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"Ich kann das machen, was im echten Leben unmöglich wäre"

"The Crazy Moons" zeigen modernes Theater

Wl801 TheaterWer ist hier verrückt?  Das fragte sich auch Antje Krah als Ärztin Mathilde von Zahnd in Dürrenmatts "Physikern".

Foto: Peter Grewer

Zwei Geheimagenten und ein hochbegabter Physiker löffeln Leberknödelsuppe. Verstört blickt Kurt Cobain auf die rätselhafte Szene, als der Wissenschaftler wild gestikulierend aufspringt und eine Grundsatzrede zu Erkenntnis und Verantwortung hält. Das seltsame Geschehen im Sanatorium "Les Cérisiers" wird aufgeführt von der neuen studentischen Theatergruppe "The Crazy Moons".

Drei komplett ausgebuchte Vorstellungen in der Studiobühne hinterließ das zehnköpfige Ensemble im vergangenen Semester. Ihren Namen verdanken die  "Crazy Moons" einem Missverständnis: Andrea Kresimon, Dozentin am Centrum für Rhetorik, Kommunikation und Theaterpraxis, bot das Seminar "Hörspiel auf der Bühne: 'Der gute Gott von Manhattan'" an. Ihr Name sorgte beim 22-jährigen Seminarteilnehmer und jetzigen Regisseur der Theatergruppe, Johannes Steinicke, für Verwirrung. Als sie den Teilnehmern ihre E-Mail-Adresse mit ihrem Nachnamen "Kresimon" nannte, verhörte er sich und fragte ungläubig: "Crazy Moon?!?" Als sich wenig später aus den sprachbegeisterten Teilnehmern des Seminars eine Theatergruppe bildete, stand der Name fest.

Drei Gruppen aus der Theaterszene gab es bislang an der Studiobühne. Doch: "Es ist nicht so leicht reinzukommen, die Gruppen haben sehr feste Strukturen", begründet Steinicke das Engagement der zehn ehemaligen Teilnehmer des Kresimon-Seminars. Ortwin Lämke, Leiter des Centrums für Rhetorik, Kommunikation und Theaterpraxis, und Dozentin Kresimon unterstützten die Studierenden dabei. "Insgesamt hatten wir zweieinhalb Monate, um ein Theaterstück auszusuchen, Rollen zu vergeben und zu proben", blickt Stephan Pacho auf das vergangene Semester zurück.

"Wir wollen moderne Dramen aufführen und unser Publikum unterhalten!", so Steinicke. Das erste Stück sollten Friedrich Dürrenmatts "Physiker" sein. Dafür sprach nicht nur die hohe Anzahl an Protagonisten, sondern auch deren gut verteilte Gesprächsanteile. "Ein sehr witziges Stück", urteilt Antje Krah, die auf der Bühne die durchgeknallte Chefärztin des Irrenhauses "Les Cérisiers" mimt. "Komödien sind immer dankbar." Die Kostüme stellten zum Teil die Städtischen Bühnen.

In andere Charaktere zu schlüpfen, war wesentliche Triebkraft für die Studenten, um auf die Bühne zu gehen. "Ich liebe verrückte Rollen", so Krah, die ihre komische Seite bereits in Ingeborg Bachmanns "Der gute Gott von Manhattan" als verrücktes Eichhörnchen gezeigt hatte. In "Die Physiker" offenbarte sie dem Publikum ihren Wahnsinn nun auf einen Krückstock gelehnt als Chefärztin Mathilde von Zahnd. "Ich kann in so einer Rolle das machen, was im echten Leben nicht möglich wäre", beschreibt sie ihre Vorliebe fürs Abseitige. Das Spiel mit den Identitäten ist es auch, was Pacho am Bühnenspiel fesselt. Der Darsteller des genialen Physikers Möbius hat es besonders genossen, aus sich herauszugehen und laut zu werden. "Das bin ich sonst nicht!"

Dem modernen Theater bleiben die studentischen Schauspieler auch in ihrer neuen Inszenierung treu: "Kurz vor Mitternacht" von Agatha Christie steht wieder am 1. Februar um 20 Uhr auf dem Spielplan der Studiobühne am Domplatz. Der Eintritt ist frei.

jri