Kontrovers, aber konstruktiv

Mitte Mai fand an der WWU erstmals ein Strategieforum statt. Damit ist der vor gut zwei Jahren begonnene Strategieentwicklungsprozess in eine neue Phase getreten. Ziel des eintägigen Workshops war es, die bisher vom Rektorat im Rahmen der strategischen Planung erarbeiteten Eckpunkte einer breiteren universitären Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen und damit den Entscheidungsprozess über die langfristige Ausrichtung der WWU fortzusetzen. Dazu wurden im Verlauf des Strategieforums im Wechsel zwischen Plenums- und Arbeitsgruppenphasen zentrale Aspekte des Zukunftskonzeptes vertieft, um Anregungen und Kritik aufzugreifen.
Die Einladung der Rektorin zum Strategieforum richtete sich gezielt an rund 150 Personen, die in ihrer Gesamtheit die verschiedenen Gremien, Einrichtungen und Gruppen repräsentierten. Das Rektorat hat sich von dieser Heterogenität der Teilnehmerschaft einen fruchtbaren Diskurs versprochen, dessen Ergebnisse hinterher auch in die gesamte interne Hochschulöffentlichkeit getragen werden.
Die Teilnehmer wurden von Rektorin Prof. Ursula Nelles über die ersten Eckpunkte der WWU-Gesamtstrategie informiert und diskutierten mit den Rektoratsmitgliedern in Arbeitsgruppen das künftige "Profil der WWU", Maßnahmen zur Verbesserung der "Qualität der Lehre", Fragen der "Steuerung und Lenkung" der Universität, Möglichkeiten zur "Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses" und Leitlinien für den "Lebens- und Arbeitsplatz Universität". Einig waren sich Organisatoren und Teilnehmer, dass die weitere Diskussion möglichst transparent gestaltet werden soll und die Universität auch über die Gremiengrenzen hinaus informiert werden muss.
Der Workshop wurde moderiert von dem externen Berater PD Dr. Giuseppe Strina, der über eine ausgewiesene Expertise in der Begleitung und Beratung von universitären Veränderungsprozessen verfügt. Er wurde begleitet von Dr. Annette Doll-Sellen von der DFG, die bereits das Rektorat bei seinen Strategie-Klausurtagungen moderierend unterstützt hat.
"Wo wollen wir hin?" fragte Rektorin Ursula Nelles. Wie auch immer die Antwort auf diese Frage ausfallen werde – ein wichtiger Einflussfaktor sei ohne Zweifel der demografische Wandel, auf den die WWU reagieren müsse. Dabei spiele die Akquise der besten Köpfe auf allen Ebenen eine entscheidende Rolle. Außerdem müsse die internationale Attraktivität der WWU für die Studierenden größer werden. Studier- und organisierbare Studiengänge seien dazu ebenso notwendig wie Kooperationen mit ausländischen Hochschulen, um gemeinsame Abschlüsse anzubieten. In der Forschung soll die WWU in den Rankings einen ordentlichen Schritt nach vorne machen. Die "Solitär"-Lage Münsters erfordere, dass die strategischen Partnerschaften ausgeweitet, die Drittmittelforschung ausgebaut und die Forschung insgesamt internationaler werde. Auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nannte Nelles als wichtige Aufgabe.
In den anschließenden Arbeitskreisen wurde kontrovers, aber konstruktiv diskutiert. Einigkeit herrschte in der von Prof. Klaus Backhaus moderierten und von Prorektor Prof. Jörg Becker begleiteten Gruppe zum "Profil der WWU", dass Schwerpunkte notwendig seien. Diese ließen sich jedoch nicht verordnen, die Uni-Leitung müsse ein Klima schaffen, in dem sich Schwerpunkte optimal entwickeln könnten. Ein wichtiges Instrument dafür sei die Berufungspolitik der jeweiligen Fächer.
Prof. Otto Klemm moderierte als Vorsitzender der Senatskommission Lehre, Studienreform und studentische Angelegenheiten den Arbeitskreis "Qualität der Lehre", zu dem Prorektorin Dr. Marianne Ravenstein den Input lieferte. "Noch ist der Stellenwert der Lehre im Vergleich zur Forschung zu gering", stellte Klemm fest und forderte eine stärkere Professionalisierung der Lehrenden sowie eine Flexibilisierung der Lehrverpflichtungsordnung. Viele Fragen wurden diskutiert, so zum Beispiel, wie die WWU auf die doppelten Abiturjahrgänge und den zunehmenden Bedarf an Plätzen für Studienanfänger reagieren könne. Vor dem Hintergrund der anstehenden Reform der Lehrerausbildung in NRW wurden intensiv die damit verbundenen Veränderungen diskutiert.
Den Arbeitskreis "Governance", in dem die Steuerung und Lenkung der Universität diskutiert wurde, leitete Prof. Georg Peters. Die von Nelles zur Diskussion gestellte Einschätzung, dass die Strukturen verändert werden sollten, um sie möglichst effizient zu gestalten, fand Konsens. Die durch neue gesetzliche Regelungen bedingten Änderungen wie die Einführung eines Hochschulrates bedingten, dass die bestehenden Organe – insbesondere der Senat – ihre Rollen neu definieren müssten.
Die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Christiane Frantz stellte die Ergebnisse der Gruppe "Wissenschaftlicher Nachwuchs" vor, bei der Forschungsprorektor Prof. Stephan Ludwig das Eingangsstatement lieferte. Diskutiert wurde vor allem die Frage der strukturierten Doktorandenausbildung und deren Professionalisierung. Im Laufe der Diskussion kristallisierten sich dafür zwei Ansätze heraus: So ist eine fachbereichsübergreifende "Graduiertenakademie" als Dachorganisation ebenso denkbar wie ein Netzwerk fachlich organisierter Graduiertenkollegs. Fest stehe außerdem, dass Qualitätsmanagement in der Doktorandenausbildung und die Weiterqualifizierung der Doktoranden über den rein fachwissenschaftlichen Bereich hinaus zukünftig ein wichtige Rolle spielen sollen.
Die WWU als Lebens- und Arbeitsort war Thema des fünften Arbeitskreises, der von Dezernent Werner Brüning moderiert und in den Kanzler Dr. Stefan Schwartze einführte. Einigkeit bestand darin, die Diversität der Angehörigen der WWU als Chance zu begreifen. An der WWU müsse außerdem eine Lern- und Veränderungskultur etabliert werden, denn klar sei, dass sich die Anforderungen permanent änderten. "Jede Strategie ist zum Scheitern verurteilt, wenn die Mitarbeiter nicht mit im Boot sitzen", brachte Brüning die zentrale Herausforderung eines universitätsweiten Veränderungsprozesses auf den Punkt.
Die Auswertung des Forums fließt nun in ein überarbeitetes Strategiekonzept des Rektorats ein, das den universitären Gremien zu Beginn des kommenden Wintersemesters vorgelegt werden soll. Ein zweites Strategie-Forum wird dann zum Ende des Wintersemesters 2009/10 stattfinden. Bis dahin wird die Universität Münster auch weiter die Vorbereitungen für die dritte Ausschreibung der Exzellenzinitiative des Bundes treffen.
w|l