

Die Evolution eines Ökumenikers
Der aus Breslau stammende Peter Lengsfeld (1930–2009), der sein Abitur im bayerischen Amberg abgelegt hatte, absolvierte den Großteil seines Theologiestudiums von 1950 bis 1958 in Rom, einschließlich seiner Promotion über „Tradition und Schrift in der evangelischen und katholischen Theologie der Gegenwart“. Er gehörte dem Collegium Germanicum an und war während seines Promotionsstudiums im Studienkolleg „Campo Santo Teutonico”. Zwischenzeitlich empfing er 1955, ebenfalls in Rom, die Priesterweihe. Nach einem Einsatz als Kaplan in Berlin-Kreuzberg von 1958 bis 1961, war er von 1961 bis 1964 Wissenschaftlicher Assistent und Habilitand in Münster, erst bei Prof. Dr. Dr. Hermann Volk, dann bei Prof. Dr. Joseph Ratzinger, der auch Gutachter der Habilitationsschrift war. Nach erfolgter Habilitation mit einer Arbeit über die „Adam-Christus-Typologie im Neuen Testament und ihre dogmatische Verwendung bei Matthias Joseph Scheeben und Karl Barth“ für das Fach „Dogmatik und Ökumenische Theologie“ verblieb Lengsfeld als Dozent an der Münsteraner Fakultät und lehnte Rufe nach Bonn (Dogmatik) und Bochum (Fundamentaltheologie) ab. Nach dem fakultätsinternen Wechsel Erwin Iserlohs auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte wurde Peter Lengsfeld am 2. August 1967 zum Professor für Ökumenische Theologie ernannt und zum Direktor des Ökumenischen Instituts, Abteilung I bestellt.

Forschungsschwerpunkte
Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit in Abteilung I unter Peter Lengsfeld war zunächst die Fortführung der von Erwin Iserloh initiierten kritischen Durchsicht der Schulbücher, die nun auch auf die Bücher für den evangelischen Religionsunterricht ausgeweitet wurde. Die Ergebnisse wurden mit Rücksicht auf die evangelischen Kirchen nicht publiziert, sondern 1968 in einem Bericht zusammengefasst und den einzelnen Verlagen und Autoren mit der Bitte um zukünftige Berücksichtigung geschickt.
Unter Lengsfeld war das Ökumenische Institut durch die Arbeitsgemeinschaft Ökumenischer Universitätsinstitute an zwei bedeutenden Veröffentlichungen beteiligt, dem sogenannten „Ämtermemorandum“ von 1973 und dem Tagungsband „Papstum als ökumenische Frage“ von 1979. 1980 erschien das Arbeitsbuch „Ökumenische Theologie“, welches unter maßgeblicher Beteilung der beiden damaligen Assistenten Dr. Heinz-Günther Stobbe und Dr. John D'Arcy May die Ergebnisse gemeinsamer Forschung zu den grundsätzlichen Problemen der Struktur und des Verlaufs ökumenischer Prozesse gebündelt präsentierte. Die Rezeption des Arbeitsbuchs, das nur durch großen persönlichen finanziellen Einsatz der Beteiligten veröfffentlicht werden konnte, war mehr als enttäuschend. Als weitere große Veröffentlichungsprojekte unter Peter Lengsfeld folgten 1984 die groß anglegte empirische Studie „Ökumenische Praxis. Erfahrungen und Probleme konfessionsverschiedener Ehepartner“ und die 1985 von Dr. Helmut Geller veröffentlichte Feldforschungsstudie „Ökumene in Gemeinden. Struktur und Prozesse ökumenischer Beziehungen“.
Von der Kontroverstheologie, über sozialwissenschaftliche Methoden zu Fragen ökumenischer Spiritualität
Mitte der 1980er Jahre verschob sich Peter Lengsfelds Fokus noch einmal weiter und zwar in Richtung ökumenischer Spiritualität. Lengsfeld dazu selbst:
Leitend war die Einsicht, daß für eine wirksame Förderung der christlichen Einigungsbewegung der Nachweis von weitergehender Übereinstimmung in der Glaubenslehre (1. Phase) sowie der Erfassung der sog. ‚nicht-theologischen Faktoren‘ sozialer und psychologischer Privenienz (2. Phase) offenbar nicht ausreicht, sondern die tiefere Ebene des ‚spirituellen Nährbodens‘ der Kirchen und Konfessionen in Betracht gezogen werden muss.
Diese Verschiebung in Lengsfelds Fokus ging einher mit seiner Entdeckung des Zen-Buddhismus. Er besuchte immer wieder für länger Aufenthalte Japan und ließ sich dort zum Zenlehrer ausbilden. Diese Entwicklung ging allerdings Hand in Hand mit einer immer weiteren Entfremdung von seinem bisherigen Kontext. Lengsfeld ließ sich schließlich 1992 vorzeitig in den Ruhestand versetzen und wirkte fortan als Zenlehrer im Schwarzwald, wo er 2009 im Alter von 79 Jahren starb.