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Foto: Peter Grewer

Das Lob kommt von höchster Stelle –und das bereits zum zweiten Mal. Das  Bundesfamilienministerium hat die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) vor wenigen Wochen mit dem Zertifikat "audit familiengerechte hochschule" ausgezeichnet: in Anerkennung der Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Beruf oder Studium und Familie. Tatsächlich hat sich seit der ersten Auditierung im Jahre 2008 für Beschäftigte und Studierende mit Kind eine Menge getan. Im "Servicebüro Familie" berät Iris Oji die WWU-Mitarbeiter bei Fragen rund um Elterngeld, Elternzeit, Mutterschutz und Betreuung. Es gibt über 50 Kita-Plätze für Kinder von Beschäftigten und Studierenden. Außerdem werden hochschuleigene Frauenförderprogramme, Weiterbildungen während der beruflichen Auszeit und Hilfen beim Wiedereinstieg angeboten.

"Gerade in den Ferien, wenn die Kitas geschlossen sind, stehen bei mir wichtige Klausuren an."

Gut angenommen werden die flexiblen und familiengerechten Arbeitszeitmodelle. Telearbeit ist möglich. Auch für pflegende Angehörige gibt es Hilfen. Schließlich kommt auch das Angebot des "Dual-Career-Service", der Wissenschaftler-Paare bei der gemeinsamen Karriereorganisation unterstützt, gut an. Kurzum: ein Service-Paket mit vielfältigen Möglichkeiten. Wenngleich das Projekt "familiengerechte hochschule" nach drei Jahren längst nicht mehr in den Kinderschuhen steckt, gibt es noch offene Baustellen. Studentin Frauke Schweter beispielsweise, Mutter zweier Töchter, steht kurz vor ihrem Staatsexamen in Evangelischer Theologie. Für sie und ihren Mann Thilo (Foto oben) ist ein perfektes Zeitmanagement unerlässlich. "Meine beiden Töchter konnte ich nur in zwei verschiedenen Kitas unterbringen, was einen großen logistischen Aufwand erfordert." Ein Problem für Wissenschaftler mit Kindern sind die Sitzungszeiten von Gremien und Kommissionen. Die beginnen an Unis oft nach 16 Uhr. Genau dann, wenn die Kitas schließen.

Der Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften hat für die WWU-Gleichstellungsbeauftragte Dr. Maja Malik "eine vorbildliche Veränderung" vorgenommen: "Die Sitzungen des Fachbereichsrats und seiner Gremien sowie der Institutsvorstände beginnen morgens, wenn die Kinder vergnügt in der Kita spielen und sich die Mitarbeiter voll auf ihre Arbeit konzentrieren können." Auch gibt es an immer mehr Fachbereichen Wickeltische. Das Angebot soll ausgebaut werden. In der Universitäts- und Landesbibliothek gibt es einen Eltern-Kind-Raum mit Spielzeug, Bilderbüchern, Waschbecken und einen PC-Arbeitsplatz.

Beim AStA kümmert sich Monika Stermann um Studierende mit Kind. Sie hat festgestellt, dass die Zahl der Beratungen von schwangeren Studentinnen zugenommen hat. Während der Schwangerschaft und in der Zeit danach können sich Studierende beurlauben lassen. Da solche Semester nicht als Fachsemester gezählt werden, verlängert sich der BAföG-Bewilligungszeitraum entsprechend. So richtig stressig wird es für Studierende mit Kind, wenn die normalen Betreuungsmöglichkeiten nicht greifen: wenn Kinder krank werden oder sich Schul- und Kita-Ferien mit der Vorlesungszeit überschneiden.

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Wohlfühlen in der Kita

Foto: Peter Sauer

Julietta Bauer studiert Biologie und Design auf Bachelor. Die 35-Jährige erzieht ihre beiden Töchter allein. "Ich lebe am Existenzminimum. Die Ansprüche des Bachelor-Studiums sind zeitlich kaum zu vereinbaren – es geht nur mit viel Aufwand und starken Nerven." Die Bachelor- und Masterstrukturen mit festen Stundenplänen erlaubten nicht die zeitliche Flexibilität aus Magister-Tagen. Studierende seien auf das Entgegenkommen ihrer Dozenten angewiesen. Julietta Bauer sorgt sich auch um die wichtigen Praktikums-Nachmittage im Labor: "Da bekomme ich keine Betreuung, die Kita hat dann bereits geschlossen." Frauke Schweter kennt dieses Problem. "Gerade in den Ferien, wenn die Kitas zu sind, stehen bei mir wichtige Klausuren an." Thilo Schweter unterstützt seine Frau, die vor allem nachmittags Blockseminare hat, indem er nur in der Frühschicht arbeitet. "Es war nicht einfach, einen Chef zu finden, der das akzeptiert."

In beiden Fällen könnte die im Servicebüro Familie geplante Vermittlung von "Leih-Omas" und "Leih-Opas" für Abhilfe sorgen. "Anders als studentische Babysitter würden diese auch tagsüber und während der Klausurphasen Lücken in der Betreuung füllen", erläutert Maja Malik. Durch das Familienzertifikat könne man im Seminar, im Labor oder in der Verwaltung besser darauf hinwirken, dass späte Vorlesungen ab 18 Uhr oder spontane Besprechungen ab 16 Uhr die Ausnahme sein sollten. "Das Zertifikat macht es leichter, darum zu bitten, solche Veranstaltungen zu familiengerechten Zeiten anzusetzen oder zumindest längerfristig zu planen."

Für die nächsten drei Jahre hat die WWU sich im Rahmen des Audits verpflichtet, auch das Seminarangebot für Eltern auszubauen, die Beratungsstellen bekannter zu machen und besser miteinander zu vernetzen. Die Arbeitszeiten sollen mehr an den Familien-Alltag angepasst werden. Davon erhofft sich die Hochschule eine gesundheitsfördernde Entlastung und weniger Ausfallzeiten. WWU-Kanzler Dr. Stefan Schwartze, selbst Familienvater, weiß um die Bedeutung familiengerechter Strukturen am Arbeitsplatz: "Für mich ist die Rücksicht auf die Familie ein strategischer Faktor im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Wir arbeiten deshalb konstant daran, die Unterstützungs- und Informationsangebote für die Hochschulangehörigen zu verbessern."

Peter Sauer

Kontakt:
Claudia Cramer: Telefon 83 - 29709; E-Mail: claudia.cramer@uni-muenster.de
Maja Malik: Telefon 83 - 29701; E-Mail: gleichstellungsbeauftragte@uni-muenster.de
Iris Oji: 83 - 29702; E-Mail: service.familie@uni-muenster.de
Monika Stermann: 83 - 21531. E-Mail: asta.kid@uni-muenster.de

Internetportal "familienleben": www.uni-muenster.de/familien