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Mit Schal und Mütze zurück nach Israel

Physik-Studentinnen aus Israel zu Gast an der WWU


Antwort auf alle Fragen bekam Victoria Mazo in der Arbeitsgruppe von Prof. Gernot Münster

Foto: cb

"Was mir in Münster am allermeisten fehlt, ist Sonne und Wärme", sagt die 26-jährige Tanya Karakouz aus Rehovot, südlich von Tel Aviv, und zieht sich ihre Mütze über die kalten Ohren. Ähnlich geht's Victoria Mazo, die an der Universität von Tel Aviv Physik studiert und gerade einen sechsstündigen Stadtrundgang hinter sich hat: Die 22-Jährige kennt nun den Dom, die Lambertikirche und die Einkaufsstraßen, am besten gefällt ihr allerdings der Prinzipalmarkt. "Besonders wenn es dunkel ist und die Geschäfte beleuchtet sind, sieht der Prinzipalmarkt wunderschön aus."

Die beiden jungen Frauen fühlen sich wohl in Münster, am Fachbereich Physik wurden sie mit offenen Armen empfangen. Prof. Gernot Münster vom Institut für theoretische Physik ist einer von zwei Dozenten, die die israelischen Studentinnen betreuen: "Tanya Karakouz und Victoria Mazo sind im Rahmen eines Stipendienprogramms in Münster, das zwischen Israel und den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen aufgebaut wird." Damit gehören die beiden zu den ersten Stipendiatinnen, die Deutschland besuchen. Zehn Plätze stehen für Kurzzeit-Stipendien zur Verfügung, sowohl Victoria Mazo als auch Tanya Karakouz beschäftigen sich während ihres Aufenthalts in Münster mit Modellrechnungen und Archivstudien. Die können sie später für ihre Masterabschlüsse in Israel verwenden. "Dass wir voneinander lernen, ist ein entscheidender Punkt", sagt Professor Harald Fuchs vom Physikalischen Institut. Insgesamt gebe es bei der Zusammenarbeit zwischen den israelischen Studentinnen und den deutschen Kommilitonen viele Berührungspunkte. "Im Bereich der Plasmen-Spektroskophie ist Tanya Karakouz Spezialistin, von ihrem Wissen partizipieren wir enorm. Dafür sind wir bei der Raster-Kraft-Mikroskopie absolute spitze. So wird unser Spezialwissen nach Israel getragen." Natürlich gibt es neben der Arbeit an der Universität viele andere Bereiche, in denen sich das Wissen der beiden israelischen Studentinnen und der deutschen Seminarteilnehmer vermischt.

Victoria Mazo hat einen freizeit-tauglichen Weg gefunden, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Sie wurde in Kiew geboren, mit 17 kam sie nach Israel, die Studentin spricht fünf Sprachen. "Hebräisch musste ich richtig pauken. Aber wenn man muss, lernt man sogar schneller." Entsprechend pragmatisch geht sie in den Lehrveranstaltungen an der WWU vor und plappert munter drauf los. "Meine Kommilitonen helfen mir, wo sie können. Es wurde extra eine Arbeitsgemeinschaft für mich eingerichtet. Dort bekomme ich Antworten auf alle Fragen." Mit Münster war Victoria Mazo außerdem in Hamburg bei einer Tagung am Forschungszentrum DESY, wo sie Vorträge hörte und mit mehreren Physikern diskutierte: "Das ist für uns Dozenten wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe innerhalb dieses Programms: Dass wir den ausländischen Studierenden möglichst viel von unseren Forschungsarbeiten zeigen und ihnen einen Einblick in die deutsche Wissenschafts-Landschaft geben." Victoria Mazo ist von dieser Einstellung begeistert: "Hat mir sehr gut gefallen in Hamburg, es war sogar noch ein bisschen Zeit, um durch die City zu streifen." Und nebenbei nimmt die unternehmungslustige Studentin jede Party mit, die auf dem Programm steht. "So kann ich meine Sprachkenntnisse schließlich auch verbessern!" Tanya Karakouz verbessert derzeit vor allem ihr Englisch. "Meine Arbeitsgruppen bestehen zum größten Teil aus chinesischen und japanischen Kollegen. Der Einfachheit halber sprechen wir englisch." Das macht aber nichts, findet die Studentin, die am Weizmann-Institut in Rehovot durchweg in kleineren Gruppen arbeitet. "Letztlich hat die Größe der Arbeitsgemeinschaft keine Auswirkungen auf die Ergebnisse. Referate und Diskussionen bereiten wir in Israel ganz ähnlich wie in Deutschland in Gruppen vor."


Fruchtbarer Wissenstausch: Vom Wissen von Gastdozentin Tanya Karakouz profitierte auch Prof. Harald Fuchs

Foto: pg

Wohin geht’s nach Münster? Diese Frage stellt sich Tanya Karakouz, wenn es um ihre berufliche Zukunft geht. Noch ist nicht ganz klar, ob sie am Weizmann-Institut bleibt, um zu promovieren oder ob sie einen Job in der Industrie findet. "Mehr Geld gibt es natürlich in der Industrie, das ist bei uns genauso wie in Deutschland. Aber die Stellen sind rar." Bis sie diese Entscheidung fällen muss, genießt Tanya das Studentenleben, das ihrer Meinung nach sowohl in Israel als auch in Deutschland viele Vorteile hat. Allerdings müssen israelische Studenten jährlich etwa 2000 Dollar Studiengebühren bezahlen. "Wer kein Stipendium hat, zieht sein Studium zügig durch", sagt Tanya. Zum Glück hat es bei ihr mit der staatlichen Förderung geklappt, der Aufenthalt in Deutschland ist für sie das Tüpfelchen auf dem i. "Nie wieder wird man so viele verschiedene Menschen kennen lernen wie in der Studentenzeit." Das genießt sie auch in Münster in vollen Zügen. "Ich habe Silvester mit einer bunt gemischten Gruppe ausländischer und deutscher Studierender gefeiert. Ein riesiger Spaß!" Die Wochenenden hat die Studentin für Ausflüge genutzt, so war sie unter anderem in Köln: "Vor allem der Dom hat mich beeindruckt."

Tanya nimmt jede Menge Eindrücke mit nach Hause. Und dass es in Münster kälter ist als in Rehovot, spielt am Ende keine Rolle mehr. "Schal und Mütze sind meine ständigen Begleiter geworden. Vielleicht werde ich diese Accessoires in Israel sogar vermissen."

cb