Fünfeinhalb Minuten können manchmal sehr, sehr lang sein

Gute Stimmung gab es schon bei den beiden ersten Dichter-Wettkämpfen in der KSHG. Am 21. Juni steht der nächste "Poetry Slam" auf dem Programm.
Foto: KSHG
Wer seine Gedanken der Öffentlichkeit direkt präsentieren möchte, kann das seit 1872 im Speakers’ Corner im Hyde Park London tun. Obwohl die Mehrzahl der regelmäßig auftretenden Redner recht skurril ist, sah Speakers’ Corner auch Berühmtheiten wie Karl Marx, Lenin und George Orwell. Im Wahlkampf sieht man dort zuweilen auch Vertreter der großen Parteien. Der amerikanische Performance-Poet Marc Kelly Smith aus Chicago schuf 1984 speziell für Dichter und Denker einen weiteren Weg. Er erfand die "Poetry Slams". Smith hielt traditionelle Lesungen mit Tisch und Wasserglas für überholt und langweilig. Seitdem bevölkern die „Poetry Slams“ den Erdball. In Deutschland gibt es allein in diesem Jahr rund 70 Veranstaltungen. Da will auch die Katholische Hochschulgemeinde (KSHG) nicht hinten anstehen. Am 21. Juni geht um 20.15 Uhr im Café Milagro der inzwischen dritte "Poetry Slam" des Hauses über die Bühne.
Kultursprecher Michael Nonhof erklärt das Konzept so: "Poetry Slam ist ein literarischer Vortragswettbewerb, in dem studentische Dichter und Denker ihre selbstgeschriebenen Texte innerhalb einer bestimmten Zeit dem geneigten Publikum vortragen. Bei uns binnen fünfeinhalb Minuten. Das kann für den einen kurz, für den anderen extrem lang sein – je nachdem, wie gut der Text ist." Bewertet werden sowohl der Inhalt der Texte als auch die Art des Vortrags. Die einzelnen Teilnehmer bei einem Slam, rund zehn waren es in der KSHG beim letzten Mal, stehen untereinander im Wettbewerb. Sie buhlen um die Gunst des Publikums, dem "Applausometer". Immer mehr Besucher erfreuen sich an den KSHG-Poetry Slams. Nach verheißungsvollem Start im Wintersemester 2008 strömen mehr als 60 Besucher zum "Poetry Slam" in die KSHG.
"Fast alles ist erlaubt. Hauptsache, die Texte sind authentisch."
Stets ist frische Dichtkunst garantiert, da nur selbstgeschriebene Texte vorgetragen werden dürfen. Für junge studentische Poeten ist die Bühne im Café Milagro eine gute Möglichkeit, unmittelbares Feedback von einem interessierten Publikum zu erhalten. Diese Erfahrungen hat Nonhoff bereits zweimal recht erfolgreich gemacht: "Die Slams sind für die Poeten effektiver Ansporn für ihre Arbeit an den eigenen Texten und an ihrem Textvortrag. Für das Publikum bieten sie Kreativität pur und einen spannenden Wettkampf."
Nonhoff überlässt es den Poeten, welche Art von Texten sie vortragen und auf welche Weise. "Fast alles ist erlaubt: von Prosa über Lyrik bis Kabarett und Freestyle, von flüstern bis schreien. Hauptsache, die Texte sind authentisch." Das Besondere am Dichter-Wettstreit in der KSHG ist neben der gemütlichen Wohnzimmer-Atmosphäre im Café Milagro mit fair gehandelten Speisen und Getränken die spezielle thematische Schwerpunktsetzung. So gibt es die festen Sparten Humor, Tiefgang und Herz. Die Poeten können sich aussuchen, welche Sparte sie mit ihrem literarischen Leben füllen.
Das Tolle ist auch das Unbürokratische der Veranstaltung. Jeder kann kurzfristig mitmachen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. "Bei uns ist alles völlig unkompliziert", erklärt KSHG-Kulturreferent Michael Nonhoff. "Auch wer keine ,geborene Rampensau’ ist, hat bei uns Erfolg. Wichtig ist der Spaß an der Sache. Manche Poeten fangen schüchtern an und sind hinterher der Publikumsliebling." Für die besten drei Poeten gibt es attraktive Gewinne.
In Münster gibt es übrigens eine hohe Dichte an hochkarätigen Poetry Slamern. Der letzte NRW-„Poetry Slam“ fand im vergangenen Jahr sogar in der Domstadt statt. Beteiligt war daran unter anderem der AStA der WWU. Vielleicht ist beim nächsten Landesentscheid auch ein KSHG-Poetry-Slammer dabei.
ps