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Beschluss des Senats zum Gesetz der Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen

I.

Der Senat hat sich auf seiner Sitzung am 19.6.2002 für die Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums ausgesprochen und die soziale Ausgewogenheit von Gebühren für Weiterbildungsstudiengänge und das "Studium im Alter" betont.

Der Referentenentwurf in der vorliegenden Fassung gibt keinen Anlass, von diesem Beschluss abzurücken. Dafür gibt es folgende Gründe:

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar mit seiner Urteilsverkündung zur Verfassungsmäßigkeit des 6. Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes am 26. Januar 2005 die Möglichkeit eröffnet, Studiengebühren zu erheben.


Die Kultusministerkonferenz der Länder hat sich in einem Beschluss vom 10. März 2005 auf folgendes Vorgehen nach dem Urteil des BVG geeinigt:


a) Im Falle der Einführung von Studiengebühren in einzelnen Ländern haben die Länder insgesamt in sozialstaatlicher Verantwortung zu gewährleisten, dass

- gleiche Bildungschancen gewahrt,

- Mobilitätshindernisse vermieden

- und die Belange einkommensschwacher Bevölkerungsschichten berücksichtigt werden.


b) Eine studienplatzbezogene staatliche Finanzierung für Hochschulen ist weiterhin zu sichern und damit Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb der Hochschulen zwischen den Ländern zu erhalten.


Dazu soll eine länderoffene Ministerarbeitsgruppe, der je vier Minister/

innen der A- und der B-Länder angehören, eingerichtet werden, die dem 310. Plenum am 02./03. Juni 2005 berichten sollte.


Nach unserem Informationsstand ist dies nicht geschehen. Wir stellen fest, dass es damit bis heute keine Einigung auf der Ebene der Kultusminister der Länder gibt, wie sie ihrer sozialstaatlichen Verantwortung gerecht werden wollen.


Damit sieht sich der Senat der WWU nicht in der Lage, ein abschließendes Urteil zum vorliegenden Referentenentwurf zu geben. Im Gegenteil, wir stellen fest, dass er geeignet ist, sogar innerhalb von NRW, die Gleichheit der Bildungschancen zu verringern, neue Mobilitätshindernisse zu provozieren und einen fairen Wettbewerb zwischen den Hochschulen im Lande zu verhindern.


Der Senat der WWU fordert die Landesregierung auf, vor der weiteren Diskussion des Referentenentwurfs dafür Sorge zu tragen, dass alle Länder in sozialstaatlicher Verantwortung zu einer länderübergreifenden Abstimmung der Gesetzesvorlagen zu Studiengebühren kommen.


II.

Unabhängig davon weist der vorliegende Entwurf nach Auffassung des Senats schwerwiegende Mängel auf:


1. Ungeachtet unterschiedlicher Auffassungen seiner Mitglieder zur Erhebung von Studienbeiträgen ist der Senat der Auffassung, dass die in der Begründung des Entwurfs zum Ausdruck gebrachte Einschätzung der Gründe für bestehende Defizite in der Lehre und der Wirkungsweise finanzieller Beiträge der Studierenden verfehlt ist; das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden wird als marktförmige Anbieter-Nachfrager-Beziehung nicht angemessen beschrieben und eine Weiterentwicklung in Richtung auf ein solches Modell verspricht keinen Erfolg.

2. Die Unterstellungen im Rahmentext im Blick auf die Lehrleistungen der Professorenschaft sind nicht belegt und haben angesichts der Tatsache, dass nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft NRW im Jahr 2002 das Land mit der höchsten Quote Student pro Professorenstelle (Bundesdurchschnitt 17,7; NRW 28,5; Bayern und Baden-Württemberg 13,3) war, geradezu beleidigenden Charakter. In diesem Text wird unterschlagen, dass sich durch die jahrzehntelange Unterfinanzierung der Universitäten des Landes die Studienbedingungen ständig verschlechtert haben.


3. Der Entwurf ist von einer gesetzgeberischen Regelungswut geprägt, die einen hohen bürokratischen Aufwand beim Land und bei den Hochschulen erzeugt, deren Chancen, neue Lösungen zu erproben, verkürzt und ihre Spielräume unverhältnismäßig einschränkt. Das Gesetz sollte sich auf eine möglichst knapp gefasste gesetzliche Ermächtigung zur Erhebung der Studienbeiträge und der Verarbeitung der anfallenden Daten, die Festlegung der Höchstbelastung von 500 Euro/ Semester, die klare Beschreibung der Ausnahmeregelungen insbesondere für Studierende mit Beeinträchtigungen, für die Anrechnung von Erziehungszeiten, für Studierende aus dem Ausland und die Verpflichtung der Hochschule beschränken, eine soziale Auslese der Studierenden zu verhindern.


4. Auch wegen der klaren und einfach zu handhabenden Abgrenzung fordert der Senat den Gesetzgeber auf, entsprechend der vom Ministerpräsident im Wahlkampf geäußerten Absicht BAFöG-Bezieher generell vom Studienbeitrag freizustellen. Den Hochschulen wird es dann gelingen, in eigener Verantwortung und im Zusammenwirken mit Banken usw. sicherzustellen, dass soziale Härten im Übrigen vermieden werden.


5. Eine Finanzierung des Ausfallfonds mittels der eingezahlten Beiträge von Studierenden ist nicht zu akzeptieren. Wir fordern stattdessen eine Landesbürgschaft. Nach den Berechnungen des DSW kann sich die Schuldenlast von Studierenden mehr als verdoppeln. Wir fordern Lösungen zur Eindämmung der Schuldenlast, die dem BAFöG- Modell entsprechen. Nur auf diesem Weg sind Studierende bei den anstehenden Verhandlungen mit einer Bank vor unsachlichen Befragungen und Beratungen zu schützen. Dies betrifft vor allem Fächer, die mit einkommensschwachen Berufsbildern verbunden sind.


6. Die Regelung des § 11 über die Sicherung der Qualität der Lehrorganisation ist zu streichen. Es bestehen nach geltendem Recht klare Verantwortlichkeiten für die Lehre. Zusätzliche Gremien erzeugen zusätzlichen Aufwand und verunklaren die bestehenden Verantwortlichkeiten. § 10 ist überflüssig und deshalb zu streichen. An der Universität Münster werden seit Jahren entsprechende Preise vergeben.


7. Schon weil entsprechende Erfahrungen bisher völlig fehlen und die Verhältnisse an den Hochschulen des Landes sehr unterschiedlich sind, kann es auch in einem sorgfältigen Gesetzgebungsverfahren nicht gelingen, alle auftauchenden Fragen sachgerecht zu regeln. Der vorliegende Entwurf gestattet es etwa nicht, eine Befreiung wegen einer Schwangerschaft zu gewähren oder exzellente Studenten ganz freizustellen. Der Gesetzgeber sollte auf eine umfassende Regelung verzichten und diese dem Satzungsrecht der Hochschulen überlassen. Eine solche Lösung wird auch der verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung der Hochschulen gerecht.