An die Hand genommen

Spitzenforschung braucht Geld. Deshalb wurde jetzt ein eigenes Forschungsdezernat gegründet.
Foto: Judith Kraft
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FORSCHUNGSDEZERNAT Abteilung 6.1: |
Formulare, Verträge, Kooperationsvereinbarungen, Patentanmeldungen – wer seine Forschung durch Drittmittel finanziert, muss sich in einem Wust von unterschiedlichen Anforderungen zurecht finden. Um die Wege zu verkürzen und die Zuständigkeiten transparenter zu machen, wurde jetzt ein Dezernat in der Verwaltung gegründet, das sich ausschließlich mit Forschung beschäftigen wird. Die WWU ist damit eine der ersten Hochschulen im Land, die die Forschungsverwaltung aus dem Haushaltsdezernat heraus löst. Neue Dezernentin ist Dr. Katharina Steinberg, die zuvor als Abteilungsleiterin für den Bereich Forschungsförderung, Drittmittelbewirtschaftung, Patente und Antragsberatung gearbeitet hat.
"Dass ein Forschungsdezernat eingerichtet worden ist, bedeutet natürlich nicht, dass die Forscher bislang nicht unterstützt worden wären", sagt Katharina Steinberg. "Aber wir haben jetzt Dinge zusammengefasst, die zusammengehören und Aufgaben erweitert." Der Aufbau des Dezernates folgt dem "All-Gewerke"-Prinzip: "Ein Wissenschaftler, der zu uns kommt, soll möglichst alle Informationen aus einer Hand bekommen und nicht von Mitarbeiter zu Mitarbeiter, schlimmstenfalls noch von Dezernat zu Dezernat geschickt werden." Das bedeute nicht, dass die Berater über alle Informationen verfügen müssten. Aber sie müssten so geschult sein, dass sie wissen, was von Bedeutung ist und wo sie die entsprechenden Informationen einholen können.
Sechs Abteilungen mit knapp 40 Mitarbeitern umfasst das neue Dezernat und die Reihenfolge folgt dem natürlichen Ablauf eines Drittmittelprojektes. Am Anfang steht als Abteilung die Antragsberatung. Die bisherige Beratungsstelle "Safir" soll deutlich ausgeweitet und mittelfristig um drei weitere Berater ausgebaut werden. Die sollen sich um die Beratung zu Anträgen aus den vier Kernsektoren der Universität kümmern: Lebenswissenschaften, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften/Mathematik und Gesellschaftswissenschaften. "Der Beratungsbedarf ist dabei ganz unterschiedlich: Drittmittelstarke Wissenschaftler wissen in der Regel aus Erfahrung, wie sie vorgehen müssen und nehmen die Beratung zur Absicherung in Anpruch. In den drittmittelschwachen Bereichen ist das Know-how nicht so ausgeprägt, und wir müssen niederschwelliger anfangen", erklärt Katharina Steinberg. Natürlich sei klar, dass immer nur zu Form und Finanzen beraten werden könne, die Inhalte würden immer von den Wissenschaftlern festgelegt.
"Es könnte sein, dass das Drittmittelgeschäft durch die Vollkostenrechnung einbricht."
Von der Beratung geht es weiter zu den Rechtsfragen der Forschungsförderung. Das betrifft die Ausgestaltung von Verträgen, aber auch die Anmeldung von Patenten oder Urheberrechtsstreitigkeiten. Ist ein Projekt bewilligt, müssen die eingegangenen Drittmittel verwaltet werden, was in der nächsten Abteilung passiert. Auch hier sollen die Mitarbeiter in der Lage sein, alle Arten von Drittmittelprojekten zu bearbeiten: "Noch haben wir eine Spezialisierung der Mitarbeiter auf EU-geförderte Projekte und Projekte, für die Steuern gezahlt werden müssen, auf der einen Seite und Projekte von öffentlichen Mittelgebern auf der anderen Seite. Diese Trennung werden wir aufheben", verspricht Katharina Steinberg.
Die Forschungsdatenbank, die im September an den Start gehen soll, wird unter anderem aus den Zahlen zur Drittmittelbewirtschaftung gespeist. Die Implementierung läuft gegenwärtig als Projekt unter der Leitung von Prorektor Prof. Jörg Becker und soll zum Ende des Jahres ebenfalls als Abteilung in das Dezernat 6 überführt werden. Sie soll schwerpunktmäßig die fünf "P" betreffen: Personen, Projekte, Publikationen, Preise und Patente: "Wir wollen die Forschungsleistung abbilden, so weit das eben mit Zahlen geht. Die Quantität kann gemessen werden, aber die Qualität nur sehr eingeschränkt", sagt Katharina Steinberg. Nach Abschluss eines Projekts steht der Transfer in die Gesellschaft an. Deshalb bildet die Arbeitsstelle Forschungstransfer die fünfte Abteilung des Dezernates. Die sechste schließlich besteht aus der Geschäftsstelle des Forschungsbeirates und der Exzellenzinitiative, die in Personalunion betrieben werden.
Auch wenn viele Strukturen und die meisten Personen bereits vorhanden sind, für die Mitarbeiter bedeutet die Umstellung erheblich mehr Aufwand. "Das ganze passiert in einer Zeit, in der die Belastungen sowieso schon sehr hoch sind", sagt Katharina Steinberg. Das liege zum einen an der Umstellung auf das Buchhaltungssystem "MACH", zum anderen an der Einführung der kaufmännischen Buchführung und schließlich auch an der Vorbereitung der Vollkostenrechnung, die für Beginn des kommenden Jahres angekündigt ist. Was trocken klingt, kann weit reichenden Einfluss auf die drittmittelfinanzierte Forschung haben: "Noch sind wir deutlich billiger als kommerzielle Konkurrenten. Aber wenn wir berechnen müssen, was beispielsweise an Laborfläche genutzt wird, müssen wir unsere Leistungen entsprechend verteuern. Es könnte sein, dass das Drittmittelgeschäft dann einbricht", warnt die Juristin.
Sie hofft darauf, dass das neue Dezernat trotzdem zu einer weiteren Steigerung der Drittmittel, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind, beitragen kann. Die Vorteile ihres Dezernats liegen klar auf der Hand: größerer Austausch, kürzere Wege, weniger Mühe bei der Antragsstellung.
Brigitte Nussbaum