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Irgendwann werden sie den Weltmeister schlagen

Informatiker entwickeln intelligente Fußballspieler

In der Halbzeit führt Costa Rica gegen Deutschland mit 2:0. Ein schlechtes Omen, doch sind es glücklicherweise nur virtuelle Spieler, die im Institut für Informatik die Fußball-Welt auf den Kopf stellen. Entwickelt und optimiert werden sie in einem Projektseminar von Dr. Dietmar Lammers. Was aussieht wie ein Computerspiel, ist in Wirklichkeit die Erprobung neuer Wege der Künstlichen Intelligenz und der Fuzzy Logic am Beispiel so genannter Software-Agenten, die in diesem Fall als Fußballspieler agieren.

Die Studierenden nutzen ein Programm, das weltweit allen zur Verfügung gestellt wird, die am so genannten "RoboCup" teilnehmen möchten. Der wird seit 20 Jahren ausgetragen und fand in diesem Jahr in Bremen statt. Die Münsteraner hinken noch hinterher, ihre Spiele finden bisher lediglich auf dem Bildschirm und nicht mit echten Robotern statt. "Aber darum geht es vorerst auch nicht. Wir wollen Spieler entwickeln, die eigenständig aus Situationen lernen können. Das ist weit gehend unabhängig davon, ob wir noch einen Körper steuern oder nicht", erklärt Lammers.

Das Basisprogramm legt einige grundlegende Eigenschaften der Spieler fest. Die Studierenden müssen selbst Strategien programmieren, wie ihre Spieler auf Situationen reagieren können. Dabei wird jeder Spieler von einem eigenen Programm gesteuert. "Die Spieler nehmen Situationen nur unscharf wahr. Sie haben zum Beispiel keine genauen Informationen darüber, wo sich der Ball und sie selber befinden", so Lammers. Sie erinnern damit an die Wahrnehmung des Menschen, der ja auch instinktiv agiert und nicht auf den zehntel Millimeter genau weiß, wie der Ball aufs Tor zufliegen wird. Je besser eine virtuelle Mannschaft diese Informationen verarbeiten kann, desto größer die Chance, ein Spiel zu gewinnen.

Die sechs Studierenden haben sich in Arbeitsgruppen aufgeteilt. Die einen programmieren die Kommunikation mit dem zentralen Server, andere kümmern sich um die visuellen und auditiven Daten, wieder andere programmieren das Befinden der einzelnen Spieler. "Der zentrale Server liefert bestimmte Daten, aber jede Mannschaft muss entscheiden, wie sie mit diesen Daten umgeht", erläuert Philip Harborth, Student der Wirtschaftsinformatik. Wenn ein Spiel erst einmal läuft, haben die Programmierer keine Chance mehr, darauf Einfluss zu nehmen. Durch die Interaktion der 22 Spieler und die Lernfähigkeit läuft jedes Spiel anders ab.

"Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der künstlichen Intelligenz, die Spieler sollen lernen, immer bessere Entscheidungen zu treffen", ergänzt Marcel Scheibmayer, der Informatik auf Diplom studiert. Dribbeln, passen, aufs Tor schießen? Den Ball finden, den Gegner blocken, den eigenen Mitspieler bedienen? Lauter Entscheidungen, die ständig getroffen werden müssen. "Am Anfang finden die Spieler den Ball nur durch Zufall. Sie merken sich, dass sie auf einem bestimmten Weg an den Ball gekommen sind, und lernen, dass beispielsweise ein bestimmter Winkel der ideale Winkel ist", erklärt Scheibmayer. "Das menschliche Gehirn kann viel leichter abstrahieren und die Wichtigkeit von Informationen einschätzen. Für den Computer sind erst einmal alle Informationen gleich wichtig", sagt der Wirtschaftsinformatiker Thomas Waldeyer. Deshalb, so Lammers, werde die komplexe Welt des Fußballs in viele kleine Ziele zerlegt. Um ein Spiel zu gewinnen, braucht es Tore und um die schießen zu können, brauchen die Spieler erst einmal den Ball.

"Auf der virtuellen Ebene ist die Spielintelligenz schon sehr weit", erzählt Lammers. "Das Ziel ist es, dass im Jahr 2050 Roboter den aktuellen Fußball-Weltmeister schlagen können. Davon sind wir in Münster noch weit entfernt, das Ganze ist ein langfristiges Projekt." Die derzeit entwickelte Mannschaft soll mit weiteren Studierendengruppen immer weiter optimiert werden. Und vielleicht wird Münster auch einmal Weltmeister im RoboCup – deutsche Unis haben das mit ihren Robotern schon häufiger als die deutsche Nationalmannschaft geschafft.  

 bn