|
muz

Non universitati, sed vitae discimus

Hochschulgruppen haben trotz zusätzlicher Belastung durch Umstellung auf Bachelor und Master weiterhin Zulauf

 Muz704 Unicef2farbe 

Schweißtreibendes Engagement: Die Unicef-Hochschulgruppe sammelt regelmäßig bei der Kinder-Uni Münster.

Foto: pg

 
Juliane Plöger ist beschäftigt. Wenn die Geschichtsstudentin mittwochs um halb sieben aufsteht, liegt ein Mammutprogramm vor ihr: zwei Stunden Deutsch, dann weitere zwei Stunden Präsenzdienst bei der Fachschaft Geschichte. Direkt im Anschluss tagen die Studierendenvertreter wöchentlich. Um 16 Uhr schaut sich die 21-Jährige die nächste Deutschvorlesung an. Wenn sie abends zum Durchatmen kommt, ist es 18 Uhr. Dann muss sie noch Vokabeln pauken – für das große Latinum.

Die angehende Lehrerin studiert im dritten Semester Geschichte und Deutsch auf Bachelor. Berufsqualifizierend und effizient soll der Studienabschluss Studierende aufs Arbeitsleben vorbereiten. Dafür sehen die Studienordnungen für Juliane im Schnitt 20 bis 24 Semesterwochenstunden pro Semester für sie vor – ohne Latinum. "Da steckt viel Arbeit drin", seufzt Juliane. Dass Juliane sich bei diesem Aufwand noch in der Fachschaft engagiert – verwunderlich? Keineswegs: "Bei uns hat das Engagement nicht nachgelassen", bemerkt Arne Kunkel von der Fachschaft Geschichte schulterzuckend. Gewundert hätte es ihn jedoch nicht: "Wie soll man sich bei diesen Rahmenbedingungen noch engagieren?" Der zeitliche Aufwand der Studierenden im Zweifach-Bachelor ließe kaum noch Spielraum für studentisches Engagement.

"Bei uns sind alle engagierter denn je", bekennt auch Katharina Junge. Die 25-jährige Kommunikationswissenschaftlerin hat 2003 die Unicef-Hochschulgruppe ins Leben gerufen. Doch trotz der Umstellung auf Bachelorstudiengänge klopfen immer noch genügend Interessenten an. Eine Erklärung hat sie dafür schon parat: "Die Zeit für ein Engagement bei Unicef kann man sehr flexibel handhaben." Zudem arbeiteten hauptsächlich Psychologie- und Lehramtstudierende mit – Studiengänge, die seit jeher sehr verschult und mit großem Zeitaufwand verbunden waren.

"Seit einem Jahr haben wir Probleme, unseren Vorstand zu besetzen", klagen Katharina Leinius und Jan Tolkien dagegen von AEGEE. Die studentische Austausch-Organisation hat es sich auf die Fahnen geschrieben, europäische Studenten miteinander zu vernetzen – eine Art Bologna-Prozess auf informeller Ebene. Diese Art von Engagement ist mit hohem zeitlichem Aufwand verbunden. "Fünfzehn bis zwanzig Stunden arbeite ich wöchentlich für AEGEE", rechnet Katharina nach.

Anerkannt werden zusätzliche Soft Skills im Rahmen des Bachelorstudiums bislang nicht. "Wir überlegen allerdings, die Tutorenprogramme in der Lehre mit Leistungspunkten zu vergüten", sagt Andrea Kronisch vom Team Studienreform, das die Umsetzung des Bologna-Prozesses koordiniert. "Was Studierende dort an Qualifikationen erwerben, sind ganz wesentliche Kompetenzen", ist sich Kronisch sicher und bedauert, dass es für die Vergütung studentischen Engagements noch kein Modell gäbe. Wie auch? Dafür müsste es innerhalb der Organisationen anerkannte Instanzen geben, die den aktiven Studenten offiziell bescheinigen könnten, was sie nebenher leisten. "Ich kann mir vorstellen, dass dieses Thema mittelfristig angegangen wird", macht Kronisch Mut. Entlohnt fühlen sich die engagierten Studenten trotzdem schon. Denn mit handfesten Zusatzqualifikationen können sie hinterher im Lebenslauf punkten.

jri