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Zeitsprung im Internet

Historiker arbeiten Lebensgeschichte eines Holocaust-Opfers auf



Geschichte greifbar gemacht: die Studenten Jan Telgkamp und Sven Kleinert

Foto: Peter Sauer


Einmal Geschichte selbst recherchieren und medial aufbereiten, abseits typischer Seminare oder Vorlesungen – diesen Wunsch hegten zehn junge Geschichtsstudenten schon seit längerem. Jetzt ist er Wirklichkeit geworden. Vor gut einem Jahr arbeitete die Gruppe um Jan Telgkamp und Sven Keinert mit Zeitzeugen während einer Referatsübung zusammen. Über Kommilitonin Alexandra Hebbelmann lernten sie die heute 83-jährige Erna de Vries kennen. Deren Lebensgeschichte ermöglichte es ihnen, das an der Uni Erlernte "endlich einmal praxisnah umsetzen" zu können und so machten sie sich mit Feuereifer ans Werk – inklusive Zeitsprung.

An einem Morgen des Jahres 1943 wollte Erna de Vries einfach "nur noch einmal die Sonne sehen". Denn die damals 19-jährige deutsche Jüdin  sollte mit anderen Insassen des Todesblocks 25 in Auschwitz vergast werden. Doch dann das Wunder: In letzter Minute ruft ein SS-Aufseher ihre Nummer auf und sie wird wenig später per Sondertransport nach Ravensbrück gebracht – per Sonderanordnung für "Mischlinge". So überlebte de Vries den Holocaust. Ihre Mutter wurde jedoch in Auschwitz ermordet.

Nicht nur diese Geschichte hat die jungen Studenten sehr bewegt. Der 23-jährige Telgkamp umreißt das Ziel des Projektes daher so: "Damit Erna de Vries’ Schicksal und damit das der Millionen anderen Holocaust-Opfer nicht vergessen wird, möchten wir dazu beitragen, dass es möglichst vielen, vor allem jungen Menschen zugänglich gemacht wird." So installierten sie ein Internet-Portal, um die in mühsamer Kleinarbeit recherchierte Lebensgeschichte prägnant darstellen zu können. Derzeit bereiten sie einen 45-minütigen Dokumentationsfilm vor, den sie später ins Internet stellen werden. Dafür drehen sie auch in Auschwitz und Ravensbrück.

Außerdem erstellen die zehn Studenten eine umfangreiche DVD mit dem Film sowie didaktischem Material für Schulen und einem mehrstündigen Gespräch mit Erna de Vries. Auch wenn einige neben der Uni noch jobben und sich für das Filmprojekt schon mal "drei teilen" müssen, machen sie die Extraarbeit gerne. "Für Erna de Vries und auch", so Sven Keinert, "weil das Projekt uns später bei unserer Jobsuche als Türöffner dienen kann." Doch der Sprung über den Tellerrand der Uni  kostet Geld, das die Studierenden alleine aufbringen müssen. Deshalb suchen sie noch Sponsoren.  

  ps

    www.projektzeitlupe.de