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Vorfreude ist die größte Freude

Integratives Wohnprojekt mit behinderten Menschen

Integratives Wohnen mit Behinderten
Freuen sich auf das neue Haus: Doris Langenkamp (r.), Vorsitzende der Lebenshilfe Münster, Nadja Oerter, eine der ersten Bewohnerinnen und Stefan Bicanski  (l.) vom "Wohnnest"

Foto: ps

Eine Hand wäscht die andere. Studenten wohnten in den vergangenen drei Jahren bei alten Menschen, halfen im Haushalt und wo es sonst nötig war. Dafür zahlten sie nur eine vergleichsweise kleine Miete. Möglich machte dies das Projekt "Wohnen für Hilfe". Doch im Mai stoppte das Land die Förderung – aus Kostengründen. Während die münstersche Rathauskoalition aus CDU und FDP nun über ein neues Finanzierungskonzept nachdenkt, kommt ein alternatives Wohn-Angebot von der "Lebenshilfe Münster", einer gemeinnützigen Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung.

Die "Lebenshilfe Münster" baut derzeit ein integratives Wohnhaus an der Dauvemühle im Stadtteil Kinderhaus. Das Novum: Studenten sollen künftig Tür an Tür zu Menschen mit geistigen Behinderungen wohnen und ihnen mit kleinen Arbeiten unter die Arme greifen. So kündigten Lebenshilfe-Vorsitzende Doris Langenkamp und Geschäftsführerin Sabine Drevin das Konzept an. Nun werden Studenten gesucht, welche in die komfortablen Wohnungen einziehen wollen. Tür an Tür mit den Menschen mit Unterstützungsbedarf. Sie sollten Arbeiten übernehmen können, welche ihren gehandicapten Nachbarn das Leben erleichtern. Dazu gehören etwa Einkaufszettel schreiben, Schnürsenkel flicken, Briefe vorlesen oder vielleicht auch mal gemeinsam etwas unternehmen oder auch mal zusammen ausgehen. Das ganze firmiert unter dem Stichwort "Community-Living".

Studenten, die eine der elf für sie bestimmten Wohneinheiten beziehen, müssten zwar die anfallenden Mietkosten zahlen, doch sind die zum einen für münstersche Verhältnisse sehr gering, zum anderen würde sich das Geld auf durchaus charmante Weise wieder reinholen lassen. Die Lebenshilfe hat einige Optionen als Vergütung für die "Nachbarschaftshilfe" in Planung. Eine Vergütung als 400-Euro-Minijob wird ebenso angedacht wie die Übernahme der Studiengebühren.

Drevin appelliert an die Nachhaltigkeit des Projektes: "Natürlich wünschen wir uns, dass die Studenten hier auch länger und nicht nur für die Dauer eines Semesters wohnen. Die Nachbarn mit geistiger Behinderung brauchen eine Konstante in ihrem Leben." Für die Studenten gibt es ein vertraglich festgehaltenes Stundenkontingent. Notfälle kommen aber nicht auf sie zu. Täglich sehen  Fachkräfte aus dem pädagogischen, pflegerischen und hauswirtschaftlichen Bereich nach dem Rechten und helfen den Bewohnern mit Behinderung ihren Alltag zu meistern.

Wie etwa Nadja Oerter. Sie gehört zu den ersten Bewohnern des integratives Wohnhauses. Die junge behinderte Frau arbeitet im landwirtschaftlichen Bereich von Gut Kinderhaus, der von Westfalenfleiß betrieben wird: "Ich freue mich schon so auf meine erste eigene Wohnung und auf meine studentischen Nachbarn. Das wird sicher ein tolles Zusammenleben." Mit großen neugierigen Augen beobachtet sie die Fortschritte auf der Baustelle an der Dauvemühle. Ihr sympathisches Lächeln verrät: Vorfreude ist auch hier die größte Freude.

ps

Telefonkontakt unter: 0251/5390612