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Fachbereiche bereiten neue Studiengänge vor

Modularisierte Veranstaltungen schon weit gehend realisiert




Überfüllte Vorlesungen und Seminare könnten bald der Vergangenheit angehören.

Foto: Natali Metzger

In der vergangenen Ausgabe haben wir über die flächendeckende Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen in der Lehramtsausbildung im kommenden Sommersemester und die weit gehende Umstellung von Diplom- und Magisterstudiengängen berichtet. Zu Wort kamen vor allem die zentralen Verantwortlichen aus Rektorat und dem Fach Erziehungswissenschaft. In dieser Ausgabe stellen wir exemplarisch die Sicht einzelner Fachbereiche und die von Studierenden vor.

So unterschiedlich wie die Fächer, von der Theologie bis zu den Geowissenschaften, so unterschiedlich sind auch die Erwartungen und Befürchtungen, die sich mit den neuen Abschlüssen verbinden. „Das Diplom hat eine gute und solide Ausbildung garantiert, die wir ohne Not aufgeben“, meint Prof. Thomas Bremer, Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät. Die ist wie die Evangelische Fakultät in einer ganz besonderen Situation, denn Studiengänge und Abschlüsse müssen jeweils nicht nur zwischen Hochschule und Wissenschaftsministerium, sondern zusätzlich auch mit den Kirchen abgestimmt werden. Da der Heilige Stuhl als staatliche Institution dem Bologna-Prozess beigetreten ist, arbeitet die deutsche Bischofskonferenz allerdings bereits intensiv an der Umstellung nicht nur der Lehramtsstudiengänge, sondern auch der Priester-Ausbildung. „Wir verweigern uns nicht bei diesem Prozess, aber wir halten ihn nicht unbedingt für richtig“, sagt Bremer klar.


Intensive Betreuung in kleinen Gruppen soll einer der Vorteile der neuen Bachelor-Studiengänge sein. Das zwingt zur Konzentration der Kapazitäten.

Foto: Natali Metzger

Seit gut zwei Jahren bereitet sich die Fakultät, von deren rund 2700 Studierenden 2200 auf Lehramt studieren, auf das modulare System vor. „Das geschieht immer in Abstimmung mit den Studierenden“, betont Prof. Klaus Müller, zuständig für die Lehrorganisation. Vor einem Jahr wurden die ersten Probemodule angeboten, im kommenden Sommer wird das komplette Lehrangebot auf Module umgestellt sein – eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Einführung von Bachelor-Studiengängen. „Vierstündige Lehrveranstaltungen, die jeweils von zwei Dozenten aus verschiedenen Teilgebieten angeboten werden, erlauben es besser als früher, den Zusammenhang zwischen den Fächern herzustellen“, betont Müller die Vorteile des neuen Systems. Bereits jetzt bietet die Fakultät Elemente der künftig verbindlichen „Allgemeinen Studien“ an, beispielsweise Kurse zu Gesprächsführung. „Die werden wir auch für andere Fakultäten öffnen und dafür im Gegenzug Leistungen beispielsweise von den Juristen oder den Psychologen in Anspruch nehmen.“

Nicht nur die Organisation, auch die Inhalte werden sich ändern müssen. „Das ist eine fundamentale Reform, nur zu vergleichen mit der Humboldt’schen Bildungsreform“, verdeutlicht Müller die Mammutaufgabe. „Auch die Fächerkultur muss auf den Prüfstand, denn die Voraussetzungen sind ganz anders als sie noch vor 20 Jahren gewesen sind.“

Die grundlegende Reform ist bei den Wirtschaftswissenschaftlern noch nicht so recht angekommen. Zwar bieten sie bereits seit fünf Jahren im Rahmen eines Modellversuchs die Möglichkeit, die internationalen Abschlüsse Bachelor und Master zu erwerben, doch nehmen nur einige Studierende die Möglichkeit in Anspruch, sich diese auch bescheinigen zu lassen. „Nur wenige wollen tatsächlich einen Master-Abschluss machen, die meisten vertrauen noch auf das Diplom“, berichtet Dekan Prof. Gottfried Vossen. Die Studierenden erwerben bisher nach drei Semestern das Vordiplom, nach weiteren drei Semestern den Bachelor-Abschluss und können sich nach weiteren drei Semestern zwischen einer Diplom- oder Master-Prüfung entscheiden – bisher sind die Studiengänge allerdings noch nicht modularisiert. „Wir haben Ende der 90er Jahre die Wahlmöglichkeit eingeführt, weil absehbar war, dass Bachelor- und Master-Studiengänge kommen würden. Leider ist unsere Hoffnung auf Akzeptanz nicht in vollem Umfang erfüllt worden“, bedauert Vossen. Denn gerade in der Wirtschaftsinformatik habe es in Zeiten des dot-com-Booms viele Studienabbrecher gegeben, die mit dem Bachelor einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss hätten erwerben können.

Trotzdem hält Vossen an dem Bachelor-Master-Modell fest: „Ich halte es schon für attraktiv und die Akzeptanz des Bachelors auf dem Arbeitsmarkt beginnt sich zu wandeln.“ Probleme sieht Vossen vor allem in der nach außen erkennbaren Abgrenzung der universitären Abschlüsse gegenüber Fachhochschulen und Berufsakademien. Schwierig sei es auch für die Fachbereiche, auf die Anforderungen und Wünsche aus dem Ministerium zu reagieren: „Da gibt es noch sehr viele Unsicherheiten, die das Leben nicht unbedingt erleichtern.“ Trotzdem wolle man auf jeden Fall beim ersten Schwung jener Bachelor-Studiengänge, die akkreditiert werden, mit dabei sein.

Ein Institut der Wirtschaftswissenschaftler hat sein Lehrangebot bereits vollständig auf Bachelor und Master umgestellt: Das Institut für Ökonomische Bildung bietet seit diesem Wintersemester gemeinsam mit dem Institut für Politikwissenschaft den Bachelor-Studiengang „Politik und Wirtschaft“ an, interessant für ehemalige Magister- beziehungsweise Lehramtsstudierende. Rund 30 haben sich für das Angebot eingeschrieben.

Während die Lehramtskandidaten eher zu den Exoten an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zählen, sind es im Fachbereich Philologie mehr als die Hälfte aller Studierenden. Hohe Abbrecherquoten sind auch hier ein Thema, allerdings eher bei den akademischen Abschlüssen als bei den Lehramtskandidaten, berichtet Dekan Prof. Jürgen Hein. „Wir hoffen, dass durch die neuen Abschlüsse die Zahl der Abbrecher deutlich zurückgehen wird“, sagt der Germanist. „Besonders hilfreich ist dabei sicherlich die Möglichkeit, sich erst nach dem Bachelor für den Lehramts-Master oder einen akademischen Master zu entscheiden.“ Auch die größere Kontrolle von Beginn des Studiums an begrüßt der Dekan.

Der Fachbereich ist geprägt von sehr unterschiedlichen Fächern. Die großen Philologien wie Germanistik, Anglistik oder Romanistik haben es leichter, eigene Bachelor-Studiengänge anzubieten als die kleinen wie beispielsweise Altorientalistik oder Nordistik. „Die kleineren Fächer werden sich zusammenschließen müssen, um einen gemeinsamen Studiengang anzubieten“, stellt sich Prodekan Prof. Hans Neumann vor. Konzipiert ist bereits ein Bachelor zur islamisch-arabischen Kultur, während sich beispielsweise ein Bachelor zu den antiken Kulturen Ägyptens und Vorderasiens noch in Planung befindet. Auch fachbereichsübergreifend sind Kontakte für gemeinsame Studiengänge geknüpft, vor allem zum Fachbereich Geschichte/Philosophie. Jene Fächer, die Lehrer ausbilden, seien bereits sehr weit in der Strukturierung der neuen Studiengänge: „Die Studienordnungen sind fertig, jetzt müssen sie noch mit Inhalten gefüllt werden“, erläutert Hein. Und das bedeutet wie in allen anderen Fächern, nicht nur die alten Anforderungen in ein neues Prüfungssystem zu gießen, sondern teilweise gänzlich neue Angebote zu schaffen. So sei es zwar zum einen notwendig, dass die Fächer enger zusammenrückten, zum anderen müsse aber die Identität des einzelnen Faches gewährleistet bleiben. „Sicher aber gibt es Angebote, die für alle Philologien zentral angeboten werden können“, so Hein. Fächerübergreifende linguistische und literaturwissenschaftliche Elemente sollen von einer Kommission bestimmt werden, um so Ressourcen für die Vermittlung fachspezifischer Kompetenzen zu schaffen.

Eine inhaltliche Neuorientierung für die Philologien bieten die bereits akkreditierten BA/MA-Studiengänge „Language, Text and Information“, die die Anglistik zusammen mit der Informatik anbietet. Computerlinguistische Inhalte und Methoden werden hier mit geisteswissenschaftlichen Themen verbunden. Die Studiengänge erlauben eine Schwerpunktsetzung mit internationalen, interessanten Berufsperspektiven.

Skeptisch wie fast alle Kollegen sehen die beiden die Berufschancen vor allem der künftigen Bachelors. „In den kleinen Fächern hat ein Bachelor-Abschluss in Deutschland absolut keine Tradition. Ich denke, die in Frage kommenden Kultureinrichtungen werden auch weiterhin mindestens einen Absolventen mit Master-Abschluss haben wollen“, prognostiziert Neumann. Hein ist ein wenig zuversichtlicher: „In den vergangenen Jahren haben wir bereits versucht, die Schnittstelle zwischen Studium und Beruf zu vergrößern. Das ist zukünftig integraler Bestandteil des Studiums.“

Bereits seit drei Jahren bietet der Fachbereich Geowissenschaften den Bachelor-Studiengang „Geowissenschaften“ an, im Oktober konnten die ersten Absolventen entlassen werden. „Dadurch sind wir bei der Umstellung der anderen Studiengänge auch schon sehr weit“, betont Studiendekanin Prof. Ulrike Grabski-Kieron. In der Konzeptionierung am weitesten fortgeschritten ist die Geoinformatik, auch Landschaftsökologie und Geographie sind dabei, konkrete Konzepte zu entwickeln. Das ist notwendig, denn alle drei Institute beteiligen sich an der Lehramtsausbildung. Ziel sei es, insgesamt alle Studiengänge des Fachbereichs sukzessive innerhalb der nächsten zwei Jahre umzustellen.

Ein Vorteil der neuen Abschlüsse sei sicherlich, dass den Studierenden die Orientierung deutlich erleichtert werde. Andererseits, befürchtet Grabski-Kieron, werde in den ersten Semestern die Betreuungsintensität deutlich zurückgehen: „Wir werden die Leute nicht mehr so bei der Hand nehmen können wie bisher“.

Die Lehrer werden einmal gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wie es mit den akademischen Mastern aussieht, kann die Geographin jetzt noch nicht einschätzen. „Der Arbeitsmarkt wird sich sicherlich erst mit zeitlicher Verzögerung darauf einstellen.“ Die Studierenden, die in diesem Jahr ihren Bachelor Geowissenschaften erworben haben, haben sich auf jeden Fall alle dazu entschlossen, bis zum Master weiter zu studieren ...

bn