Was macht den Menschen krank?
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Die Wirkung von Darmbakterien untersucht Prof. Alexander Schmidt mit seiner Arbeitsgruppe. Foto: Manfred Vollmer |
Etwa 2,3 Millionen Euro für viereinhalb Jahre und 13 Stellen
stehen für die Stipendiaten, die derzeit aus den zahlreichen Bewerbern
aus dem In- und Ausland ausgewählt werden, zur Verfügung. Sie können
unter einer Vielzahl an Themen und Arbeitsgruppen auswählen. Das reicht
von Kraftwirkungsmessungen an Zellen, die in der Zoologie durchgeführt
werden, über den Übertritt von Toxoplasma, das beispielsweise
bakterielle Meningitis auslösen kann, über die Blut-Hirn-Schranke, der
bakteriellen Antwort auf Stress durch den Oberflächenkontakt und die
Untersuchung von Toxinen, die von Pilzen ausgeschüttet werden, in der
Lebensmittelchemie, bis hin zur Entwicklung von analytischen Verfahren.
"Die Frage, wie Krankheitserreger wirken und was sie in den Zellen und
im Organismus des Wirts anrichten, ist eine der zentralen Fragen der
Lebenswissenschaften. Aber bisher hat es noch keinen Studiengang
gegeben, der so auf diese Fragestellungen hin fokussiert wäre",
erläutert Schmidt. "Mit dem Graduiertenkolleg haben wir eine
hervorragende Möglichkeit, verschiedene Modelle, Techniken,
Mentalitäten und Arbeitsansätze zusammenzuführen. Das wird sicher ein
sehr fruchtbarer Austausch."
In seinem eigenen Institut untersucht Schmidt unter anderem die
Wirkungsweise des Bakteriums Escherichia coli im menschlichen Darm. Die
ins Visier genommenen E. coli schütten keines der bekannten
"klassischen" Toxine aus, sondern injizieren so genannte
Effektor-Proteine, die die Signalübertragung der Zellen durcheinander
bringen und dadurch Erkrankungen verursachen. Im Verlauf der Infektion
werden einerseits die Verbindungen zwischen den Zellen gelöst,
andererseits die Absorption von Nährstoffen erschwert, weil die dafür
zur Verfügung stehende Oberfläche reduziert wird. Das führt letztlich
zu Wasserverlust und Durchfall. "Das ist ein sehr komplexer Vorgang, an
dem sehr viele Proteine beteiligt sind", erklärt Schmidt. "Wir wollen
herausfinden, was die Proteine im Einzelnen verursachen und welches
ihre Interaktionspartner in der jeweiligen Zielzelle sind."
Ist klar, welche der zahlreichen Proteine zur Pathogenese beitragen,
könnten beispielsweise vorbeugende Impfstoffe entwickelt werden.
Geklärt werden könnte auch, warum einige Personen erkranken, obwohl
viele Menschen diese bakteriellen Erreger am und im Körper tragen, ohne
dass sie krank werden.
Auch die Wechselwirkungen von E. coli mit den
Immunzellen des Darms hat Schmidt im Blick. Noch ist unbekannt, wie
bestimmte pathogene E. coli durch M-Zellen erkannt und mit Hilfe von
über die so genannten Peyerschen Plaques induzierten Abwehrreaktionen
unschädlich gemacht werden. "Bisher ist es nicht gelungen,
entsprechende Zelllinien zu kultivieren, mit denen wir im Labor
arbeiten könnten", berichtet Schmidt.
Schmidt ist hoffnungsvoll, dass es gelingt, viele der drängenden offenen Fragen zu beleuchten, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft durch die Bewilligung des Graduiertenkollegs doch die bundesweit einmalige Expertise Münsters bestätigt.
bn