Wl 1106 Schreinerei

Schrauben, Hämmern, Sägen. In der hauseigenen Schreinerei der Universität Münster fertigen die Handwerker Unikate, die es in keinem Geschäft zu kaufen gibt.    

Foto: Peter Grewer

Die neue Bibliothek im Stein-Haus, Pulte und Medientechnikschränke in Eiche für den neuen Hörsaal S10 im Schloss oder eine Einbauküche für die Batterieforscher – die Uni Münster setzt auf Marke Eigenbau. In der hauseigenen Schreinerei auf dem Leonardo-Campus fliegen die Späne und spritzen die Farben. Möbel von der Stange sucht man hier vergebens. Die Tischler fertigen alles auf Maß an. 2200 Aufträge pro Jahr. Nach den individuellen Wünschen von Wissenschaftlern werden Schränke für Mikroskope und Steinproben gebaut oder Massivholz-Schreibtische mit ganz speziell berechneten Größen und Formen für Schubladen und Ablageflächen. "Wir bauen das, was man nicht kaufen kann", sagt Werkstattleiter Michael Hegwer. "Wir machen keine Serienmodelle. Die kann man günstiger von der Stange kaufen." Und da würde sicherlich auch die Herausforderung fehlen, regelmäßig etwas Neues zu machen.

"Es ist schön zu sehen, was man mit Holz alles machen kann."

Denn genau das macht dem Schreinerei-Quartett aus Michael Hegwer, Martin Kreuznacht und Manfred Lendeckel sowie dem 17-jährigen Azubi Sascha Wyczisk am meisten Spaß. Etwas zu bauen, was es vorher noch nicht gab, echte Unikate. Ihre Lieblingsobjekte sind die Eingangstheke im Juridicum und die Glasvitrinen im Bibelmuseum. Stolz zeigen sie auch die neuen von ihnen entwickelten Wickeltische, die klappbar sind. Die Tischler sägen, bohren, fräsen, schleifen, hobeln und schneiden mit Feuereifer alles aus Holz: von Echt-, Massivholz, Buche, slowenischer Eiche, Fichte, Limba bis  zur furnierten Birke. Das Tischlerquartett kümmert sich auch um den Bereich "Schreinern im Bestand". So reparieren sie Fenster und Türen oder restaurieren alte Karteikästen, etwa für das Uni-Archiv, dass nur einen Steinwurf weit entfernt ist. Auch für den Messebau sind sie tätig, schreinern spezielle Präsentationsregale und Pulte für verschiedene Institute und Projekte.

Jedes Stück wird vorher einzeln gezeichnet. Mit dem Entwurf geht es in den Lager- und Plattenraum. Dort wählen die Handwerker zunächst das gewünschte Holz aus sowie alle notwendigen Beschläge, Schlüssel, Schrauben, kurzum das Montagematerial. Im Maschinenraum, dem Herzstück der Schreinerei, sorgen Formatsäge, Kantenschleifmaschine, elektrische Hobel, Tischfräse, Kettenstemmer, Langbankschleifmaschine oder Plattensäge dafür, dass sich alle theoretischen Möbelentwürfe in die Praxis umsetzen lassen. Und was nicht passt, wird passend gemacht. Im benachbarten Bankraum bauen die Tischler die Stücke zusammen. Anreißen, Beschläge montieren, Hobeln und Putzen, Verleimen und Montieren gehört zur täglichen Handarbeit. Sascha Wyczisk aus Hiltrup, der seine Ausbildung in der Schreinerei der WWU macht, freut sich über seine Berufswahl. "Es ist schön zu sehen, was man so alles mit Holz machen kann, selbst Metallschränke verkleiden." Nebenan im Oberflächenbehandlungsraum, Spitzname "Spritzbude", erhalten die Möbel ihren Glanz, mit Grundierung und Lackierung. Auch die Nachhaltigkeit ist den Tischlern wichtig. So werden alle Späne abgesaugt und zu Holzpellets verarbeitet.

"Die hatten nichts in den Armen."

Die Tischler verstehen ihr Handwerk, auch bei Spezialaufträgen. Sie sind nicht selten Tüftler. So benötigte das Geomuseum für sein berühmtestes Ausstellungsstück, das Skelett eines Mammuts, eine Kiste, die man hin und her bewegen kann. Also bauten sie spezielle Lenkrollen, die den Transport des tonnenschweren Kolosses vereinfachen. Tischler wie Martin Kreuznacht besitzen auch in anderen Arbeitsbereichen gutes Augenmaß. Er misst vor Ort noch mal genau aus, ob die Möbel, wie auf der Entwurfszeichnung ausgemessen, passen und wie später der Transport in Höhe und Breite durch Tür oder Fenster gewährleistet ist.

Ein Sonderauftrag ereilte Martin Kreuznacht, als Spediteure zwei Meter große Schränke nicht in die vierte Etage transportiert bekamen – ohne Aufzug. "Die hatten nichts in den Armen", erinnert sich der muskulöse Tischler. Auch die Türen konnte er nicht aushängen. So kam ihm die Idee, die Schränke hochkant auf einen Umzugsrolli zu hieven. Mit seinem Kollegen Michael Hegwer klappte es ohne größere Probleme.   

Peter Sauer