Werbung, Angebotsgestaltung und Rahmenbedingungen

Hier erfahren Sie, welche Wünsche gering literalisierte Erwachsene an die Gestaltung von Werbung und Kursen äußern, wie sie den Kontakt zu Weiterbildungseinrichtungen herstellen möchten und inwieweit sie sich die Bewältigung des Anfahrtswegs zum Kurs zutrauen.

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    Welche Wünsche haben Nicht-Teilnehmende an die Gestaltung von Alphabetisierungswerbung?

    Um gering literalisierte Erwachsene erfolgreich mit Werbung für Alphabetisierungsangebote anzusprechen, sollte diese inhaltlich, schriftlich und auch im Hinblick auf das Layout an die Zielgruppe angepasst werden. Dazu haben Nicht-Teilnehmende uns gegenüber einige Wünsche geäußert.

    Auf inhaltlicher Ebene geben die Befragten an, dass sie sich klare Informationen zum beworbenen Angebot wünschen. Die Befragten möchten aus der Werbung erfahren, worum es in dem Lernangebot geht, an wen es sich richtet und an wen sie sich bei Interesse wenden können. Zusätzlich zu diesen konkreten Informationen äußern einige der Nicht-Teilnehmenden, dass sie es als hilfreich erleben würden, wenn darauf verwiesen wird, dass geringe Literalität viele Menschen betrifft und sie damit nicht allein sind. Zudem wünschen sich einzelne Befragte generell eine Ansprache, die positive Emotionen und eine positive Atmosphäre vermittelt, damit Hemmschwellen abgebaut werden.

    In Bezug auf die schriftliche Gestaltung äußern einige Befragte, dass diese mit wenig Text und ohne schwierige Wörter möglichst einfach gehalten werden sollte, um Personen auf verschiedenen Alpha-Levels zugänglich zu sein. Auch Werbung per Video wird als Möglichkeit benannt, um schriftsprachliche Formate zu umgehen.

    Hinsichtlich des Layouts wird Wert auf eine große Darstellung gelegt, sowohl im Hinblick auf das Format bei Printwerbung als auch allgemein für die verwendete Schriftgröße. Zudem wünschen sich einzelne Befragte eine ansprechende visuelle Gestaltung durch das Verwenden von Bildern.

    Für die Gestaltung von Alphabetisierungswerbung sollte demnach auf klare Inhalte und das Ansprechen auf der emotionalen Ebene sowie auf eine einfache schriftliche Gestaltung und ein gut lesbares Layout gesetzt werden.

     

    Einblicke in die Interviews

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    Wie möchten gering literalisierte Erwachsene den Kontakt zu Weiterbildungseinrichtungen herstellen?

    Die Kontaktaufnahme zu Weiterbildungseinrichtungen als erster Schritt in Richtung Kursteilnahme kann eine Hürde für gering literalisierte Erwachsene darstellen, denn dabei ist es notwendig, die geringe Literalität zu offenbaren. Die befragten Nicht-Teilnehmenden haben uns in den Interviews auch davon erzählt, welche Rahmenbedingungen sie sich für eine Kontaktherstellung wünschen und welche Kommunikationswege sie dafür bevorzugen würden.

    Die Befragten sehen überwiegend kein Problem darin, eigenständig den Kontakt zu Anbietenden der Alphabetisierung und Grundbildung aufzunehmen. Dies würde die Mehrheit gerne per Telefon erledigen, da es sich hier für sie um den einfachsten Kontaktweg handelt, der ohne schriftliche Kommunikation auskommt. Zusätzlich geben die Befragten an, dass am Telefon zunächst die Anonymität gewahrt werden kann, bevor eine Entscheidung für oder gegen eine Kursteilnahme getroffen wird. Einzelne Befragte können sich darüber hinaus auch eine Kontaktaufnahme per WhatsApp vorstellen.

    Eine Kontaktaufnahme direkt vor Ort käme ebenfalls für einige Personen infrage. Begründet wird dies durch die Möglichkeiten, sich vor der Anmeldung und Zahlung des Kurses einen Eindruck verschaffen und ein persönliches Gespräch in einem geschützten Raum führen zu können.

    Einige Befragte berichten allerdings auch von Hemmungen bei der eigenständigen Kontaktaufnahme, etwa aufgrund der Sorge vor fehlender Anonymität, der Sorge davor, wie die Kontaktpersonen der Weiterbildungseinrichtungen auf sie reagieren oder weil die Kontaktaufnahme für sie eine generelle Überwindung darstellt.

    Es wird deutlich, dass für eine gelungene Kontaktaufnahme die Atmosphäre eines geschützten Gesprächsrahmens hergestellt werden und ein sensibler Umgang mit der Offenbarung der geringen Literalität erfolgen sollte. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Befragten eher klassische Kontaktwege benennen. Dies kann aber insbesondere vor dem Hintergrund des eigentlich breiten digitalen Nutzungsverhaltens gering literalisierter Erwachsener auch der Tatsache geschuldet sein, dass alternative Kontaktmöglichkeiten aufgrund fehlender Gewohnheiten wenig präsent bei den Befragten waren.

  • Welche Wünsche haben Nicht-Teilnehmende an die Gestaltung von Alphabetisierungsangeboten?

    In unseren Gesprächen mit Nicht-Teilnehmenden zeigt sich, dass für diese Gruppe Kursabbrüche und inkonstante Teilnahmen durchaus zur Normalität gehören, da es sich beim Großteil der befragten Nicht-Teilnehmenden um ehemalige Teilnehmende von Alphabetisierungsangeboten handelt. Dementsprechend gilt es, nach der erfolgreichen Ansprache, das Augenmerk auch auf die Angebotsgestaltung zu richten, um einen Kursabbruch der neuen Teilnehmenden zu verhindern. Die befragten gering literalisierten Erwachsenen äußern in unseren Interviews diesbezüglich insbesondere Wünsche an die Gruppenzusammensetzung und an die didaktische Gestaltung.

    Hinsichtlich der Zusammensetzung der Gruppe werden sowohl Wünsche nach heterogenen als auch nach homogenen Gruppen geäußert. Dabei erhoffen sich die Befragten, die sich heterogene Gruppen wünschen, aufgrund von Unterschieden hinsichtlich des Literalitätsniveaus oder der Erstsprache, voneinander lernen zu können. Andere Befragte wünschen sich dagegen eine homogene Gruppenzusammensetzung, da bei einer Kurszuteilung nach ähnlichem Literalitätsniveau an Vorwissen angeknüpft werden könne und Themen nicht immer wieder neu erklärt werden müssten. Damit sei eine passendere Förderung, insbesondere auch für Erstschriftlernende, möglich. Des Weiteren geben einige Befragte an, dass homogene Gruppen einen geschützten Raum bieten würden, da Problemstellungen eher von anderen Teilnehmenden geteilt und Ängste vor Fehlern somit reduziert würden. Einzelne Befragte würden auch eine homogene Zusammensetzung nach Alter oder Geschlecht bevorzugen, da sie sich so in der Gruppe wohler fühlen. Darüber hinaus äußern Einzelne, dass es ihnen wichtig sei, sich auch mit Personen in der eigenen Erstsprache unterhalten zu können.

    Für die didaktische Gestaltung von Lernangeboten wünschen sich mehrere Befragte, dass der Unterricht auf ein langsames Lerntempo abgestimmt wird, damit es nicht zu einer Überforderung kommt. Dieser Wunsch wird insbesondere von Personen mit geringem Literalitätsniveau geäußert. Indessen ist es ebenfalls einigen Personen wichtig, dass sie im Kurs nicht unterfordert werden und keine Langeweile aufkommt. Sie möchten, dass an ihre jeweiligen Lernstände angeknüpft wird und übermäßige Wiederholungen vermieden werden. Von der Kursleitung erhoffen sich die Befragten darüber hinaus vor allem Geduld sowie Aufmerksamkeit für individuelle Problemstellungen.

    Insgesamt zeigt sich also sowohl in Hinblick auf die Wünsche an die Gruppenzusammensetzung als auch in Hinblick auf die Wünsche an die didaktische Gestaltung von Lernangeboten ein heterogenes Bild unter den Befragten. Die geäußerten Wünsche sind folglich nicht zu verallgemeinern, sondern vielmehr von individuellen Vorlieben und Befürchtungen abhängig, die bei der Planung von Angeboten einbezogen werden können.

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    Inwieweit trauen sich gering literalisierte Erwachsene die Bewältigung des Anfahrtswegs zu?

    Auch, wenn „der Weg in den Kurs“ in den meisten Fällen metaphorisch gemeint ist, kommt auch dem tatsächlichen Weg, den gering literalisierte Erwachsene zurücklegen müssen, um einen Kurs zu besuchen, eine große Bedeutung zu. So müssen Alphabetisierungskurse räumlich erreichbar sein und die Möglichkeiten der Zielgruppe in Sachen Mobilität berücksichtigen. Wir haben im Rahmen der Interviews daher auch erhoben, wie die Befragten eine selbstständige Bewältigung des Anfahrtswegs erleben. Hierbei zeigt sich interessanterweise ein geteiltes Bild.

    Etwas mehr als die Hälfte der Befragten bewertet die selbstständige Bewältigung eines unbekannten Anfahrtswegs als unproblematisch. Dabei trauen sich die Befragten überwiegend die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu. Einige geben zudem an, mit dem Auto mobil zu sein.

    Für den anderen Teil der Befragten stellt ein unbekannter Anfahrtsweg jedoch eine große Herausforderung dar, dessen eigenständige Bewältigung sie sich nicht oder nur mit Überwindung zutrauen. Dabei spielt vor allem die Angst vor fehlender Orientierung eine Rolle, beispielsweise wenn die Nummern und Ziele von Buslinien nicht erkannt werden. Einzelne Personen geben auch an, dass sie grundsätzlich abhängig von der Hilfe anderer Personen sind, um an einen unbekannten Ort zu gelangen.

    Interessant ist, dass auch Personen, die einen unbekannten Anfahrtsweg als problematisch und herausfordernd erleben, die App Google Maps verwenden. Hier ergeben sich Möglichkeiten, diese Personen durch die Navigationsfunktionen von Google Maps bei der Anfahrt zu unterstützen.  

    Insgesamt zeigt sich also ein breites Spektrum, was das Zutrauen in die selbstständige Bewältigung eines unbekannten Anfahrtswegs betrifft – dieses reicht von hoher Mobilität durch ein eigenes Auto bis hin zur Vermeidung unbekannter Strecken und Wege. Somit wird auch hier die große Heterogenität der Zielgruppe deutlich.

Das zugrunde liegende Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen W1477FO gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor*innen.

© AlphaDekade, BMBF