Wie eine große Familie

Hand in Hand arbeiten die Mitglieder von "SIFE". Sie wollen Hilfe zur Selbsthilfe geben und ihr fachwissenschaftliches Wissen unentgeltlich gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung stellen.
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In Zeiten der steigenden Studienbelastung und vor allem in den Prüfungsphasen fahren viele Studierende ihre Aktivitäten, die nicht gerade mit Büffeln und Pauken zu tun haben, auf ein Minimum herunter. Neben dem Studium ist Arbeiten angesagt, neben der Arbeit die Uni. Wenn man dann und wann auch noch Freunde treffen will, ja, wo bleibt da eigentlich noch die Zeit für gemeinnütziges Engagement oder studentische Initiative? Eine eindrucksvolle Antwort auf diese Frage haben Malte von Lojewski und Sebastian Darimont gegeben. Die zwei Wirtschaftswissenschafts-Studenten sind mit dem Studierendenpreis für ihr außergewöhnliches Engagement ausgezeichnet worden. Von Lojewski und Darimont sind seit Beginn des Jahres Teamleiter der studentischen Initiative "SIFE" (Students in Free Enterprise).
"Wir wollen kein Unternehmen sein, sondern eine studentische Initiative, in der sowohl das gemeinnützige Engagement, als auch der Spaß zählt", beschreibt von Lojewski seine Grundauffassung von "SIFE". Die universitäre Organisation, die in den USA in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm, gibt Studierenden die Möglichkeit, ihr ökonomisches Wissen an Dritte weiterzugeben.
"JB Solar" ist eines der Projekte, das das etwa 20-köpfige münstersche Team in der letzten Zeit stemmte. Einem Gymnasium in Pinneberg sollte dazu verholfen werden, eine Solaranlage auf dem Schuldach zu installieren, um so umweltfreundlichen Strom zu erzeugen. Zusätzlich wollte die Schule durch die finanziellen Einnahmen durch die Solarenergie die Lernbedingungen verbessern. Aber welche Behörden müssen kontaktiert werden? Wo kann die Schule am günstigsten Kredite für die benötigten 144.000 Euro aufnehmen? "Weder die Lehrer noch die Eltern hatten den wirtschaftlichen Hintergrund, um diese Fragen zu beantworten", erinnert sich Darimont, "deshalb haben wir für sie recherchiert." So erarbeitete das Team ein flexibles "Finanztool" für die Umsetzung des Projektes. In diese Excel-Tabelle speiste das "SIFE"-Team sämtliche fest kalkulierbaren Plandaten, wie Laufzeit, Tilgunsraten und Kreditzinsen, ein. Zuvor hatten von Lojewski und Co. einen Förderantrag bei der KfW-Bankengruppe gestellt. Mittlerweile ist die Solaranlage gebaut und seit Dezember 2008 "am Netz". Durch die Eingabe fehlender Variablen wie die Erträge in Kilowattstunden pro Monat oder Jahr in das "Finanztool" kann die Schule relativ simpel erfahren, wie viel Gewinn sie macht und wie sich das auf die Tilgung der Kredite auswirkt.
"Wir wollen unseren Partnern Hilfe zur Selbsthilfe geben."
Dass nicht nur die "SIFE"-Mitglieder von den Projekten profitieren, gehört zum Selbstverständnis der Initiative. "Wir wollen unseren Projektpartnern Hilfe zur Selbsthilfe geben", so von Lojewski. Sie werden in rechtlichen, finanz- und marktwirtschaftlichen Fragen beraten und unterstützt und die Studenten lernen, wie sie ihre Kenntnisse in der Praxis umsetzen können. Zudem sollen die Projekte auch immer gemeinnützig sein. Wie die Gruppe auf immer neue Projektideen kommt, kann von Lojewski einfach erklären: "Man geht mit offenen Augen durch die Welt und schaut, wo man Dinge verbessern kann." "Wer bei 'SIFE' mitmacht, lernt, theoretische Kenntnisse aus dem Studium in der Praxis umzusetzen", erklärt der 21-jährige Darimont.
Die jährlich stattfindenden nationalen "SIFE"-Wettbewerbe geben den Studierenden die Gelegenheit, ihre Projekte "auf großer Bühne" vorzustellen und erste persönliche Kontakte zu den Vertretern der beteiligten Unternehmen zu knüpfen.
Und das mit Erfolg: Seit 2005 gibt es "SIFE" an der WWU und seither waren die Münsteraner bei den Deutschen Meisterschaften immer im Finale vertreten. Aber nur der erste Platz sichert die Teilnahme am Worldcup – weltweit gibt es immerhin 1800 "SIFE"-Teams –, der in diesem Jahr in Los Angeles stattfindet. "Dafür wollen wir uns unbedingt qualifizieren", gibt sich von Lojewski kämpferisch. Denn auch die Reisen zu Wettbewerben oder Weiterbildungen bei Großunternehmen machen das "besondere Feeling", wie es Darimont nennt, dieser Initiative aus. "Bei uns kann eigentlich jeder mitmachen, der eine aussagekräftige Bewerbung an uns richtet, aber natürlich sind es meistens die Wirtschaftswissenschaftler, die besonderes Interesse an der Initiative haben", wissen die WiWi-Studenten, die in normalen Wochen – sonst auch deutlich mehr – fünf bis zehn Stunden Arbeit in "SIFE" investieren, aus eigener Erfahrung.
Der Preis der Uni Münster sei für sie etwas Besonderes. "Vorher kannte uns hier eigentlich niemand, aber jetzt sprechen uns Leute auf unsere Projekte an, weil sie davon gelesen haben", freut sich Darimont und von Lojewski ergänzt: "Das ist super Werbung für uns." Für die Zukunft hoffen die jungen Studenten auf eine Teilnahme an den Weltmeisterschaften: "So könnten wir uns einen Ruf erarbeiten, der uns möglicherweise auch über Münster hinaus Partner bringt, die mit uns kooperieren wollen", sind sich die 21-Jährigen einig. Auch nach ihrer aktiven Zeit wollen die beiden bei "SIFE" weiter mitmachen: "Schließlich sind wir so was wie eine große 'SIFE'-Familie."
hd