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Glühwein statt Sake

Ausländische Gastwissenschaftler freuen sich auf die Weihnachtszeit in Münster



Trost für den Regen: Massimiliano Vitiello genießt mit seiner Frau Boryana die Vorweihnachtszeit.    Fotos (2): Peter Grewer


Überall duftet es nach Glühwein und die Schaufenster der Geschäfte sind festlich geschmückt, kurz gesagt, Weihnachten steht vor der Tür. All diese jährlich wiederkehrenden Rituale sind für uns nichts besonderes mehr, doch wie erleben wohl Gäste aus dem Ausland, die vielleicht zum ersten Mal in Deutschland sind, diese Zeit? Auch für die vielen Gastwissenschaftler der Universität Münster ist die Weihnachtszeit in Münster ein einzigartiges Erlebnis.

Dr. Massimiliano Vitiello ist seit Oktober 2004 als Humboldt-Stipendiat im Seminar für Alte Geschichte beschäftigt. Für den gebürtigen Römer ist es also schon das zweite Mal, dass er die Adventszeit in Münster verbringt. Mit der Gewöhnung an die deutsche Kultur und die damit verbundenen Traditionen hatte der 34-Jährige allerdings keine großen Schwierigkeiten. "Ich war vor einigen Jahren, während ich meine Doktorarbeit schrieb, in Köln und Bonn, daher kannte ich das Leben hier in Deutschland schon", erklärt Vitiello. Schwieriger erwies sich jedoch die Umstellung auf das hiesige Klima. "Ich bin so viel Regen einfach nicht gewöhnt", bedauert Vitiello die münsterschen Witterungsverhältnisse. Von der Universität in Münster und den umfangreichen Bibliotheken ist der Italiener jedoch beeindruckt. Münster ist seiner Meinung nach der "ideale Platz für Forschungen".

Die Feiertage verbringt mit seiner bulgarischen Frau Boryana bei Vitiellos Familie in Italien. Unstimmigkeiten darüber, in welchem Heimatland das Paar Weihnachten verbringt gibt es nicht. "Über Weihnachten fahren wir immer nach Italien und im Frühjahr, meistens zu Ostern, besuchen wir dann meine Familie in Bulgarien", erklärt die 23-Jährige.

Laut Vitiello sind die Unterschiede zwischen dem Weihnachtsfest in Italien und dem in Deutschland nicht sehr groß. Nur die Traditionen des Weihnachtsmarktes und des Glühweintrinkens sind für den Italiener Besonderheiten, die er aus seiner Heimat noch nicht kannte. Das Weihnachtsfest selbst feiert man auch in Italien ganz traditionell, zusammen mit der Familie.

Vom ruhigen Weihnachten positiv überrascht



Trotz Sprachproblemen gut eingelebt hat sich Familie Mori mit Tochter Toko und dem Sohn Kaoru aus Japan.


Die Umstellung auf eine andere Kultur erweist sich häufig als nicht ganz so schwierig, wenn diese der eigenen Kultur nicht allzu fremd ist. Viele Gastwissenschaftler der Universität kommen jedoch aus weiter entfernten Kulturkreisen, weshalb sich die Eingewöhnungszeit häufig verlängert. Der Chemiker Dr. Tadashi Mori und seine Frau Tomoko kommen aus Osaka in Japan und leben seit knapp zwei Monaten zusammen mit ihren sechs und drei Jahre alten Kindern Toko und Kaoru in Münster. Während Dr. Mori mit einem Humboldt-Stipendium als Gastwissenschaftler am Institut für Organische Chemie tätig ist, promoviert seine Frau zur Zeit auf dem Gebiet "Deutsch als Fremdsprache". Für Tadashi Mori erwies sich das Problem der Verständigung als größte Hürde bei der Eingewöhnung. Im Gegensatz zu seiner Frau, die aufgrund ihres Studiums sehr gut deutsch spricht, kann sich der Japaner nur auf Englisch verständigen.

Auch in anderen Bereichen war die Umstellung auf die deutschen Verhältnisse nicht immer leicht. "Wir mussten uns zuerst daran gewöhnen, dass hier die Geschäfte nicht 24 Stunden lang geöffnet haben wie bei uns in Japan", berichtet der 35-Jährige von den anfänglichen Schwierigkeiten. Mittlerweile hat sich die vierköpfige Familie aber recht gut in Münster eingelebt und genießt die Vorweihnachtszeit. "Im Kindergarten gibt es so viele Weihnachtsveranstaltungen, dort haben wir schon gelernt, einen Adventskranz zu basteln und ein Knusperhäuschen zu bauen", sagt Tomoko Mori begeistert. Die Feiertage wollen die Moris in Münster verbringen und Weihnachten nach deutscher Tradition feiern, die sie der japanischen vorziehen. Obwohl die Japaner zum größten Teil Buddhisten oder Schintoisten sind, hat sich auch dort das Weihnachtsfest etabliert. Man feiert es jedoch eher auf die amerikanische Weise, mit der Vorstellung von Santa Claus, der die Geschenke verteilt. "In Japan ist Weihnachten einfach zu kommerziell und zu hektisch, wir genießen die Stille hier", berichtet die junge Frau. Während man in Japan die Weihnachtstage eher mit Freunden verbringt, wird das Neujahrsfest, das in Japan ebenfalls eine sehr große Bedeutung hat, zusammen mit der Familie gefeiert. Zwar werden die Moris ihre Familie und Freunde zu Weihnachten vermissen, doch freuen sie sich auch darauf, hier die Feiertage zu verbringen.

Gefeiert wird nicht nur wegen der Geschenke

Sowohl Massimiliano Vitiello als auch Tadashi Mori bereuen es nicht, die Entscheidung getroffen zu haben, in Deutschland zu leben. Beide loben ihre Kollegen, die sie mit großer Freundlichkeit aufgenommen haben und ihnen somit die Eingewöhnung nicht allzu schwer werden ließen. Während Massimiliano Vitiello und seine Frau vermutlich noch bis zum Oktober 2006 in Münster bleiben, wird die Familie Mori Deutschland schon in einigen Monaten wieder verlassen – um viele Eindrücke reicher. Besonders freut sich Tomoko Mori, dass ihre Kinder hier in Deutschland gelernt haben, dass "Weihnachten auch eine Bedeutung hat und nicht nur der Geschenke wegen gefeiert wird".

Julia Wesian