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Wohin mit dem Strom? Die MEET-Forscher stellen sich auch die Frage, wie Energie effektiver als bisher gespeichert und wieder freigesetzt werden kann   

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Wenn von der „Batterie der Zukunft“ die Rede ist, denken viele Menschen an Elektromobilität und Lithium-Ionen-Technologie. „Tatsächlich sind sich die meisten Experten einig, dass die Lithium-Ionen-Technologie zumindest in der näheren Zukunft die erfolgversprechendsten Lösungen bietet, um den Autoverkehr umweltverträglicher zu gestalten und den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu senken“, sagt Dr. Andrea Balducci vom Team des Batterieforschungszentrums MEET der Universität Münster. Die Verbesserung von Lithium-Ionen-Batterien steht daher weit oben auf der Agenda der münsterschen Forscher. Das einzige Thema ist sie jedoch nicht. „Die Anwendung von Lithium-Ionen-Batterien hat Grenzen. Wir versuchen, diese Grenzen durch Verbesserungen in der Technik zu erreichen. Es gibt aber auch Anwendungen, für die diese Batterien grundsätzlich nicht geeignet sind – hier suchen wir ebenfalls nach Lösungen“, so Andrea Balducci. Der Wissenschaftler leitet eine Nachwuchsforschergruppe, die vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW gefördert wird.

Im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen stellt sich die Frage, wie Energie effektiver als bisher gespeichert und wieder freigesetzt werden kann. Strom, der produziert wird, wenn der Wind kräftig bläst, soll beispielsweise für windstille Stunden vorgehalten werden. Auch muss das Stromnetz einer im Tagesverlauf stark schwankenden Nachfrage gerecht werden. Ein anderes Beispiel für benötigte Energiespeicher sind Anwendungen wie Notstromaggregate und Elektrowerkzeuge. Auch hier ist ein Ende der Fahnenstange, was die Möglichkeiten zur Optimierung der Energiespeicher angeht, noch lange nicht erreicht. Dabei haben die MEET-Forscher nicht nur Batterien im Blick, sondern auch die sogenannten Superkondensatoren.
 

Prof. Andrea Balducci

Dr. Andrea Balducci

"Superkondensatoren sind mehr Leistungs- als Energiespeicher. Sie müssen häufiger geladen werden als Batterien. Sie eignen sich aber im Gegensatz zu Batterien hervorragend, wenn in kurzer Zeit eine große Menge an Energie benötigt wird, beispielsweise bei Bohrmaschinen oder Lastkränen", erklärt Andrea Balducci.

Doktorand Richard Klöpsch ergänzt: "Für die Zukunft ist ein Einsatz zum Beispiel in Linienbussen denkbar. Dort könnten die Kondensatoren bei den Stopps an den Haltestellen geladen und bei der erneuten Anfahrt wieder genutzt werden – der Prototyp eines solchen Busses wurde während der Expo in Shanghai eingesetzt, um die Besucher zu transportieren." Für diese und verwandte Mobilitätsanwendungen böte sich eine Hybridlösung aus Superkondensatoren und Lithium-Ionen-Batterien an, sogenannte Lithium-Ionen-Hybrid-Superkondensatoren. Die MEET-Forscher wollen herausfinden, welche Lösung für welche Anwendung am geeignetsten ist – ob Batterie, Kondensator oder eine Hybridvariante.

Zudem suchen sie nach Ideen für neue Materialien und stellen diese in ihren Laboren her. Diese Materialien sollen eine höhere Energiedichte haben, sicherer und umweltfreundlicher sein. Die Forscher nehmen zum Beispiel ionische Flüssigkeiten ins Visier, da sie interessante Kandidaten für eine neue Art von hitzeresistenten und recycelbaren Elektrolyten in Superkondensatoren und Lithium-Ionen-Batterien sind. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Aktivmaterialien, die den Energiegehalt der Batterien und Superkondensatoren bestimmen. Nach der Herstellung im Labor testen die Wissenschaftler die neuen Materialien auf ihre Tauglichkeit. Dr. Aiswarya Bhaskar, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MEET, erklärt: "Diese Prozedur ist häufig sehr mühsam. Wir müssen jeweils herausfinden, welche Materialkomponenten welchen Effekt verursachen – das ist aus den Messdaten oft nicht leicht herauszulesen. Nach der Entwicklung im Labor dauert es gegebenenfalls nochmal Jahre, bis eine neue Idee zur Serienanwendung kommen kann."

Christina Heimken

MEET steht für "Münster Electrochemical Energy Technology". Ein internationales Team von rund 75 Wissenschaftlern arbeitet unter der Leitung von Prof. Martin Winter, Prof. Stefano Passerini und Dr. Gerhard Hörpel an der Weiterentwicklung von innovativen elektrochemischen Energiespeichern. Dabei bringt MEET wissenschaftliche Grundlagenforschung und industrielle Anwendungen an einem Ort zusammen. Als Kooperationspartner sind über 30 Firmen an Bord, die die gesamte Wertschöpfungskette der Batterieherstellung vertreten – vom Rohmaterialien-Lieferanten bis zum Anwender.