"Ein kleiner Teil des großen Kreislaufs"

Den schönsten Arbeitsplatz der Welt hat Herbert Voigt nach eigener Aussage.
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Der Winter ist endlich vorbei. Die Vögel zwitschern, die Pflanzen beginnen zu blühen und zu sprießen und auch die Menschen verbringen wieder mehr Zeit an der frischen Luft. Was Naturfreunde in diesem Frühling im Botanischen Garten erwartet, berichtet Herbert Voigt, Leiter des Botanischen Gartens, im Gespräch mit Hanna Dieckmann.
Sind Sie froh, dass der lange und kalte Winter endlich vorbei ist?
Mit Sicherheit. Man merkt, dass die Menschen, die jetzt wieder den Garten bevölkern, regelrecht ausgehungert sind und sich auf die Sonne und Natur freuen. Im Prinzip war dieser Winter aber ziemlich normal. Vor zehn bis fünfzehn Jahren war das immer so, nur haben wir uns heutzutage an andere Verhältnisse gewöhnt.
Haben die Pflanzen Schaden genommen?
Es ist nur sehr wenig kaputt gegangen. Das mag auf den ersten Blick erstaunlich sein. Der Vorteil dieses Winters war aber, dass meist, wenn es richtig kalt war, auch Schnee lag. Unter der Schneeschicht herrscht dann eine gleichbleibende Temperatur um null Grad, und das ist kein Problem. Da können es an der Oberfläche bis zu minus 30 Grad sein.Also können Sie sich beruhigt zurücklehnen?
Ganz im Gegenteil. Wir befinden uns gerade auf einer Art Gratwanderung. Die frostempfindlichen Pflanzen stehen noch in der Orangerie, dort ist es brechend voll, und wegen der Sonne wird es langsam zu warm. Die Pflanzen explodieren jetzt förmlich. Nach draußen können wir sie aber noch nicht bringen, dazu ist es nachts zu kalt. Da sind Fingerspitzengefühl und engagierte Mitarbeiter, die genauso wie ich die Veränderungen genau im Blick haben, nötig.
Wie passen Sie den richtigen Zeitpunkt ab?
Da wir Pflanzenkübel, die bis zu drei Tonnen wiegen, nicht wieder zurück in die Orangerie bringen können, wenn wir sie einmal heraus geholt haben, haben wir nur einen Versuch. Da hilft uns die Natur weiter: Sind zum Beispiel die Stare und die Schwalben schon da oder wie weit sind die Knospen der Pflanzen angeschwollen? Wenn das der Fall ist, machen wir einfach mit und werden ein Teil des großen Kreislaufs Natur. Dann bringen wir die Pflanzen raus und hoffen, dass es nicht noch mal friert.
Was erwartet die Besucher in den nächsten Wochen und Monaten?
Die Menschen kommen, um die Seele baumeln zu lassen, sich an der Farbenpracht der Blumen zu freuen und gleichzeitig noch etwas über die Natur zu lernen. Viele Pflanzen wie Blausterne, Osterglocken und Magnolien blühen. Außerdem öffnet freitags, samstags und sonntags unser Café in der Orangerie wieder, sobald dort die Pflanzen raus sind. Ein besonderes Highlight ist unser Angebot "Unkräuter für Gourmets" am 28. und 29. Mai.
Ein Dinner mit Unkraut?
Ja, die Idee ist mir beim Kochen gekommen. Früher hat man doch auch Unkraut wie zum Beispiel Rucola gegessen. Ich habe viel ausprobiert und gemerkt, dass man tolle Gerichte kochen kann.
Was wird auf der Karte stehen?
Das wird jetzt noch nicht verraten, aber in den vergangenen Jahren hatten wir beispielsweise Taubnesselrahmsuppe, Gierchpesto, Bachbungensalat oder ein Dessert mit Rosenblüten. Und vielleicht haben wir ja wieder Glück, und die Glühwürmchen bilden zum leckeren Essen einen optischen Glanzpunkt.