Besser als in der Realität

Fotos

Um einen realistischen Eindruck zu erhalten, ist eine 3-D-Brille notwendig.
Um einen realistischen Eindruck zu erhalten, ist eine 3-D-Brille notwendig.
© Archäologisches Museum Münster/Yannick Oberhaus
  • © Archäologisches Museum Münster/Yannick Oberhaus
  • Prof. Engelbert Winter (links) von der Forschungsstelle Asia Minor und Prof. Achim Lichtenberger, Direktor des Archäologischen Museums
    © Archäologisches Museum Münster/Yannick Oberhaus
  • Dr. Paul-Josef Patt, Vorsitzender der Universitätsgesellschaft, die die VR-Station finanziert hat
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  • Die VR-Station ist im Untergeschoss des Museums zu finden. Die Benutzung ist kostenlos.
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  • Nähere Informationen zum Doliche-Projekt gibt es an der Medienstation.
    © Archäologisches Museum Münster/Yannick Oberhaus
  • Ein Panoramaüberblick aus der VR-Station
    © Archäologisches Museum Münster
  • Ein Panoramaüberblick aus der VR-Station
    © Archäologisches Museum Münster/Yannick Oberhaus
  • Ein Panoramaüberblick aus der VR-Station
    © Archäologisches Museum Münster

Das Archäologische Museum ist um eine spannende Attraktion reicher: Gestern (21. November) wurde im Untergeschoss am Domplatz eine neue VR-Station eröffnet, die einen Einblick in die reiche Geschichte der Stadt Doliche erlaubt. Diese wird seit 2015 von der Forschungsstelle Asia Minor systematisch erforscht. In den vergangenen Jahren wurde in der in der heutigen Türkei rund 40 Kilometer vom Euphrat gelegenen Stadt eine frühchristlichen Kirche, die im späten vierten Jahrhundert nach Christus errichtet wurde, entdeckt. Durch sie lässt die Entwicklung christlicher Sakralarchitektur in der Spätantike nachvollziehen. Beeindruckende Mosaikböden, zahlreiche Umbauten und Reste der Ausstattung machen sie zu einem wertvollen Zeugnis des kulturellen Erbes Nordsyriens​. Dass die Erforschung der dreischiffigen Basilika nun im Archäologischen Museum quasi "live" zu erleben ist, ist für Grabungsleiter Prof. Michael Blömer ein besonderer Glücksfall: "Da die Ausgrabung inzwischen wieder abgedeckt ist, kann man in Münster nun mehr sehen als vor Ort."

Auch Museumsleiter Prof. Achim Lichtenberger freut sich über die neue Attraktion in seinem Haus. "Bisher haben wir zwei VR-Stationen. An der einen lässt sich der Gang durch ein fiktives italisches Grab nacherleben, die andere bietet einen Rundgang durch die athenische Agora. Mit der neuen Station können wir einen Befund im Kontext und zusätzlich die wissenschaftlichen Methoden zeigen." Die Aufnahmen für die Doliche-Station wurden zwar mit Computerunterstützung für den Einsatz in einer virtuellen Welt aufbereitet, sie entstanden aber im Frühjahr in der realen Welt mithilfe eines 3-D-Scans des knapp tausend Quadratmeters großen Geländes. Dadurch ist der Eindruck täuschend echt, sobald man sich die entsprechende 3-D-Brille aufsetzt - anders als in Simulationen, die nur im Rechner entstanden sind und denen man die Künstlichkeit trotz allem Fortschritt noch immer ansieht.

Anders als auf Fotos oder Zeichnungen können Nutzer*innen selbst entscheiden, welche Details der erhaltenen prächtigen Bodenmosaike sie sich anschauen wollen oder aus welchem Blickwinkel sie die Mauern betrachten. Infotafeln ergänzen den unmittelbaren visuellen Eindruck. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Web und Design der Universität entwickelt, die Informationsverarbeitungs-Versorgungseinheit (IVV) 1 kümmerte sich um Konfiguration und Aufstellung der Station. Rund 10.000 Euro hat die Forschungsstelle Asia Minor von der Universitätsgesellschaft für das "Leuchtturmprojekt" VR-Station erhalten. Herausragend ist die Arbeit in Doliche in der Tat, denn keine andere städtische Siedlung dieses geographischen Raumes ist nicht überbaut, zerstört oder durch den syrischen Bürgerkrieg unzugänglich, erläutert Prof. Engelbert Winter, der seit dem Ende der 1990er Jahre bei den Grabungen dabei ist.

Pünktlich zur Einweihung der VR-Station hat die "Doliche Urban Excavations" eine umfangreiche Webseite freigeschaltet, auf der alle relevanten Informationen über Doliche und den nahe gelegenen Dülük Baba Tepesi zusammengetragen sind. Auf dem Hügel lassen sich Spuren religiöser Kulte von der frühen Eisenzeit bis ins frühe islamische Zeitalter nachweisen - die Basilika von Doliche, im siebten Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört, ist also Teil einer Jahrtausende alten Tradition.

Der Eintritt ins Untergeschoss des Museums und die Nutzung der VR-Station ist kostenlos.