Bischofsweihe

Der letzte rituelle Akt bei der mittelalterlichen Bischofsweihe: Der Metropolit setzt dem Bischof die Mitra auf.

© Foto: SFB 496

Kommunikation ist nicht nur Wort, geschrieben oder gesprochen. Auch Räume, Kleidung, Gesten sind Formen der Kommunikation, mit denen Ansehen oder Rang mitgeteilt werden. Seit 2000 wurden unter Federführung der Historiker „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme“ untersucht. Der Sonderforschungsbereich 496 steht in 40-jähriger Tradition geschichtswissenschaftlicher Sonderforschungsbereiche an der WWU. Ende 2011 läuft er aus; ein neuer wird geplant. Brigitte Nussbaum sprach mit Sprecherin Prof. Barbara Stollberg-Rilinger.
 

Prof. Barbara Stollberg-Rilinger

 

© Peter Grewer

"Symbolische Kommunikation" ist für Historiker nicht unbedingt ein selbstverständlicher Untersuchungsgegenstand.
Inzwischen ist das Thema keine münstersche Besonderheit mehr. Bei der Beantragung Ende der 90er Jahre lag es noch nicht im Mainstream, inzwischen gehört es zu den kulturwissenschaftlichen Leitthemen. Alles kann zum Symbol werden, das ist eine wichtige Form der Kommunikation, um die wir uns früher kaum gekümmert haben. Damals ging es um Inhalte, nun haben wir den Blick auf die Formen gerichtet. Das eine ist nicht vom anderen zu trennen.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Nehmen Sie zum Beispiel eine Ständeversammlung, die in gewisser Weise unseren heutigen Parlamenten entspricht. Wir richten unseren Blick nicht darauf, was verhandelt wurde, sondern wie es verhandelt wurde – also beispielsweise, wo die Beteiligten saßen, wie sie abstimmten und ähnliches. Denn dabei handelte es sich nicht nur um ornamentale Äußerlichkeiten, sondern um Teile der Sache selbst.

Zum SFB selbst: Für die WWU ist der SFB 496 ein besonderer, oder?
Das ist richtig. Der erste für Münster bewilligte Sonderforschungsbereich in den Geschichtswissenschaften hatte die Ordnungsnummer 7, war also einer der ersten, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft  überhaupt genehmigt hat. Ich wüsste nicht, dass es irgendwo eine ähnliche Kontinuität gegeben hätte. Der jetzige SFB 496 hat immerhin vier Förderphasen erlebt, doch nun ist endgültig das Ende gekommen.

Bedauern Sie das?
Natürlich tut es mir ein bisschen leid, weil es eine sehr schöne Kultur der Zusammenarbeit gab. Andererseits hat man das Thema irgendwann auch gründlich erforscht, und es ist an der Zeit, sich nach zwölf Jahren mit etwas anderem zu beschäftigen. 40 Jahre hat die DFG nahtlos Sonderforschungsbereiche genehmigt.

Warum jetzt nicht mehr?
Die neue Antragsinitiative ist noch nicht so weit. Man kann nicht alles haben. Wir konzentrieren uns derzeit auf die Fortsetzung des Exzellenzclusters ‚Religion und Politik‘. Außerdem ist die Zeit im Moment für neue SFB-Anträge nicht gerade günstig. In diesem Jahr hat es so viele Voranträge wie noch nie gegeben – statt 60 über alle Disziplinen bundesweit fast 140.

Woran liegt das?
Viele derjenigen, die in der Exzellenzinitiative nicht zum Zug gekommen sind, versuchen, in anderen Förderprogrammen erfolgreich zu sein. Außerdem müssen sich Neuberufene jetzt sehr viel stärker bei der Drittmitteleinwerbung engagieren als früher. Es ist deutlich schwerer geworden, einen Sonderforschungsbereich bewilligt zu bekommen als vor zwölf Jahren.

Wirkt sich der Exzellenzcluster nachteilig auf neue SFB-Anträge aus? Haben Sie sich ins eigene Fleisch geschnitten?
So kann man das nicht sagen. Der Sonderforschungsbereich ist in gewisser Weise im Cluster aufgegangen, er war die Keimzelle des Ganzen. Beides lässt sich aber nur schwer miteinander vergleichen. Der Cluster ist so unglaublich viel größer als ein Sonderforschungsbereich, da ist ein SFB nur ein kleines Element.

Sie arbeiten in beiden Bereichen. Was ist Ihnen lieber?
Ich finde, ehrlich gesagt, das SFB-Format das angenehmere. Ein Cluster ist sehr, sehr groß und nur schwer manövrierbar.

Viele sehen die Vorteile eines Clusters gerade in seiner Größe, weil Wissenschaftler vieler Disziplinen aufeinandertreffen – Wissenschaftler, die sonst vielleicht überhaupt nicht voneinander Kenntnis genommen hätten.
Das ist richtig. Andererseits funktioniert eine intensive sachliche Zusammenarbeit nur in kleineren Einheiten. Je größer ein Verbund wird, desto mehr verschwindet der Einzelne. Auch im Cluster kommt es ja wieder zur Bildung kleinerer Arbeitsgruppen.

Sie werden aber wieder versuchen, einen geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereich nach Münster zu holen?
Natürlich. Wir denken über das Thema „Informalität“ nach. Dazu gehören beispielsweise Phänomene wie Patronage, Korruption und Netzwerke. Im Moment müssen wir allerdings alle unsere Kräfte dafür mobilisieren, den Nachfolgeantrag für den Exzellenzcluster zu schreiben. Wir geben uns alle Mühe, dass der Cluster verlängert wird.

Einen SFB oder ein Exzellenzcluster zu beantragen und zu leiten, frisst eine Menge Zeit. Warum engagieren Sie sich trotzdem?
Rund fünfzig Prozent meiner Zeit wird von den eigenen Forschungsverbünden und für Gutachten anderer Verbünde beansprucht. Aber ich mache das nicht nur, um weitere Mittel einzuwerben oder um des Renommees willen. In meiner eigenen Promotionszeit habe ich allein gearbeitet, ohne mich mit anderen auszutauschen. Das Spannende an Wissenschaft ist aber, dass man in einem größeren Kreis zusammenarbeitet. Viele Fragestellungen kann man nur beantworten, wenn man viele Disziplinen ins Boot holt. Ich brauche die Anregungen und den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen.

Vom 16. bis zum 18. Juni veranstaltet der SFB 496 seine Abschlusstagung "Alles nur symbolisch?" im Alexander-von-Humboldt-Haus. Anmeldungen unter sfb496.sekretariat@uni-muenster.de.