"Inspirierende neue Impulse"

Foto: Julia Holtkötter
Prof. Gerd Althoff ist seit 2007 Sprecher des Excellenzclusters "Religion und Politik". Der Direktor des Instituts für Frühmittelalterforschung hat bereis eine lange Erfahrung im Wissenschaftsmanagment. Unter anderem war er Initiator und Sprecher des Sonderforschungsbereichs "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme". An der Arbeit im Excellenzcluster fasziniert ihn vor allem eines: der Austausch mit den wissenschaftlichen Kollegen aus rund 20 Disziplinen. Brigitte Nussbaum sprach mit dem Historiker.
Wie schwierig wird es sein, die Verlängerung des Excellenzclusters zu erreichen?
Ich weiss um die Schwere der Aufgabe, bin aber nicht ohne Zuversicht. Zentrale Anforderungen dürften sein: Wir müssen in den ersten fünf Jahren neue Strukturen geschaffen, neue Formen der Zusammenarbeit gefunden haben, die erfolgsversprechend und ausbaufähig sind. Nicht alles muss schon vollendet sein, aber zumindest in Umrissen sichtbar. Wir können schon nachweisen, dass wir Strukturen geschaffen und verändert und intensive Dialoge zwischen den Fächern eröffnet haben. Außerdem haben wir neue Formen und Formate der Vermittlung von Wissenschaft erprobt.
Und die wären?
Zunächst einmal intern: Wir haben eine intensive, interdisziplinäre Gesprächskultur etabliert. Die Vertreter unterschiedlichster Fächer haben regelmäßig in unterschiedlicher Zusammensetzung anstehende Fragen des Verhältnisses von Religion und Politik diskutiert. Ich war immer wieder überrascht, wie aspektreich solche Diskussionen auch zwischen weit auseinander liegenden Fächern sein können. Die eingebrachten Perspektiven erbrachten für die Arbeit jedes Einzelnen vielfältige Anregungen. Überdies haben wir unsere Themen auch in neuer Weise an die Öffentlichkeit vermittelt. Durch Ringvorlesungen, Abendvorträge, durch Präsenz in Print- und Bildmedien, durch Ausstellungen, die wir in Zusammenarbeit mit Museen konzipieren und durchführen.
Gab es auch Konflikte wegen des Geldes?
Sagen wir besser Diskussionen. Früher haben externe Gutachter genau festgelegt, wie bewilligte Gelder ausgegeben werden sollten. Im Cluster haben wir einen festen Gesamtbetrag, der intern verteilt werden muss. Die Gruppe, die im Cluster zusammenarbeitet, wurde so in gewisser Weise zum Gutachter über die eigenen Arbeiten gemacht. Das ist aufwändig und auch konfliktträchtig. Bisher sind gravierende Konflikte Gott sei Dank ausgeblieben, aber Enttäuschungen hat es sicher schon gegeben.
Man spricht immer vom Cluster, aber ihm ist ja auch noch eine Graduiertenschule angeschlossen.
Ja, und die ist uns sehr wichtig. Wir bieten rund 50 Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit, im Cluster an einschlägigen Dissertationsthemen zu arbeiten. Hier werden sie einmal von erfahrenen Wissenschaftlern unterstützt und betreut, sie erhalten überdies Anregungen für die Verbesserung der so genannten soft skills, also der Fähigkeiten, die Wissenschaftler in verschiedenen Berufsfeldern gebrauchen können, und sie nehmen schließlich teil an den Veranstaltungen des Cluster und profitieren so wie wir alle von den Diskussionen, in die sie auch ihre Fragen, Perspektiven und Ergebnisse einbringen.
Rund 150 Nachwuchswissenschaftler konnten durch das zusätzliche Geld neu eingestellt werden. Wie wird es mit ihnen weiter gehen, wenn es keine Excellenzinitiative mehr gibt?
Das ist in der Tat ein Problem. Wir produzieren hochqualifizierten Nachwuchs, für den es in den alten universitären Strukturen zurzeit nicht genügend Stellen gibt. Einerseits bin ich zwar zuversichtlich, dass gut qualifizierte Wissenschaftler auch am Markt außerhalb der Universitäten nicht chancenlos sind, andererseits aber müssen die Organisationen, die Forschungsförderung betreiben, und sicher auch die Politik dafür Sorge tragen, dass nach dem Auslaufen der Initiative den jungen Wissenschaftlern weiterhin Chancen in der Forschung – und das heißt Stellen - geboten werden. Das wird auch in Zukunft hohe Investitionen in die Wissenschaft nötig machen – was ja neuerdings immer mehr als gute Geldanlage angesehen wird.
Lohnt sich die viele Arbeit, die sie in die Anträge und den Cluster stecken?
Mein derzeitiges Fazit ist in jedem Fall sehr positiv. Die Begegnungen und der Austausch im Cluster haben meinem wissenschaftlichen Denken und Arbeiten inspirierende neue Impulse gegeben, obgleich ich auch schon zuvor die Zusammenarbeit gepflegt hatte – aber nicht in diesen Dimensionen. Ich glaube schon, dass es uns gelungen ist, die im weitesten Sinne geisteswissenschaftlichen Fächer in Münster in neuer Weise ins Gespräch zu bringen. Und das ist für viele eine neue und anregende Erfahrung, die wir unbedingt fortführen wollen.