Schwitzen für den Sieg

Die drei Studenten Christian Strippel, Christina Moebus und Stephan Musholt (von links nach rechts) lieferten sich ein spannendes Rennen.
Foto: Peter Grewer
Wie komme ich schnell, bequem und preiswert von A nach B? Diese Frage stellen sich, gerade im Winter, täglich tausende Studierende in Münster. Christian Strippel, Christina Moebus und Stephan Musholt haben für "wissen.leben" den Test gemacht: Mit Fahrrad, Auto und Bus starteten die Studenten mit der Mensa am Aasee als Ziel am Wohnheim in Gievenbeck. Wer wird Erster, wer nass, wer steckt im Stau? ...
Christian:
In Münster bin ich nur mit dem Fahrrad unterwegs. Bietet sich bei einer Fahrradstadt ja auch an. Es ist ökologisch, schnell und gesund.
11.00 Uhr: Also ab auf’s Rad, hier ja liebevoll Leeze genannt. Mein Vorteil: Es steht direkt vorm Wohnheim. So kann ich schnell los. Ausnahmsweise muss ich nicht danach suchen. Schloss auf, Handschuhe an, ist nämlich kalt. Zum Glück regnet es nicht. Der Sattel ist trotzdem nass. Die Risse im Schaumstoff machen aus ihm eine Art Schwamm.
11.06 Uhr: Über den Rüschhausweg komme ich zur Von-Esmarch-Straße. An der Ampel halte ich aber nicht, ein Parkplatz dient mir als Abkürzung. Hoffentlich sieht das kein Polizist. Die kassieren bei so einer Aktion immer gerne. Christina fährt mit ihrem Auto an mir vorbei.
11.11 Uhr: Bis zum Coesfelder Kreuz bin ich gut unterwegs. Etwas Rückenwind und keine Ampel. Nur an der Kreuzung bei der Lukaskirche muss ich halten. Die rote Fahrradampel wird ignoriert, wenn die Fußgänger grün haben. Danach geht es durch die Domagkstraße, an deren Ende ein Herr mit Schnauzbart und Kapitänsmütze vom Ordnungsamt einen Falschparker notiert. Ätsch!
11.16 Uhr: Auf dem Ring habe ich mir die Handschuhe wieder ausgezogen und mit artistischer Verrenkung auf den Gepäckträger geklemmt. Wenn man so dick eingepackt ist, schwitzt man trotz der Kälte. Hinter der Torminbrücke lass’ ich die rote Ampel links liegen und fahre rechts eine Schleife unter der Brückee her. Liege gut in der Zeit, friere aber wieder an den Händen. Eine erneute Verrenkung und ich habe die Handschuhe wieder an.
11.23 Uhr: Nach einsamer Fahrt am Aasee entlang erreiche ich die Mensa und wähne mich als Sieger. Von Christina und Stephan keine Spur.
Christina:
Allen Umweltaktivisten zum Trotz: Mir macht Autofahren Spaß. Und ich genieße den Augenblick, als ich ein letztes Mal Stephan und Christian fröhlich zuwinke und dann mit Harry (meinem motorisierten Freund) losdüse.
11.02 Uhr: Gievenbeck ist mein Nürburgring. Kaum Passanten, kaum Ampeln, kaum Verkehr. Harry und ich schlängeln einsam durch die Straßen. Ein Blick in den Rückspiegel und ich bin mir sicher: Der Sieg ist mein. Draußen ist es kühl, ich drehe die Heizung auf.
11.05 Uhr: Endlich eine rote Ampel! Ich nutze die Zeit, um mir eine Zigarette anzuzünden und eine CD einzulegen.
11.09 Uhr: Die Ampeln beginnen, sich zu häufen. Mich kümmert das nicht. Aus den Boxen tönen lautstark meine Lieblingslieder. Ich singe aus vollem Herzen mit. Die Leute im Auto neben mir starren mich belustigt und leicht verwirrt an. Schnell weiter.
11.12 Uhr: Ich bin in der Innenstadt angelangt. Der zähe Verkehr fängt an zu nerven. Ich tippe ungeduldig mit den Fingern auf’s Lenkrad. Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen. Eine Hup-Tirade reißt mich jäh aus meinem Sekundenschlaf. Ich werde rot. Harry bleibt silberfarben, aber geht vor lauter Schreck auch noch aus. Peinlich.
11:15 Uhr: Schon wieder rot! Die Mensa ist nicht mehr weit, aber Harry und ich kommen nur im Schneckentempo voran. Ein Bus zieht rechts an mir vorbei, Radfahrer überholen mich. Organisierte Anarchie.
11:17 Uhr: Endspurt. Parkplatzsuche. Links und rechts: Nichts. In den Seitenstraßen: Nichts. Ich kehre um, versuche es weiter. Nervöses Fingernägelkauen. Endlich ein Platz, bestimmt fünf Minuten von der Mensa entfernt – Mist. Komme gehetzt am Treffpunkt an. Ich sehe ihn sofort: Christian, der mir fröhlich zuwinkt.
Stephan:
Bei kaltem Wind und Nieselregen auf dem Fahrrad zur Mensa kämpfen? Ohne mich. Ich nehm’ den Bus.
11.05 Uhr: Ich stehe an der Haltestelle Heekweg. Um 11:07 soll die 22 kommen.
11.09 Uhr: Der Bus kommt zu spät – das fängt ja gut an. Immerhin ist er recht leer. Wähle die Rückbank, wo die coolen Leute sitzen.
11.10 Uhr: Schön warm ist es hier. Hole eine Zeitschrift aus der Tasche und versuche zu lesen.
11.12 Uhr: Werde unfreiwillig Zeuge eines Gesprächs zweier Klatschtanten: Die eine fühlt sich von der Mitbewohnerin beim Lernen kontrolliert. Die andere beschwert sich über ihren Freund, der sich überall einlädt. Lesen: unmöglich.
11.15 Uhr: Durch die Frontscheibe sehe ich bereits die UKM-Türme.
11.19 Uhr: Coesfelder Kreuz. Draußen sehe ich Radfahrer, die sich durch den Wind kämpfen. Muss an Christian denken und grinse.
11.21 Uhr: Klatschtanten lästern nun über die Lache eines gemeinsamen Kommilitonen. Überlege, mich wegzusetzen, bin aber zu träge.
11.23 Uhr: Glotze weiter durch den Bus. Vorne rechts setzt sich der obligatorische beste Freund des Busfahrers. Das Schild "Während der Fahrt nicht mit dem Busfahrer sprechen" ignoriert er ausdauernd.
11.26 Uhr: Mein linkes Bein ist eingeschlafen. Auf dem Rad wär’ das nicht passiert. Ich sollte überhaupt mehr Sport machen.
11.29 Uhr: Der Bus hält am Aegidiimarkt. Noch 600 Meter. Will nicht umsteigen und laufe den Rest.
11.35 Uhr: Bin gleich an der Mensa. Hoffentlich kurvt Tina noch um die Blocks, um einen Parkplatz zu finden.
11.40 Uhr: Fehlanzeige: Ich sehe Christian und Tina schon von Weitem.
Ich bin als Letzter im Ziel, dafür aber stressfrei. Nächstes Mal nehm ich Ohropax mit.