• Vita

    PD Dr. Matthias Bähr wurde 2011 an der Universität Münster im Fach Neuere Geschichte promoviert. Nach einem Postdoc am Institute for British-Irish Studies, University College Dublin, und am Institute of Historical Research in London war er von 2014 bis 2022 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dresden tätig. Dort leitete er die Projekte „No Country for Old Men“ und „Totes Kapital“. Im Jahr 2019 habilitierte er sich an der Technischen Universität Dresden und übernahm anschließend Lehrstuhlvertretungen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie der TU Dresden.

  • Forschungsprojekt

    Die Regeln der Märkte. Der globale Handel mit Human Remains in der Frühen Neuzeit

    Menschliche Überreste waren in der Frühen Neuzeit ein lukratives Handelsgut. Sie wurden als Reliquien verkauft, als kunstvolle naturhistorische Präparate und kostbare Arzneistoffe vermarktet und gelangten als Hehlerware in die Anatomien und medizinischen Fakultäten der ‚westlichen Welt‘ – und nicht zuletzt entstand ein boomender Markt für Schädel und mumifizierte Köpfe aus den europäischen Überseekolonien. In meinem EViR-Projekt untersuche ich, nach welchen Regeln und Rechtsvorstellungen der globale Handel mit Human Remains in der Frühen Neuzeit ablief und welche Rolle Rechtskonzepte aus dem so genannten Globalen Süden dabei spielten. Denn die Regeln, die diesem Handel zugrunde lagen, wurden nicht einfach aus Europa in die Kolonien exportiert, sondern waren Gegenstand kultureller Aushandlungsprozesse: Sie wurden, so meine These, von Akteuren mit ganz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen an so verschiedenen Orten der Welt wie Neuseeland, Indonesien und Ägypten geprägt und maßgeblich von indigenen Normen und Rechtsvorstellungen beeinflusst – was allerdings Unrechtskontexte und globale Machtasymmetrien keinesfalls relativiert. Der Geschichte dieser transkulturellen Marktregeln nachzugehen, verspricht damit Einblicke in die gelebte Praxis globaler Rechts- und Normenvielfalt in der Frühen Neuzeit. Das Projekt richtet den Fokus auf das Zusammenwirken europäischer und nicht-europäischer Rechtsvorstellungen und fragt am Beispiel des Handels mit menschlichen Überresten nach der Genese und Aushandlung von Normen im frühneuzeitlichen Spannungsfeld von Religion, Expansion, Wissensgenese und wirtschaftlichem Handeln.

  • Einschlägige Veröffentlichungen

    Bähr, Matthias Religious Coexistence and Cultural Ambiguity in Early Modern History. Remarks and Ideas on Ambiguity as a Concept, in: Ulrike Ludwig (Hrsg.), Conceptual Forum Concurrence of Norms and Cultural Ambiguity (EViR Working Papers, 9), Münster 2024, 52–59.

    Bähr, Matthias, Konfessionelle Mehrdimensionalität in der Frühen Neuzeit. Irland um 1600 (= Veröffentlichungen des DHI London 88), Berlin 2023. (= Habilitation)

    Bähr, Matthias/Schober, Sarah-Maria (Hrsg.), Totes Kapital, Historische Anthropologie 30/3 (2022).

    Bähr, Matthias/Kühnel, Florian (Hrsg.), Verschränkte Ungleichheit. Praktiken der Intersektionalität in der Frühen Neuzeit (= Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 56), Berlin 2018.

    Bähr, Matthias, The Power of the Spoken Word. Depositions at the Imperial Chamber Court, in: Cohen, Thomas/Twomey, Lesley (Hrsg.), Spoken Word and Social Practice. Orality in Europe 1400–1700, Leiden 2016, 109–132.

    Bähr, Matthias, Die Sprache der Zeugen. Argumentationsstrategien bäuerlicher Gemeinden vor dem Reichskammergericht (1693–1806) (= Konflikte und Kultur 26), Konstanz/München 2012. (= Dissertation)