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Dankbar für Initiative

WWU soll bei Exzellenzwettbewerb punkten

Prof. Stephan Ludwig wurde Anfang März vom Hochschulrat zum Prorektor für Forschung, Personal und Internationales gewählt. Der Chemiker und Molekularbiologe hat damit die Nachfolge von Prof. Wilhelm Schmitz angetreten, der zum ersten hauptamtlichen Dekan des Fachbereiches Medizin gewählt worden ist. Brigitte Nussbaum sprach mit dem frisch gewählten Prorektor.  


Prorektor Stephan Ludwig

Prof. Ludwig, warum haben Sie das Amt übernommen?  

Es gab schon immer einige Dinge zur Verbesserung der Forschungslandschaft an dieser Universität, die mir am Herzen liegen. Ich habe gesehen, dass ich dabei mit diesem Rektorat auf einer Linie bin. Ich denke da vor allem an die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und an das Bestreben, begabte Studierende und hochrangige Wissenschaftler nach Münster zu holen. In meiner Zeit als geschäftsführender Direktor am Zentrum für Molekularbiologie der Entzündung (ZMBE) waren meine Kollegen und ich hier bereits aktiv und haben zwei Nachwuchsgruppen im renommierten DFG-Emmy-Noether Programm an das ZMBE rekrutieren können. Auch für die Unterstützung der infektionsbiologischen Forschungsförderung habe ich bereits am ZMBE Mittel eingeworben. Solche Aktivitäten möchte ich nun als Prorektor in größerem Rahmen weiterführen und fördern.

Sie haben einen Lehrstuhl am ZMBE. Was ist Ihr Schwerpunkt?

Wir untersuchen die intrazellulären Signalvorgänge bei Entzündungen und Infektionen und das vor allem an Influenza-Viren. Dabei interessiert uns allerdings weniger das Virus als vielmehr die befallene Zelle, denn ein Virus kann sich nicht aus eigener Kraft vermehren, sondern benötigt die Hilfe von Wirtszellen. Hier konnten wir neue Angriffspunkte für antivirale Therapien definieren. Diese neuen Strategien wurden mittlerweile auch von der pharmazeutischen Industrie aufgegriffen und befinden sich dort in der Weiterentwicklung. 

Zur Person

geboren 1962 in Gießen

1989 Diplom Chemie, Justus-Liebig-Universität Gießen

1993 Promotion am Institut für Virologie, Universität Gießen

2000 Habilitation im Fach Molekularbiologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

seit 2004 Universitätsprofessur und Direktor am Institut für Molekulare Virologie (IMV) am Zentrum für Molekularbiologie der Entzündung (ZMBE) der Universität Münster

seit 2007 Wissenschaftlicher Koordinator der Serviceplattform "Integrated Functional Genomics" (IFG) des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF)

seit 2008 Koordinator des bundesweiten Forschungsnetzwerks "FluResearchNet" 

seit 2009 Koordinator der "Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen"

Aber als Prorektor haben Sie weniger Zeit zu forschen.

Die Forschung soll darunter nicht leiden. Das halte ich für wichtig, da ein Prorektor für Forschung meiner Meinung nach nur glaubhaft sein Amt ausüben kann, wenn er selbst aktiver Forscher ist und weiß, wovon er redet. Ich habe mein Zeitmanagement entsprechend angepasst und auch einige Pflichten abgegeben, so dass ich mehr Zeit für das Rektorat habe. Außerdem habe ich an meinem Institut hervorragende Mitarbeiter, die es gewohnt sind, eigenverantwortlich zu arbeiten. Ansonsten bin ich viel Arbeit gewohnt. Ich halte mich dabei an ein Zitat des Nobelpreisträgers Rolf Zinkernagel: "Der Tag hat 24 Stunden, wenn das nicht reicht, nehmen wir die Nacht noch hinzu." 

Was sind im Moment die wichtigsten Aufgaben für Sie?

Generell sehe ich die Förderung der Verbundforschung sowie die Stärkung der internationalen Ausrichtung der Universität als dringend an. Akut steht allerdings eine mögliche dritte Ausschreibung der Exzellenzinitiative bevor. Wir müssen hier mehr punkten als in den ersten beiden Runden, unser Ziel muss es sein, Münster als Exzellenzuni zu etablieren. Und dafür brauchen wir mehr erfolgreiche Exzellenzcluster und Graduiertenschulen als bisher. 

Um gut vorbereitet zu sein auf das Jahr 2011, hat die Rektorin einen Forschungsbeirat ins Leben gerufen. Wie kann der Beirat Sie unterstützen?

Der Forschungsbeirat, zusammengesetzt aus einschlägig erfahrenen Professoren, hat einen Ideenwettbewerb initiiert  – meines Erachtens eine tolle Sache. Erstmals konnten hier, unabhängig von formalen Kriterien, die Wissenschaftler Ideenskizzen zu Projekten einreichen, die die Universität strategisch in der Forschung voran bringen. Der Wettbewerb wurde sehr gut angenommen. Über 100 Ideenskizzen sind eingegangen und ich bin beeindruckt von der Breite und Qualität der verschiedenen Projekte und Ideen. Die Skizzen werden nun vom Forschungsbeirat  gesichtet und begutachtet. Der Forschungsbeirat wird dann dem Rektorat Empfehlungen geben und das Rektorat wird entscheiden, wie weiter zu verfahren ist. Es geht dabei natürlich aus Zeitgründen zuerst darum, später bei der Exzellenzinitiative zu punkten. 

Aber nicht nur dort.  

Natürlich nicht. Es gibt Ideen, die nicht die Tragfähigkeit für ein Exzellenzcluster haben, aber ideal in andere Förderlinien passen. Auch Einzelförderungen von Spitzenprojekten sind wichtig. Nicht jede jetzt eingereichte Idee kann zu den Gewinnern bei einer möglichen dritten Exzellenzrunde gehören, aber trotzdem lohnt es sich, diese weiter zu verfolgen. Wir brauchen beispielsweise mehr interdisziplinäre Verbundforschung und Sonderforschungsbereiche an der Universität.

Was mir jetzt schon aufgefallen ist: Unsere Wissenschaftler wissen manchmal nicht, was der Nachbar tut. Hier hat der Ideenwettbewerb schon jetzt seinen Sinn gezeigt, denn diese Bestandsaufnahme gibt nun Anregungen für gemeinsame strategische Konzepte. Deshalb bin ich auch dankbar für die Exzellenzinitiative, denn sie hat den Anstoß gegeben, dass wir uns intensiver mit diesen Fragen beschäftigen und zukunftweisende Strukturen schaffen.  

Aus welchen Bereichen kommen die Ideen?

Sie kommen sowohl aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften wie aus den Naturwissenschaften. Da sind die "üblichen Verdächtigen" dabei, die schon jetzt viele Drittmittel einwerben, aber auch ganz überraschende Skizzen. Was ich bisher gesehen habe, hat mich auf jeden Fall sehr gefreut. Das trifft auch auf die Arbeit des Forschungsbeirates zu. Die wird bestimmt von Professionalität, Objektivität und Elan.

Es gab Befürchtungen, dass durch den Forschungsbeirat Forschungsinhalte von oben vorgegeben werden.

Das Gegenteil ist der Fall. Das Rektorat will nichts aufoktroyieren. Die Ideen werden in den Fachbereichen geboren, und das soll auch so bleiben. Wir müssen nur früh genug wissen, was läuft, um die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen zu können. Wir wollen die Infrastruktur und den Informationsfluss verbessern, uns aber nicht in Inhalte einmischen.

Ihre Aufgabe ist auch das Internationale.

Das ist richtig. Im Zuge der Internationalisierung müssen wir nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Wissenschaftler attraktiver werden. Und dazu gehört, so viele Hürden wie möglich abzubauen und unsere ausländischen Mitarbeiter rundum zu betreuen. Das fängt bei solchen Absurditäten an, dass ohne Aufenthaltsgenehmigung kein Arbeitsvertrag und ohne Arbeitsvertrag keine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen ist. Derlei Formalitäten müssen wir den Wissenschaftlern abnehmen. Auch für die Studierenden müssen wir den Zugang erleichtern, angefangen von englischsprachigen Formularen bis hin zu kompletten englischsprachigen Studiengängen.

Was erhoffen Sie sich persönlich von Ihrem neuen Amt?

Man wird mir das zwar nicht glauben, aber an persönliche Vorteile habe ich bei diesem Amt überhaupt nicht gedacht. Mich treibt eher, dass man nicht immer nur meckern kann, sondern sich auch mal in den Dienst einer Sache stellen muss, um die Zukunft zu gestalten. Man könnte sich sehr viel Arbeit ersparen, wenn man das nicht macht. Aber ich will ja, dass die Universität voran kommt und habe mich deshalb zur Verfügung gestellt.