Abgeschlossen
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Der Ehrenfriedhof „Haus Spital“.

© Sabine Kittel

Im Ersten Weltkrieg existierten in Münster drei Kriegsgefangenenlager für annähernd 87.400 Kriegsgefangene: im Süden der Stadt lag das so genannte Rennbahnlager, am nördlichen Rand befanden sich Lager für Kriegsgefangene in der „Neuen Infanteriekaserne“ und in „Haus Spital“. Das Kriegsgefangenenlager „Haus Spital“ wurde im September 1914 eilig auf einem ehemaligen Exerzierplatz errichtet. Neben dieser provisorischen Erdhütten- und Zeltstadt entstand bald ein immenses Barackenlager. Propaganda Fotografien zeichnen ein idyllisches Bild: neu errichtete Holzbaracken und Versorgungsgebäude, angelegte Wege, Grünbepflanzung, Bänke, eine Malerwerkstatt, die Postverteilungszentrale, aufgeräumte Schlafstuben und ein Lazarett. In Realität waren die Gefangenen widrigen, unhygienischen und beengten Bedingungen ausgesetzt. Insgesamt wurden im Zeitraum von 1914-1918 etwa 20.000 Kriegsgefangene in „Haus Spital“ registriert. Der direkt anliegende „Ehrenfriedhof Haus Spital“ war Bestattungsort für verstorbene Kriegsgefangene aller drei Münsteraner Lager. Dieser Friedhof ist heute der einzige Überrest des Kriegsgefangenenlagers, die Grabsteine und das Denkmal belegen seine Existenz. Die englischen, französischen und belgischen Kriegstoten wurden bald in Friedhöfe ihrer Nation überführt. Auf der Kriegsgräberstätte „Haus Spital“ liegen heute noch 816 Kriegsgefangene des Ersten Weltkrieges bestattet. In mehreren Massengräbern begraben sind auch etwa 200 sowjetische Zwangsarbeiter, die im Zweiten Weltkrieg gewaltsam ums Leben kamen.


Die Expedition Münsterland beschäftigte sich erstmals mit „Haus Spital“ im Rahmen eines Bürgerwissenschaftlichen Projekts im Jahr 2012. Auf Einladung der Expedition kamen Vertreter des Friedhofsamtes, vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., eine Schulklasse und ihr Lehrer sowie eine Historikerin zusammen und trugen die jeweiligen Wissensbestände in Bezug auf „Haus Spital“ zusammen. Mit der breit nachgefragten Veranstaltung „Lagerleben – Lagersterben. Das Kriegsgefangenenlager Haus Spital in Münster“ präsentierte die Expertengruppe Themen, wie Materialbeschaffenheit und Entstehungsgeschichte des Denkmals und der Steinkreuze auf den Kriegsgräbern des Ehrenfriedhofs. Weitere Schwerpunkte waren die geografische Lage und die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers „Haus Spital“ und seiner verschiedenen Gefangenengruppen.


Eine zweite Veranstaltung im Kontext der Bürgerwissenschaft fand in Kooperation mit der Fachhochschule für Design und der WWU im Sommersemester 2014 statt. Studierende erarbeiteten in Zusammenarbeit mit der bestehenden Expertengruppe Informationen über das ehemalige Kriegsgefangenenlager und den „Ehrenfriedhof Haus Spital“ mit neuen Perspektiven und Methoden. Die Studierenden griffen auf das bereits bestehende Wissen zurück und entwickelten einen eigenen Zugang. Unter dem Motto „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ fokussierten sie besonders die Unsichtbarkeit des Erinnerungsortes. Daran anschließend entwickelten sie eine schlüssige und gut besuchte Tagesveranstaltung mit Ausstellung, Inszenierungen und Führungen sowie mit dem Stadtplan „Perspektiven Haus Spital 2014 – 1914“ ein Erinnerungsortkonzept, das die Vergänglichkeit des Wissens um historische Geschehen visualisierte.

Kontakt: sabine.kittel@gelsenkirchen.de