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Den alten Instrumenten verschrieben

Garry Crighton lehrt seit 24 Jahren an der WWU
Wl 0905 Crighton

Viel Luft braucht Garry Crighton, wenn er seine alten Instrumente spielt. In erster Linie beschäftigt er sich mit Blasinstrumenten wie der Posaune.

Foto: Peter Grewer

Seine Mutter habe ihn in seiner Kindheit zum Klavierunterricht und zur Chorprobe zwingen müssen, behauptet Garry Crighton. So recht mag man es dem Lehrbeauftragten der Musikwissenschaft nicht abnehmen. Inmitten unzähliger Blas- und Streichinstrumente, Platten, Notenheften und Seminarbüchern wirkt der 66-Jährige in seiner gemütlichen Wohnung wie jemand, der sich der Musik ganz und gar verschrieben hat.

Vor allem faszinieren Crighton die alten Instrumente des Mittelalters und der Renaissancezeit. "Wie sich die mittelalterlichen Instrumente angehört haben, lässt sich nicht sagen. Deshalb ist es so spannend, nachgebaute Instrumente auszuprobieren, sich vorzustellen, wie sie klingen müssten. Der eigentliche Reiz ist, die Musik aus diesen Epochen verstehen zu lernen", erklärt Crighton seine Leidenschaft. Der Musikpädagoge spielte hauptsächlich Blasinstrumente wie das Fagott und die Posaune. "Die C-Dur-Tonleiter kann ich aber auf allen Instrumenten spielen, das ist eine gute Voraussetzung für die alte Musik", weiß Crighton. In der Renaissance hätten sich die Musiker nicht auf ein Instrument beschränkt, man habe flexibel sein müssen. Und auch die Stimme, so Crighton, sei ein unverzichtbares Instrument der alten Musik gewesen.

Der gebürtige Kanadier kam mit 41 Jahren der Liebe wegen nach Münster. Seit nunmehr 24 Jahren bietet er jährlich eine zweisemestrige Übung zur Musikpraxis des Mittelalters und der Renaissance an. "Ich sollte dafür sorgen, dass nicht nur staubige Bücher gewälzt werden", erzählt Crighton. Bei ihm treffen sich einmal in der Woche Interessierte zum Üben ausgewählter Stücke zu speziellen Unterthemen. Dabei kommen Gamben, Blockflöten, Lauten, Posaunen und natürlich die Stimmen der Musiker zum Einsatz. "Wir improvisieren viel, jeder muss auch in der Lage sein, mit einem anderen Instrument einzuspringen."

Im vergangenen Jahr versuchte sich die Crighton-Gruppe an Renaissance- und Frühbarockmusik aus Ost- und Mitteleuropa. Innerhalb der letzten fünf Jahre ergänzte Crighton sein Lehrangebot zeitweise durch ein Seminar, in dem er das praktisch Gelernte mit theoretischem Wissen unterfütterte. Mittlerweile verzichtet der Musiklehrer nach jahrzehntelanger Bühnenpräsenz auch auf Konzerte. "Bevor ich auf der Bühne was Blödes mache, wollte ich lieber aufhören", erklärt Crighton schmunzelnd. Als Ausgleich singt er nun im Lamberti-Kammerchor, den ein ehemaliger Student von Crighton leitet und springt, wenn "Not am Mann" ist, als Organist ein.

Sein Leben bleibt bestimmt von der Musik und den alten Instrumenten. Durch das "Studium im Alter" kämen hauptsächlich ältere Musiker zu der Übung, um etwas über die alte Kammermusik zu erfahren und Stücke einzustudieren. Obwohl Crighton gerne mehr junge Menschen für seine Leidenschaft begeistern würde, sieht er den Vorteil des Alters: "Die Älteren spielen und singen zum Teil schon über 30 Jahre, da spürt man die Erfahrung."

Der 66-Jährige hat sich für sein Rentnerdasein einige musikalische Projekte vorgenommen. Er will lernen, den Serpent zu spielen. Ein 1590 erfundenes, historisches Blasinstrument, das seinen Namen seiner schlangenähnlichen Form verdankt. So wie sein Namensgeber will auch das Serpent gezähmt werden. Das Instrument sei durch seine Bauweise und den Klang alles andere als perfekt. "Aber das macht ja gerade den Reiz aus", findet Crighton, der sich auf die neue Herausforderung freut.

hd