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Flagge zeigen

WWU konzentriert Brasilien-Aktivitäten
Wl 1002 Brasilienzentrum

UFSC-Prorektorin Dr. Debora Peres Menezes und WWU-Prorektor Prof. Dr. Stephan Ludwig. Rechts im Bild der Leiter der Abteilung für Internationale Beziehungen der UFSC, Prof. Dr. Louis Westphal, der an der WWU promoviert wurde.

Foto: WWU

"Es war sehr erfrischend, das alles zu erleben." Forschungs-Prorektor Prof. Stephan Ludwig strahlt über das ganze Gesicht, als er von der Reise nach Brasilien erzählt, von der er gerade mit Rektorin Prof. Ursula Nelles zurückgekommen ist. Das Land hat es ihm angetan, nicht als Urlaubsziel, sondern als Standort von Forschung und Lehre. Die vielfältigen Kooperationen, die die WWU teilweise seit mehr als 20 Jahren mit verschiedenen brasilianischen Hochschulen unterhält, sind nun zum Auftakt des Deutsch-Brasilianischen Wissenschaftsjahr in die Gründung eines Brasilienzentrums an der WWU gemündet. "Wir wollen als die brasilienaktivste Unversität Deutschlands Flagge zeigen!", beschreibt der Naturwissenschaftler Ludwig die Zielsetzung.

Anders als die meisten Länder hat Brasilien die Weltwirtschaftskrise gut überstanden. Das Land blickt positiv gestimmt in die Zukunft, wozu laut Stephan Ludwig mehrere Faktoren beitragen. So sind Technologien entwickelt worden, mit denen bislang unerreichbare Ölfelder ausgebeutet werden können, was Geld in die Staatskasse spült. Auch im Bereich Bioethanol als Treibstoff ist Brasilien führend. Inzwischen hat sich das lateinamerikanische Land gemessen am Bruttoinlandsprodukt unter die ersten zehn der Wirtschaftsnationen vorgeschoben. Der Zuschlag für die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro haben den Menschen das Gefühl gegeben, dass ihr Land in der Welt anerkannt wird. "Es ist unglaublich viel Optimismus und Selbstbewusstsein zu spüren, das wirkt sich auch auf die Wissenschaft aus", erzählt der Forschungs-Prorektor.

"Ich bin davon beeindruckt, wie systematisch manche Dinge angegangen werden."

In den kommenden Jahren sollen hunderttausende neuer Studienplätze entstehen, die großen Etats für Forschungsförderung haben sich innerhalb kurzer Zeit verdoppelt. "Die Qualität der Forschungsleistung kann noch verbessert werden, aber es wird viel daran getan", berichtet Stephan Ludwig. Brasilien geht dabei gezielt vor: Nicht in die breite Grundlagenforschung wird investiert, sondern in einzelne Bereiche, die das Land voranbringen. Das sind zum Beispiel die Ingenieurtechniken, nachwachsende Rohstoffe, Medizin sowie Energie- und Informationstechnik.

BRASILIEN

> Rund 191 Millionen Menschen leben in Brasilien.

> Die Bevölkerungsdichte liegt bei 22,5 Menschen pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Deutschland leben 229 Einwohner pro Quadratkilometer.

> Das riesige Land nimmt 47 Prozent des lateinamerikanischen Kontinents ein.

Über 20 Kooperationen mit brasilianischen Hochschulen, unter anderem in den Bereichen, Nano-, Bio-, Informations- und Kommunikationstechnologie, Wirtschaftsinformatik, Gesundheits- sowie Energieforschung, aber auch in den Rechts- und Erziehungswissenschaften bestehen bereits seitens der Universität Münster. Ein Schwerpunktpartner ist die Universität Santa Catarina in Florianópolis im Süden des Landes. "Wir haben gerade das 25 Jahre alte Partnerschaftsabkommen verlängert. Dabei habe ich auch die Gelegenheit genutzt, sowohl in den Bereichen Entwicklungsbiologie, Biodiversität und Mikrobiologie als auch in der Nanophysik Gespräche zu führen und Projektpartner zu identifizieren, die gut zu Münster passen", sagt Prorektor Ludwig über ein Ergebnis seiner Reise.

Zukünftig soll die Etablierung neuer Forschungsprojekte einer der Schwerpunkte des Brasilienzentrums sein. Alle brasilienbezogenen Aktivitäten werden unter einem Dach gebündelt. Wichtig wird neben dem Transfer und der Organisation auch die organisatorische und administrative Beratung sein. Ein "Brasilien-Tag" noch in diesem Jahr soll die Aufmerksamkeit auf das häufig unterschätzte lateinamerikanische Land lenken.

Das Brasilienzentrum in Münster ist nicht das einzige Ergebnis der neuen Brasilienstrategie. Die bewusste Profilbildung schlägt sich auch in der Gründung eines Außenbüros an der Universität von Sao Paulo nieder. Angesiedelt wird die Repräsentanz im Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH), das gemeinsam von der Außenhandelskammer und dem Deutschen Akademischen Ausstauschdienst (DAAD) getragen wird. Zunächst soll die Repräsentanz nur die Kontakte der WWU nach Brasilien erleichtern helfen. Es ist aber durchaus angedacht, dass die Universität Münster die Federführung für ganz Nordrhein-Westfalen und später für Deutschland übernehmen könnte. "Idealziel wäre, dass unser Brasilienzentrum einmal die Anlaufstelle für brasilianische Wissenschaftskontakte in Deutschland wird", sagt Stephan Ludwig selbstbewusst.

"Ich bin davon beeindruckt, wie systematisch und professionell manche Dinge in Brasilien angegangen werden", fasst er zusammen. Wenn man mit so viel positivem Willen wie die Brasilianer an eine Sache herangehe, könne man ungeheuer viel erreichen.

Brigitte Nussbaum