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Fächer stehen auf dem Prüfstand

Erste flächendeckende Evaluation


Genauestens begutachtet wird die Leistungsfähigkeit der einzelnen Fächer in diesem Sommersemester.

Foto: stockphoto [Montage M. Broda]

Die vergangenen Jahre haben es gezeigt: Leistungsvergleiche auf allen Ebenen sind immer wichtiger geworden. Doch wie misst man diese Leistung? Für Forschung und Lehre haben sich in den vergangenen Jahren Standards etabliert. Bei der ersten universitätsweiten Evaluation stehen die Fächer auf dem Prüfstand, ob sie einem nationalen, aber auch internationalen Vergleich standhalten. Diese Selbstverpflichtung hat der Senat im Jahr 2005 beschlossen, in diesem Sommersemester werden alle Fächer nach und nach von externen Gutachtern besucht. Ausgenommen sind die so genannten "Kleinen Fächer", die bereits an einer durch das Land initiierten Überprüfung teilgenommen haben, sowie die Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften und Medizin, die jeweils eigene Evaluationen, teils im internationalen, teils im landesweiten Vergleich, durchgeführt haben.

"Natürlich hat uns auch die Exzellenzinitiative unter Druck gesetzt, die Evaluation der Fächer nicht wie ursprünglich geplant, schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Jahren, sondern zeitlich gestrafft innerhalb eines Semesters durchzuführen", sagt Prof. Engelbert Weis, Vorsitzender des "Lenkungsausschusses Evaluation" der WWU. Im Rahmen der Exzellenzinitiative waren bereits nur bestimmte Bereiche gründlich begutachtet worden, vor allem Mathematik, Teile der Lebenswissenschaften und der Geisteswissenschaften, deren Exzellenzcluster "Religion und Politik" schließlich erfolgreich war. Dass nun alle Fächer unter die Lupe genommen werden, hat "einige vielleicht nicht freudig erregt", so der Biologe. "Aber letztlich haben wir keinen Widerstand gespürt."

Drittmittel, Doktoranden, Absolventen, Studienerfolg sind die wichtigsten Kennzahlen, auf die sich schon seit über zehn Jahren die leistungsorientierte Mittelverteilung (LOM) stützt.  Die externen Gutachter sollen darüber hinaus die spezifischen Stärken und Schwächen der Fächer identifizieren und Vorschläge zur Verbesserung oder zur gezielten Förderung machen, also auch beratend tätig sein. Insgesamt rund 100 an der Zahl haben in den vergangenen Wochen die Fachbereiche besucht, um sich ein Bild von der Qualität von Forschung und Lehre zu machen. "Forschung kann man nicht einfach messen. Die Beurteilung von Forschungsleistung ist sehr komplex und kann kompetent nur von ausgewiesenen, unabhängigen Fachwissenschaftlern im Kontext des besonderen Umfelds eines Fachs geleistet werden", so Weis.

Doppelte Evaluation will man vermeiden.

Bei der Auswahl der externen Gutachter hatten die Fächer ein Einspruchsrecht. Vorgeschlagen wurden sie entweder von der Evaluationsagentur "Evalag", der die Durchführung von 14 Verfahren übergeben wurde. Sieben weitere Verfahren werden in "Eigenregie" durchgeführt. Die Gutachter sollen selbst ausgewiesene, möglichst exzellente Forscher sein und über einschlägige Begutachtungserfahrung verfügen. Da kommen in erster Linie natürlich Wissenschaftler infrage, die regelmäßig als Gutachter für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) tätig sind und zum Beispiel über Anträge für Sonderforschungsbereiche oder Graduiertenkollegs entscheiden. Die Forschung steht im Mittelpunkt der Begutachtung, denn die Lehr- und Studienbedingungen werden ja schon bei der Akkreditierung der einzelnen Fächer begutachtet. Doppelte Evaluation, so Weis, wolle man vermeiden.

Die Begutachtung läuft nicht ohne Mitwirkung der Fächer. Diese und sogar jeder Hochschullehrer mussten im Vorfeld standardisierte Eigenberichte liefern, die den Gutachtern übergeben werden. Am Selbstbericht über die Lehre sind auch Vertreter der Studierenden beteiligt. Die Gutachter stellen ihre Beurteilungen und Vorschläge in einer "Evaluationsdiskussion" vor, an der Fachvertreter, Dekanate und auch Rektoratsmitglieder teilnehmen. Danach erstellen die Gutachter ein ausführliches schriftliches Gutachten. Weis hofft, dass die Gutachten zu Beginn des kommenden Wintersemesters, spätestens jedoch zum Jahreswechsel fertig sind.

Das ganze Verfahren ist extrem arbeitsaufwändig, zudem gehen die Kosten dafür in den fünfstelligen Bereich. Aber die Ergebnisse werden auch konkrete Auswirkungen haben: Zu Beginn des kommenden Jahres starten die Verhandlungen über Zielvereinbarungen zwischen dem Rektorat und den einzelnen Fachbereichen. Grundlage dieser Verhandlungen werden die externen Gutachten sein.

Weis ist auf deren Qualität gespannt. Die Gutachten dürfen nicht unverbindlich bleiben. Nur dann, wenn die Gutachter bereit seien, die Schwächen, aber auch die Stärken eines Fachs oder Fachbereichs sehr deutlich zu benennen, werde die Evaluation eine solide Grundlage für Zielvereinbarungen sein. Weis hofft, dass die Evaluation nicht nur der Offenlegung von Schwächen, sondern vor allem der Identifizierung von Entwicklungspotenzialen der WWU in Forschung und Lehre dient. Es wird sich zeigen, ob die Koppelung von Evaluation und Zielvereinbarungen, neben der leistungsbezogenen Mittelverteilung und externen Förderungen ein wichtiges Steuerungsinstrument für die WWU wird. Voraussichtlich soll der Prozess alle fünf Jahre wiederholt werden.

bn