Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität trauert um Jakob Wöhrle

Professor Dr. Jakob Wöhrle (Tübingen) ist am 25. März völlig überraschend verstorben. Wöhrle war nach seinem Studium in Bethel, Leipzig und Münster am Alttestamentlichen Seminar als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Dr. Rainer Albertz von 2001-2008 tätig. Danach hatte er von 2008-2012 die Leitung des Projekts „Distinktion und Integration in der Gründungsurkunde Israels“ am Exzellenzcluster „Religion & Politik“ inne. Nach Promotion und Habilitation in Münster war er Heisenberg-Stipendiat und wurde 2014 Universitätsprofessor für Altes Testament an der Universität Oldenburg. Seit 2019 war er Professor für Altes Testament an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
Jakob Wöhrle hat vor allem durch seine großen Forschungsbeiträge zum Dodekapropheton und zur sozialgeschichtlichen Bedeutung des Pentateuchs internationale Beachtung gefunden. Als akademischer Lehrer war er ausgesprochen beliebt und hat durch sein freundliches und zugewandtes Wesen und seine lebendige und motivierende Art zu lehren zahlreiche Studierende für das Fach und für die Theologie begeistert.
Sein Tod kam plötzlich und vollkommen unerwartet. Es ist für seinen Lehrer Rainer Albertz und alle Kolleginnen und Kollegen ein unermesslicher Verlust. Wir teilen die Trauer mit seiner Frau Pfarrerin Stefanie Wöhrle und der Familie.
Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Münster gedenkt seiner in Trauer, Dankbarkeit und freundschaftlicher Verbundenheit.
Prof. Dr. Arnulf von Scheliha (Dekan)
Prof. Dr. Reinhard Achenbach und Prof. Dr. Christophe Nihan für das Alttestamentliche Seminar
 

Preisverleihung Helga Weippert Preis an Dr. Bruno Biermann

Helga-Weippert-Preis 2024 an Dr. Bruno Biermann verliehen

07. Dezember 2024

Der renommierte Helga-Weippert-Preis des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas (DPV) ging in diesem Jahr an Dr. Bruno Biermann. Mit seiner Dissertation „Stamp Seals as Prism for the Gender History of the Southern Levant: Archaeological, Epigraphic, Iconographic and Exegetical Explorations“ hat Biermann einen herausragenden Beitrag zur Erforschung der Archäologie, Geschichte und Kultur Palästinas geleistet.

Dr. Bruno Biermann ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster im Fachbereich Altes Testament tätig.

Die prämierte Arbeit, eingereicht an der Theologischen Fakultät der Universität Bern, untersucht Roll- und Stempelsiegel als Schlüssel zur Geschlechtergeschichte der Südlichen Levante. Durch die Kombination von archäologischen, epigraphischen, ikonographischen und exegetischen Methoden beleuchtet Dr. Biermann die vielfältigen Rollen und Darstellungen von Geschlecht in der materiellen Kultur der Region. Seine Forschung verbindet biblisch-theologische Perspektiven mit ikonografischen und kulturhistorischen Ansätzen und setzt damit neue Maßstäbe, gerade in der methodischen Herangehensweise an die Fundgattung Glyptik.

Der mit 2.000 € dotierte Preis wurde 2024 zum zweiten Mal ausgeschrieben und würdigt herausragende Dissertationen oder Habilitationen zur Archäologie, Geschichte, Religion, Kultur und Landeskunde Palästinas. Er erinnert an die bedeutende Archäologin und Alttestamentlerin Helga Weippert (1943–2019), die die Erforschung Palästinas maßgeblich geprägt hat.

Mit der Auszeichnung von Dr. Biermann hebt der DPV die Relevanz interdisziplinärer Ansätze für das Verständnis der Südlichen Levante hervor und unterstreicht die Bedeutung des wissenschaftlichen Nachwuchses für die Weiterentwicklung der Palästinaforschung.

Die Preisverleihung fand im Rahmen der Jahrestagung des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas vom 6.-8.12.2024 in Mainz statt.

Franz-Delitzsch-Tag 2024

2. Dezember 2024

„Nachkommenschaft Abrahams“. Ein angemessenes Paradigma zur Beschreibung des christlich-jüdischen Verhältnisses? - Dieser Frage ging Prof. Dr. Wolfgang Kraus am 2. Dezember 2024 in der Franz-Delitzsch-Vorlesung nach. Wolfgang Kraus ist Professor für Neues Testament an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und seit Jahrzehnten im christlich-jüdischen Dialog engagiert. In seinem Vortrag präsentierte er entscheidende Einsichten seiner intensiven exegetischen Beschäftigung mit Passagen aus dem Galater- und dem Römerbrief, in denen Paulus das Verhältnis zwischen Israel und nichtjüdischen Christusgläubigen anhand der Figur Abrahams und seiner Nachkommenschaft reflektiert. Der Vortrag machte deutlich, wie der genaue Blick auf sprachliche Details in diesen für die christliche Theologie so zentralen Texten zu einer neuen Sicht des christlich-jüdischen Verhältnisses führen kann. Zugleich betonte Wolfgang Kraus, dass die Aussagen des Paulus nicht einfach in die Gegenwart fortgeschrieben werden können, sondern hermeneutisch reflektiert werden müssen, da das christlich-jüdische Verhältnis heute in einer anderen Situation und vor anderen Fragen steht als zur Zeit des Paulus.

Bereits vor seinem Vortrag leitete Wolfgang Kraus am Nachmittag einen Workshop zum Thema „Konzeptionen von Kirche und Israel im Neuen Testament“. Sowohl im Plenum als auch in Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmer*innen interaktiv, wie Israel und die Gemeinde der Christusgläubigen in verschiedenen neutestamentlichen Schriften zueinander in Beziehung gesetzt werden und überlegten gemeinsam, was dies für das christlich-jüdische Verhältnis heute bedeuten kann. An dem Austausch nahmen nicht nur Studierende der Evangelisch-Theologischen Fakultät, sondern auch der Katholisch-Theologischen Fakultät sowie weitere Interessierte teil, die an Universitäten, in Kirchengemeinden, Schulen und anderen Orten des gesellschaftlichen Lebens tätig sind. Auch darin spiegelt sich die Vielfalt der Kontexte, in denen es wichtig ist, immer wieder neu über das Verhältnis von Christen und Juden nachzudenken und sich darüber auszutauschen.   

© ETF

Kirchenpräsidentin Dr. Karen Georgia Thompson von der United Church of Christ (USA) zu Gast in Münster

13.November 2024

Die Frage nach der Rolle der Kirche in den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen stand am 13. November 2024 im Mittelpunkt des öffentlichen Vortrags von Kirchenpräsidentin Dr. Karen Georgia Thompson. Der Vortrag war von höchster Aktualität, als er kurz nach den Präsidentschaftswahlen in den USA stattfand.

Thompson hielt ein engagiertes Plädoyer dafür, Hass zu überwinden und das Verbindende und Mitmenschliche zu suchen. In einer kritischen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des weißen christlichen Nationalismus machte sie deutlich, dass die Kirche in dreierlei Weise eine wichtige Rolle spielen sollte: pastoral, prophetisch und protestierend. 

„Die Kirche muss bereit sein, sich pastoral um diejenigen zu kümmern, deren Leben aus den Fugen gerät; sie muss bereit sein, prophetisch im Streben nach Gerechtigkeit für alle, die Mächtigen zur Wahrheit zu rufen und mit den Worten Jesu und in der Macht Gottes gegen eine Welt zu protestieren, in der Ungerechtigkeit und Unfriede salonfähig werden.“

Thompson war auf Einladung von Professorin Dr. Simone Sinn vom Seminar für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an die Evangelisch-Theologische Fakultät nach Münster gekommen. Grußworte sprachen Prodekanin Professorin Dr. Antje Roggenkamp sowie Landeskirchenrat Dr. Albrecht Philipps von der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Nachruf zu Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Barbara Aland

10. November 2024

Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Münster trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Barbara Aland, die am 10. November 2024 im Alter von 87 Jahren verstarb. Sie war eine führende Expertin in neutestamentlicher Textforschung und Syrologie. Als Herausgeberin des „Nestle-Aland“ und „Greek New Testament“ prägte sie die wissenschaftliche Gemeinschaft und setzte wegweisende Studien zur Gnosis und platonischen Tradition um. Barbara Aland war eine inspirierende Lehrerin und genoss internationales Ansehen, ausgezeichnet unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz.

© Albin Hillert

Dr. Kenneth Mtata, Programmdirektor im Ökumenischen Rat der Kirchen, spricht über theologische Wurzeln und Perspektiven des ÖRK

22. Oktober 2024

Am 22. Oktober 2024 war Pfarrer Dr. Kenneth Mtata zu Gast in Münster, um einen öffentlichen Vortrag an der Evangelisch-Theologischen Fakultät zu halten. Er erinnerte daran, dass die Weltkonferenz für Praktisches Christentum, die 1925 in Stockholm stattfand, nach dem Grauen des Ersten Weltkriegs grundlegende ökumenische Perspektiven für Gerechtigkeit und Frieden entwarf.

Im Vorgriff auf das 100jährige Jubiläum im nächsten Jahr erläuterte er, wie der Ökumenischen Rat der Kirchen seine Mitgliedskirchen ermutigt, Theologien des Lebens, der Gerechtigkeit und des Friedens zu entwickeln. Er erläuterte, wie Kirchen angesichts von sozialen, politischen und ökonomischen Herausforderungen gemeinsam glaubwürdig Zeugnis geben können, sowohl in ihrem Handeln in der Welt, als auch in ihrem theologischen Arbeiten.

Mtata stammt ursprünglich aus Simbabwe und ist seit 2023 ÖRK-Programmdirektor für öffentliches Zeugnis und Diakonie. Er wurde von Professorin Dr. Simone Sinn vom Seminar für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie nach Münster eingeladen.

© Alfred Krupp WIssenschaftskolleg Greifswald/ Vincent Leifer

Vergabe des 200. Alfried Krupp Fellowship an Prof. Dr. Eve-Marie Becker der Universität Münster

21. Oktober 2024

Am 21. Oktober 2024 stellte Prof. Dr. Eve-Marie Becker im Rahmen des Fellow-Days sich und ihr Projekt: „Jesus von Nazareth: Eine historische Biographie“ den Co-Fellows, dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg sowie den Mitgliedern der Universität Greifswald und der interessierten Öffentlichkeit vor. Prof. Becker forscht im akademischen Jahr 2024/2025 – von Oktober 2024 bis September 2025 – als Senior Fellow am Kolleg und hat damit die 200. Fellowship seit der dortigen Einrichtung des Fellow-Programmes im Jahre 2007 erhalten. Durch die Zusammenarbeit am Kolleg und mit den Fachkollegen vor Ort will Prof. Becker fachliche Verbindungen stärken und zugleich vom Austausch mit anderen Disziplinen profitieren. Prof. Dr. Thomas Klinger, Wissenschaftlicher Direktor des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald, betont das vielfältige Spektrum und die hohe Qualität der Gastforscher*innen im laufenden Fellow-Jahrgang. Es wird erwartet, dass die Fellow-Projekte zu ertragreichen Ergebnissen führen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit inspirierende Impulse und langfristige Kooperationen ermöglicht. Prof. Becker selbst freut sich auch darüber, durch ihre Zeit in Greifswald wieder Verbindungen zum Ostseeraum aufnehmen zu können: Bevor sie 2018 nach Münster berufen wurde, war sie zwölf Jahre als Ordinaria für Neutestamentliche Exegese an der Universität Aarhus in Dänemark tätig.

Antrittsvorlesung Jun.-Prof. Dr. Katharina Schmidt

16. Oktober 2024

Am 16. Oktober 2024 hielt Katharina Schmidt ihre Antrittsvorlesung in dem neu an der Universität Münster etablierten Fach Biblische Archäologie zum Thema „Forschungen im Königreich Ammon: Neue Impulse für die Biblische Archäologie“. Im Mittelpunkt stand nicht nur die Vorstellung des neuen Ausgrabungsprojekts auf der Zitadelle von Amman, das „Amman Archaeological Project“ (ammap), sondern auch die grundlegende Frage, warum die Erforschung von Transjordanien von so großer Bedeutung für die Archäologie und Theologie ist.

Das Ausgrabungsprojekt, das unter Beteiligung von Münsteraner Studierenden in diesem Frühjahr begann, hat bereits bemerkenswerte Funde hervorgebracht, darunter zwei doppelgesichtige Statuen, die unter anderem auf die mögliche Existenz eines königlichen Palastes hinweisen – eine Hypothese, die in den kommenden Jahren noch weiter untersucht wird.

Dr. Schmidt betonte die besondere Bedeutung der Region Transjordanien für das Verständnis der biblischen Welt, insbesondere der Eisenzeit. Die oft vernachlässigte Perspektive Ammons sei entscheidend, um die komplexen Dynamiken der Levante und die Welt der biblischen Autoren umfassend zu begreifen.

Der Vortrag fand große Resonanz bei einem interdisziplinären Publikum aus den Bereichen Theologie, Archäologie, Altorientalistik und Geschichte, das wertvolle Impulse für die eigene Forschung mitnehmen konnte. Der anschließende Empfang hat den Abend gebührend abgerundet.