(A2-13) Geschichte der Rechtsdurchsetzung

Ziel des Vorhabens ist es, bisherige Arbeiten des Projektleiters zur Geschichte von Gerichtsverfassung und Prozessrecht zusammenzuführen und eine epochenübergreifende Darstellung zur Geschichte der Rechtsdurchsetzung zu versuchen. Das Projekt C8 „Verfahren zur Durchsetzung weltlichen und kirchlichen Rechts in geistlichen Territorien“ über Instanzenzüge in der Frühen Neuzeit aus der ersten Förderphase des Exzellenzclusters wird hierbei einen wichtigen Baustein bilden, von dem aus historisch sowohl rückwärts als auch vorwärts geblickt werden kann.

Die Rechtsdurchsetzung ist historisch besonders eng mit Politik verbunden, weil die Gerichtsgewalt (iurisdictio) bis weit in die Frühe Neuzeit hinein als das wichtigste Herrschaftsrecht überhaupt angesehen wurde. Der Herrscher war in erster Linie oberster Richter und erst danach Gesetzgeber. Als Garant für Frieden und Recht versuchte er, eigenmächtige Selbsthilfe zu bekämpfen. Zugleich stammen die wesentlichen, auch heute noch maßgeblichen gelehrten Prozessmaximen aus der mittelalterlichen Kanonistik. Das Nebeneinander kirchlichen und weltlichen Rechts sowie geistlicher und weltlicher Gerichte bestimmte für lange Jahrhunderte die Rechtspraxis. Dabei war die kirchliche Gerichtsbarkeit zugleich Vorbild für die entscheidenden Reformen der weltlichen Gerichtsbarkeit. Überspitzt gesagt, bündelten sich diese Traditionslinien im Alten Reich im Ewigen Landfrieden von 1495, der zugleich die strenge Trennung weltlicher und geistlicher Justiz einforderte.

Wesentliche Leitfrage wird das jeweilige Verhältnis von privater Gewalt, konsensualer Rechtsfindung und hoheitlicher Rechtsdurchsetzung sein. Von hier aus ergeben sich zahlreiche Bezüge zur Rolle kirchlicher und weltlicher Institutionen in der Geschichte der Gerichtsverfassung. Mit der Loslösung von der Vorstellung, das irdische Gericht diene dazu, den Willen Gottes als oberster Richter zu vollstrecken, und der immer stärkeren Verlagerung sachlicher Zuständigkeiten von geistlichen zu weltlichen Gerichten läßt sich auch die Säkularisierung in der Prozessrechtsgeschichte gut nachvollziehen. Freilich ist die Durchsetzung von Normen in rechtshistorischer Sicht nicht gleichbedeutend mit einem Gerichtsurteil. Gewaltsame, eigenmächtige Selbsthilfe prägte lange Jahrhunderte bis ins späte Mittelalter. Zugleich gab es immer gütliche Einigungen.


Das Projekt ist Teil der Arbeitsplattform E Differenzierung und Entdifferenzierung und der Koordinierten Projektgruppe Implementation und Durchsetzung von Normen.