dass Freiheit und Geschichte in ihrer Autonomie und Eigenwürde zugelassen und bejaht werden und als solche in die soteriologische Auffassung berücksichtigt werden müssen.
1) Christologisch: Einschreibung der Sohnesbeziehung in menschliche Freiheit und Geschichte als Verwirklichung und Vollendung menschlicher Freiheit.
2) Theologische Anthropologie: Vorbestimmung aller zur eigenständigen Teilhabe an der geschichtlichen Freiheit Jesu.
3) Trinitätslehre: Wie ist die Wirklichkeit Gottes und das Heilsmysterium so zu denken, dass Gott eine autonome Geschichte eröffnen und in ein (rettendes) Verhältnis zu ihr treten kann, ohne deren Autonomie und Eigenstand aufzuheben?
„Das Subjekt des Begehrens und sein Gesetz – Konturen einer kritischen Theologie der Liebe“
Dr. Jonas Erulo:
Die Arbeit möchte eine kritische Theologie der Liebe in der Konstellation zwischen Freiheit, Gesetz und Begehren leisten. Auf der Grundlage philosophischer Untersuchungen sollen Kriterien und Korrektive für den inflationären und teilweise unkontrollierten Gebrauch einer Semantik der Liebe zu liefern, sowie zu einer parallelen Abwertung der Dimensionen des Begehrens und des Gesetzes. Statt aber „Liebe“ in Reaktion darauf unter Generalverdacht zu stellen oder gänzlich in Absehung von der affektiven Dimension zu bestimmen, soll sie Vielmehr als die Chiffre und den Ernstfall des Humanum verstanden werden.
Ausgangspunkt des Projekts steht die Rekonstruktion der Reziprozität zwischen dem vor-subjektiven Moment des Begehrens und dem unterbrechenden, formgebenden Moment des Gesetzes. Diese Beziehung soll als Dialektik von Kraft und Form im Hinblick auf eine integrative Theorie des Subjekts entfaltet werden. Die leitende Hypothese lautet: Erst die Formung durch eine Norm oder ein Gesetz setzt die transzendierende Kraft des Begehrens frei und macht es zum konstitutiven Moment des Subjekts – das Subjekt selbst als Geist soll in dieser Spannung gesucht werden.
Kritik des christlichen Antijudaismus als Denkform
Dr. Jonas Erulo:
Aus systematisch-theologischer Perspektive liegt meines Erachtens der Ernstfall des Problems in der Frage nach einer intrinsischen Anfälligkeit grundlegender Aspekte und Funktionsweisen systematisch-theologischer Auslegung des Christlichen. Es geht dabei nicht nur um die historische Last des christlichen Antijudaismus; nicht nur um das Fortwirken der darin generierten Motive; und auch nicht nur um die Frage, wie sich das Christliche definieren kann, ohne das Jüdische zur Negativfolie, zum Kontrastmaterial oder auch nur zur Grundierung der eigenen Selbstbeschreibung zu degradieren.
Im Zentrum meiner Überlegungen steht die Frage nach der Kategorie der „Vermittlung“. Es scheint mir, dass nicht nur die Behauptung, dass in Jesus Christus und in der Gabe des Geistes die definitive Heilsvermittlung erfolgt sei, problematisch ist – sondern vor allem das Wie dieser Vermittlung gedacht wird. Denn in der Weise, wie diese Vorstellung ausgeformt ist (sowie in den Wirkungsgeschichten der damit verbundenen Motive), liegt eine spezifische und besonders hartnäckige Anfälligkeit für antijudaistische Tendenzen. Diese speist sich daraus, dass sich in ihr Denkformen herausbilden, die strukturelle Analogien zur Funktionsweise des Antisemitismus selbst aufweisen.
Gerade auf dieser Grundlage scheint es, spezifisch christlich Geprägte antisemitismusanfällige Denkformen zu geben, die maßgeblich das philosophische und politische Denken westlicher Moderne geprägt haben.
Meine Forschung richtet sich, spiegelbildlich zu dieser Kritik, mit systematisch-theologischem Interesse auf die Traditionen des Judentums – insbesondere als ausgeprägte Kultur des Nichtidentischen – und formuliert daraus Rückfragen an die christliche systematische Theologie. Was kann letztere vom Judentum lernen?
Im Dialog mit ausgewählten Stimmen der jüdischen Theologie – insbesondere aus der Neuzeit und der Gegenwart – sollen kritische Impulse für das methodische Vorgehen und die inhaltlichen Bestimmungen der christlichen Theologie gewonnen werden.
Im Zentrum stehen dabei folgende Aspekte für die jüdische Traditionen wichtige Ressourcen anbieten:
Das Bewusstsein für die konstitutiven Spannungen in der Welt des Menschen und eine Kultur des Umgangs mit diesen Spannungen.
Ein Bezug auf die konkrete Weltwirklichkeit und eine weltbezogene Vorstellung von Heil: Diese ist realistisch und geschichtlich gedacht – sie hängt von der Schaffung von Bedingungen ab, die den Widerspruch zwischen Allgemeinem und Besonderem überwinden, bleibt aber zugleich unverfügbar. Ihre definitive Komposition liegt in einer Umgestaltung der Weltverhältnisse.
Eine Resistenz gegenüber Abkürzungen – und damit eine Skepsis gegenüber Projekten, die die Auflösung dieser Spannungen behaupten (und meist eine abstrakte Lösung propagieren).
Die Suche nach einem Universalismus, der das Konkrete und Nichtidentische einschließt – und die kritische Aufmerksamkeit gegenüber den Fallstricken eines abstrakten Universalismus.
Die Frage nach der Bedeutung und Funktion des Gesetzes.
Wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten
Habilitationsprojekte
Jonas Erulo
Rainer Gottschalg
Promotionsprojekte vereinbart
Brockhaus, Julian
Devasia, Ajesh
Ekweariri, Dominic
Flack, Robin
Gaßmann, Stefan
Kollappallil, Jomat Mathew
Kries, Frieda (Zweitbetreuung)
Maercker, Raphael
Pais, Jason (Zweitbetreuung)
Schilling, David (Zweitbetreuung)
Schulz, Klaus-Dieter
Schwertner, Bernhard (Zweitbetreuung)
Promotionen abgeschlossen
Dennis Bouillon, Unter dem Blickwinkel der Zeit. Phänomenologie und Metaphysik bei Samuel Alexander. Münster 2024 (Nitsche: Zweitbetreuung)
André Hille, Nachdenken über Freiheit – das Ureigene der Theologie. Der Open Theism im Gespräch mit dem Denken von Thomas Pröpper. Münster 2023 (Nitsche: Zweitbetreuung)
Jonas Erulo, „…von der Wahrheit eines ganz anderen Ganzen her. Untersuchungen im Anschluss an Theodor W. Adorno zur Möglichkeit einer nicht-sakrifikalen Vermittlung der Wirklichkeit und deren Subjekt in fundamentaltheologischer Absicht.“ Münster 2022.
Polycarb Okafor, Solidarity in Ubuntu Philosophy and in Honneth’s Struggle for Recognition: A Contribution to the Resolution of Ethnic and Religious Conflicts in Nigeria. Münster 2022 (Nitsche: Drittgutachten)
Hanna Braun, Der vulnerable Mensch als Ebenbild Gottes. Eine Grundlegung für inklusive Sprechweisen in der theologischen Anthropologie. Münster 2021.
Magister und Bachelorarbeiten abgeschlossen (Erstbetreuung)
Anna Kintrup, Wo das Schöne und Erhabene über sich hinausweisen: Mit Immanuel Kant, Christoph Menke und Volker Gerhardt zur Erfahrung des Transzendenten. Münster 2025. (Nitsche)
Gabriel Gonzalez, Vom Nutzen und Nachteil der Apokalyptik für das gute Leben: Eine Untersuchung zur systematisch-theologischen Bedeutung apokalyptischer Rede. Münster 2025. (Erulo)
Kieu Mi Do, Re(ve)latio Gottes in Wesen und Sendung der Kirche: Gastfreundschaft als Konkretion des Doppelgebotes der Liebe. Münster 2025. (Gottschalg)
Frieda Kries, Mut zum Sein in der ökologischen Krise. Eine fundamentaltheologische Analyse von Klimaangst mit Paul Tillich. Münster 2024. (Nitsche)
Lara Marie Sindermann, Antisemitismus als Ausdruck narzisstischer Kränkung? Antisemitismus und christlicher Antijudaismus aus psychoanalytischer Perspektive in kritischer Auseinandersetzung mit Béla Grunberger. Münster 2024 (Erulo)
Lukas Schibowski, „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt.“ (Kol 1,24). Das Evangelium des Leidens im Leben und in der Lehre des hl. Johannes Paul II. (1920-2005). Münster 2022. (Nitsche)
Lisa Rüschenschmidt, Das Rettende bei Walter Benjamin. Ein Beitrag zur Klärung seines Rettungskonzeptes. Münster 2021 (Nitsche)
Robin Flack, Ibn al-ʿArabī: Eine mögliche islamische Perspektive für die Panentheismusdebatte. Münster 2020 (Nitsche)
Stefan Gaßmann, Selbststand und Unvertretbarkeit. Untersuchung zum Subjektbegriff Emmanuel Lévinas’ in der Verschränkung transzendentalphilosophischen und phänomenologischen Fragens. Münster 2019 (Nitsche)
Jakob Ohm, Ethos der Liebe. Orientierungshilfes des Christlichen im Zeitalter des Individualismus. Münster 2018 (Nitsche)