Typologie: Digitale Nutzungstypen unter gering literalisierten Erwachsenen

Unsere Ergebnisse zeigen, dass gering literalisierte Erwachsene das Internet breit nutzen und dies dabei auf spezifische Art und Weise tun. Doch weder der Umfang der Internetnutzung und die damit verbundenen Nutzungsprobleme noch die spezifische Art und Weise der Nutzung sind bei allen gering literalisierten Erwachsenen identisch ausgeprägt. Hier lohnt es sich also, einmal genauer hinzusehen und die Vielfalt der Zielgruppe unter die Lupe zu nehmen!

Denn es gibt es zwei Faktoren, die innerhalb der Gruppe der gering literalisierten Erwachsenen Einfluss auf das digitale Nutzungsverhalten nehmen können: Das vorhandene Literalitätsniveau, d.h. die im Rahmen der geringen Literalität vorhandenen Lese- und Schreibfähigkeiten, sowie die vorhandene Interneterfahrung, d.h. die Übung und Sicherheit im Umgang mit dem Internet. Unter den gering literalisierten Erwachsenen, mit denen wir Interviews geführt haben, zeigen sich genau darin interessante Unterschiede: Manche der Befragten sind erfahren im Umgang mit dem Internet, andere nicht. Manche der Befragten können zumindest auf Satzebene lesen und schreiben und haben damit im Rahmen ihrer geringen Literalität ein höheres Literalitätsniveau, während andere nur auf der Wortebene oder gar nicht lesen und schreiben können und damit ein geringeres Literalitätsniveau haben.

Ebendiese Unterschiede führen in unserer Stichprobe zu drei unterschiedlichen digitalen Nutzungstypen. Was diese Nutzungstypen ausmacht, wie sie das Internet nutzen und was dies für eine digitale Ansprache bedeutet, möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Eine Übersicht darüber, welche Typen es gibt und welche Interneterfahrung sowie welches Literalitätsniveau sie im Rahmen einer geringen Literalität mitbringen, zeigt die folgende Abbildung:

© Projekt DiAnA

Gering literalisierte Erwachsene, die sich den „Digital Angeschlossenen“ zuordnen lassen, verfügen sowohl über ein höheres Literalitätsniveau im Rahmen ihrer geringen Literalität als auch über eine höhere Interneterfahrung sowie damit einhergehende Übung und Sicherheit im Internet.

Im „Digitalen Mittelfeld“ finden sich gering literalisierte Erwachsene, die über ein geringeres Literalitätsniveau und eine höhere Interneterfahrung verfügen.

Personen, die zu den „Digital Abgehängten“ gezählt werden, haben schließlich sowohl ein geringeres Literalitätsniveau als auch eine geringere Interneterfahrung.

  • © Projekt DiAnA

    Wer sind die „Digital Angeschlossenen“?

    Das zeichnet die „Digital Angeschlossenen“ aus:

    • „Digital Angeschlossene“ nutzen in der Regel vielfältige und insbesondere auch seltenere Apps und Internetseiten, die sie für individuelle Bedürfnisse einsetzen.
    • „Digital Angeschlossene“ zeigen höhere Fähigkeiten in der gezielten Beschaffung von Informationen. Sie wissen in der Regel, wo sie welche Informationen in zuverlässiger Form finden und holen diese gezielt ein.
    • Sie führen digitale Kommunikation auch schriftlich aus.
    • „Digital Angeschlossene“ zeigen seltener Nutzungsprobleme und sind bei Problemen in der Regel in der Lage, diese selbstständig ohne Hilfe durch andere zu bewältigen.

    Was bedeutet das für eine digitale Ansprache?

    „Digital Angeschlossene“ können grundsätzlich gut auf digitalen Wegen angesprochen werden, wofür vielfältige Apps und Internetseiten in Frage kommen. Aufgrund der Fähigkeiten in der gezielten Beschaffung von Informationen kann außerdem davon ausgegangen werden, dass „Digital Angeschlossene“ Informationen zu Alphabetisierungsangeboten auch selbstständig finden.

  • © Projekt DiAnA

    Wer ist das „Digitale Mittelfeld“?

    Das zeichnet das „Digitale Mittelfeld“ aus:

    • Das „Digitale Mittelfeld“ nutzt in der Regel verschiedene, aber eher gängige Apps und Internetseiten.
    • Die Fähigkeiten zur gezielten Beschaffung von Informationen fallen im „Digitalen Mittelfeld“ etwas geringer aus als bei den „Digital Angeschlossenen“ – zwar werden Informationen auch hier gezielt recherchiert, jedoch in der Regel auf gängigen und unspezifischen Wegen.
    • In der Regel greift das „Digitale Mittelfeld“ in der digitalen Kommunikation auf Schriftalternativen wie Sprachnachrichten, aber auch Audio-zu-Text-Nachrichten zurück.
    • Das „Digitale Mittelfeld“ nimmt meist keine Hilfe bei der Internetnutzung in Anspruch. Es weist aber grundlegendere Nutzungsprobleme im Zusammenhang mit geringer Literalität auf, die sich in der Regel auf Probleme beim online Lesen und Schreiben beziehen sowie teilweise auch auf Probleme bei der Anwendung und Bedienung von Apps und Internetseiten.

    Was bedeutet das für eine digitale Ansprache?

    Das „Digitale Mittelfeld“ kann ebenfalls auf digitalem Wege angesprochen werden. Dafür sollte auf gängige Apps und Seiten zurückgegriffen werden. Informationen sollten für diese Gruppe vor allem in nicht-schriftlicher Form bereitgestellt werden, z.B. als Video- oder Audio-Format, da das „Digitale Mittelfeld“ häufig Audio- und Videofunktionen als Textalternative nutzt.

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    Wer sind die „Digital Abgehängten“?

    Das zeichnet die „Digital Abgehängten“ aus:

    • „Digital Abgehängte“ nutzen, wenn sie das Internet überhaupt nutzen, nur wenige gängige Apps und Internetseiten.
    • Die Fähigkeiten zur gezielten Beschaffung von Informationen sind unter den „Digital Abgehängten" kaum vorhanden. Werden doch Informationen eingeholt, geschieht dies durch einzelne vertraute Apps und Internetseiten.
    • Schriftliche digitale Kommunikation meiden „Digital Abgehängte“ in der Regel vollständig.
    • „Digital Abgehängte“ weisen grundlegende Nutzungsprobleme auf, die bereits die Texteingabe oder das Entsperren des Handys betreffen können. Teilweise lassen die Nutzungsprobleme keine anderen Aktivitäten als Telefonieren zu. Diese Gruppe ist daher stark auf Hilfe bei der Internetnutzung angewiesen.

    Was bedeutet das für eine digitale Ansprache?

    „Digital Abgehängte“ sind in der Regel nur schwer direkt auf digitalem Wege erreichbar, da sie das Internet nur sehr eingeschränkt nutzen. Die digitale Ansprache sollte deshalb eher indirekt erfolgen, indem Institutionen aus dem Umfeld der „Digital Abgehängten“ digital über Alphabetisierungsangebote informiert werden und diese Informationen analog weitergeben.

Das zugrunde liegende Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen W1477FO gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor*innen.

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