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Erhebliche Einbußen in der Qualität befürchtet

Kommunikationswissenschaftler zu Wechsel bei „MZ“

Für die Redakteure war es ein Schock, für die Leser auf den ersten Blick eine der üblichen Umstrukturierungen: Der Verlagsleiter der "Münsterschen Zeitung", Lutz Schumacher, hat Mitte Januar alle 19 Redaktionsmitglieder der Lokalredaktion Münster, darunter auch Fotografen und Sekretärinnen, von der Arbeit freigestellt. Der Lokalteil wird seitdem von einer neu gegründeten GmbH erstellt, bei der sich die altgedienten Redakteure um eine der wenigen Stellen bewerben dürfen. Zugleich wurde die Redaktionsstruktur nach dem angelsächsischem Newsroom-Modell umstrukturiert. Statt der üblichen Redakteure machen nun "Editoren" und "Reporter" das Blatt.

Prof. Bernd Blöbaum vom Institut für Kommunaktionswissenschaft untersucht im Rahmen eines dreijährigen DFG-Projektes den "Wandel bei aktuellen Massenmedien". Er befürchtet, dass die münstersche Zeitungslandschaft verarmen könnte. "Wenn eine komplette Redaktion mit all ihrer Erfahrung ausfällt und durch Personen aus einer Entwicklungsredaktion ersetzt wird, glaube ich nicht, dass die verschlankte Redaktion die umfassende Information liefern kann, die von einer Zeitung zu erwarten ist", so Blöbaum. Das so genannte "Spiegel"-Urteil des Bundesverfassungsgericht von 1966 betont die besondere Rolle, die Medien als Kontrollorgan für die Gesellschaft haben. Diese Aufgabe sieht Blöbaum nun in Gefahr. "Ich denke, es wird erhebliche Einbußen bei der publizistischen Qualtität geben", befürchtet er. Auch andere Zeitungen wie die "Sächsische Zeitung", die "Rheinzeitung", die "Passauer Neue Presse" oder die "Schwäbische Zeitung" haben ihre Redaktionen ausgelagert und zumeist in GmbHs organisiert. Dass ein Verleger aber komplett auf die alte Mannschaft verzichtet, ist in dieser Dimension einmalig. "Es gibt verschiedene Unternehmenskulturen bei Zeitungen. Die meisten aber realisieren ihre Wandlungsprozesse durch Umsetzungen im eigenen Haus", hat Blöbaum beobachtet.

Das Newsroom-Modell, das nun bei der "MZ" verfolgt wird, hat für Blöbaum als Organisationskonzept aber durchaus Zukunft. Die Redakteure arbeiten nicht mehr alleine an ihren Seiten, sondern sitzen in einem Raum und erarbeiten die redaktionellen Elemente gemeinsam.

bn