|
muz

Neuer Start für "Wohnen für Hilfe"

Generationenübergreifendes Zusammenleben
Wl 0904 Wohnen-fuer-hilfe

Gartenarbeit ist kein Problem für Cherin. Cornelia Steven (r.) zeigt ihr genau, was gemacht werden muss, das Ehepaar Ursula und Erwin Stroot freut sich über das gemischte Doppel.

Foto: ps

Im Jahre 2006 startete das Amt für Wohnungswesen der Stadt Münster das Projekt "Wohnen für Hilfe". Drei Jahre lang wurde die Wohnpartnerschaften zwischen Jung und Alt von der Stadt und dem Land NRW mit 250.000 Euro gefördert. Der Clou: Studierende können bei Senioren wohnen und bezahlen ihre Miete mit persönlichen Hilfen im Haushalt. Nur die Nebenkosten müssen bezahlt werden. Das Projekt war in NRW einmalig. 40 Wohngemeinschaften wurden so vermittelt, mit interessanten Konstellationen. So lebten etwa eine ältere jüdische Frau und eine muslimische Studentin unter einem Dach.

Doch aus finanziellen Gründen stand "Wohnen für Hilfe" im vergangenen Jahr vor dem sicheren Aus. Rettung kam in letzter Minute durch das Ehepaar Ursula und Erwin Stroot. Der ehemalige Lehrer am Hittorf-Gymnasium leitet den Seniorentreff Hansahof und organisiert alle Jahre wieder die Offene Weihnacht in Münster für Menschen in Not. In Peru engagiert er sich für arme Kinder. Gemeinsam mit seiner Frau Ursula betreibt er seit Mai dieses Jahres das Projekt "Wohnen für Hilfe" ehrenamtlich. "Wir haben schon zwei Interessenten vermittelt", berichtet Erwin Stroot von ersten Erfolgen.

Dazu zählt die junge Soziologiestudentin Cherin Olthuis: "Ich finde das klasse", sagt die junge Frau mit strahlenden Augen, "ich habe ne große Wohnung für mich alleine mit modernem Bad, Balkon und Fußbodenheizung und zahle nur 120 Euro Nebenkosten inklusive DSL." Die gebürtige Gronauerin wohnt im Haus der beiden Schwestern Cornelia und Else Steven. Wo es gewünscht wird, hilft sie den beiden Seniorinnen.

 Cherin ist Frühaufsteherin. Bereits um acht Uhr steht sie im gemeinschaftlichen Garten, zupft Unkraut, fegt die Garageneinfahrt oder mäht später den Rasen. Die 74-jährige Cornelia Steven freut sich: "Es ist gut zu wissen, das man einen guten Menschen im Haus weiß, der einem zu helfen weiß."  Rund vier Jahre stand die Wohnung im Obergeschoss leer. Jetzt fühlt sich Cherin hier pudelwohl: "Auch Männerbesuche oder Übernachtungen von Freunden sind kein Problem. Meine Vermieterinnen gaben mir sogar extra Schlüssel für meine Gäste."

"Wir richten uns nicht nur an Senioren, sondern auch an andere Hilfsbedürftige."

Eigentlich gilt die Faustregel: pro Quadratmeter monatlich eine Stunde Hilfsleistung. Da Cherin auf 60 Quadratmetern wohnt, wären das 60 Stunden. Erwin Stroot hat ihr aber die Hälfte erlassen: "Sonst hat sie ja keine Zeit mehr, um richtig studieren zu können." Und die 23-Jährige macht die anfallende Arbeit gerne: "Zuhause bei meiner alleinerziehenden Mutter haben wir uns auch die Arbeiten geteilt – das geht dann einfach besser und schneller von der Hand."

Welche Arbeiten konkret anfallen, wird bei "Wohnen für Hilfe" bei jedem Mietverhältnis individuell vereinbart – auch, um später Probleme zu vermeiden. Mit Faltblättern und einer Internetseite wollen die Stroots nun weitere generationenübergreifende Wohnformen schaffen. Mit neuen Variationen. "Wir richten uns nicht nur an Senioren, sondern auch an andere Hilfsbedürftige", erklärt Stroot. Stroot betont aber, dass es bei dem Projekt auf keinen Fall um Pflegeleistungen geht. Für die Zimmer oder Wohnungen können sich auch Azubis bewerben.

Eines ist jedoch klar: Wenn man so nah miteinander lebt, muss auch die Chemie stimmen. Bewerbungsbögen und Vorgespräche klären die wichtigsten Dinge bereits im Vorfeld ab, ob Rauchen, Haustiere, Fahrradstellplatz bis zum Übernachten von Besuchern. Wohnen für Hilfe bietet so vor allem Studierenden, die nicht unbedingt alleine leben wollen, sehr günstigen Wohnraum ohne lange zu suchen.

Zwischen Seniorin Cornelia und Studentin Cherin stimmt die Chemie. Die Arbeiten gehen Hand in Hand und nett geplaudert wird dabei eigentlich immer. Auch trinken die beiden gerne mal einen Tee zusammen. Cornelia Steven und ihre 81-jährige Schwester Else nennen Soziologiestudentin Cherin schon nach vier Monaten Zusammenleben ganz vertraut "unsere Kleine". Ein Zeichen dafür, dass das Mehrgenerationenleben unter einem Dach gut funktioniert.

ps

Sprechzeiten im Hansahof, Aegidiistr. 67: Mittwoch 15-17 Uhr, Freitag 10-13 Uhr Telefon: 0251/54167 www.muenster.org/wohnen-fuer-hilfe