Mutige Unternehmer

Vollgas gaben die Wirtschaftswissenschaftler Prof. Klaus Backhaus und Prof. Jörg Becker (links) bei der Verleihung des Transfer-Preises.
Foto: Peter Grewer
Als die Brüder Friedhelm und Martin Wiesmann, zwei Fachmänner für Kinderbekleidung und Pumpenkonstruktionen, 1985 die Motorschau in Essen besuchten, hatten sie nicht mehr als eine offenkundig abwegige Idee: Sie wollten eigene und spezielle Autos bauen, herausragende Sportwagen kreieren. Nur wie? Mit welchen Startkosten mussten sie kalkulieren? Und wie stand es um die Erfolgschancen? Zu jener Zeit hätten sie sich Experten wie Prof. Klaus Backhaus und Prof. Jörg Becker an ihrer Seite gewünscht – vor allem aber deren Softwarelösung, für die die beiden Wissenschaftler den mit 20.000 Euro dotierten Transferpreis der WWU erhalten haben.
Der Betriebswirtschaftler Backhaus und der Wirtschaftsinformatiker Becker haben ein Verfahren mit dem Namen "H2-ServPay" entwickelt, das es Unternehmern ermöglicht, die Erfolgschancen eines neuen Produkts besser bewerten zu können und ihr Dienstleistungsangebot an wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten. Die Jury entschied sich "mühelos und einstimmig" für die beiden Forscher und deren Teams.
Allein mit der Produktion von Maschinen kann sich kaum noch ein Industriegüterhersteller von Wettbewerbern absetzen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist ein kundenorientiertes Dienstleistungsgeschäft. Dabei umfasst das Angebot neben klassischen Dienstleistungen wie der Inbetriebnahme oder Wartung von Maschinen zunehmend auch komplexe Leistungsangebote, die im Extremfall sogar bis zur Übernahme des kompletten Betriebs einer Anlage durch den Anbieter reichen können.
Allerdings scheitern viele Unternehmen daran, ihr Dienstleistungsspektrum an wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten. Insbesondere die Preisfindung gestaltet sich häufig schwierig. Anbieter kennen in der Regel weder die eigenen Kosten noch die Zahlungsbereitschaft der Kunden für integrierte Sach- und Dienstleistungsangebote. So rechnet sich für viele Anbieter das Service-Geschäft nicht. Vielmehr werden die falschen Dienstleistungen angeboten beziehungsweise Leistungen, die vom Kunden angeboten werden, zu falschen Preisen. Das auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt "H2-ServPay" hilft dienstleistenden Industriegüterherstellern, ihre Vermarktungskonzepte auf Rentabilität hin zu überprüfen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Christina Heimken