Weichen gestellt für die Selbstfinanzierung

Gesetz für Studentenwerk gibt größere Freiräume

 Bald nur noch halbe Portionen? Die Auswirkungen der Novellierung des Studentenwerksgesetzes werden auch die Studierenden zu spüren bekommen.

Foto: Brigitte Nussbaum


Rund 550 Mitarbeiter kümmern sich beim Studentenwerk Münster um die etwa 50000 Studierenden in Münster und Steinfurt. Auf sie werden bald einige Veränderungen zukommen, denn Ende Juli ist ein neues Studentenwerksgesetz (StWG) in Kraft getreten, dessen Ziel es ist, Eigenverantwortung und wirtschaftliche Handlungsfähigkeit weiter zu stärken. Zu erwarten ist aber auch, dass die Zuschüsse des Landes mittel- bis langfristig deutlich eingeschränkt werden. Bisher finanziert sich das Studentenwerk durch Einnahmen aus Mieten, den Verpflegungseinrichtungen und sonstigen Erlösen, durch die rund 65 Prozent des Etats in Höhe von insgesamt 33 Millionen Euro erwirtschaftet werden, aus den Sozialbeiträgen der Studierenden, die ungefähr 13,5 Prozent ausmachen, dem Zuschuss des Wissenschaftsministeriums mit etwas mehr als 13,2 Prozent des Etats und der Kostenerstattung für das BAföG-Amt in Höhe von 6,1 Prozent.

Eine Zusammensetzung, die bald anders aussehen könnte. Im Wesentlichen gibt es durch die Gesetzesnovelle drei Änderungen: Die Studentenwerke können sich an privatrechtlich organisierten Unternehmen beteiligen und selbst Unternehmen gründen. Außerdem können sie eigenständig Tarifverträge abschließen, die ihren besonderen wirtschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Als dritte Änderung werden die bisherigen Aufsichts- und Kontrollorgane Verwaltungsrat und Verwaltungsausschuss zu einem Verwaltungsrat mit sieben Mitgliedern zusammengefasst.

Peter Haßmann, Geschäftsführer des Studentenwerks Münster und Gisbert Schmitz, Leiter Marketing und PR, begrüßen das Gesetz prinzipiell, da es zumindest die Option eröffnet, alternative Geschäftsmodelle mit vielleicht mehr Planungssicherheit offensiver und perspektivisch konsequenter anzugehen: „In den mehr als 80 Jahren seit Gründung des Studentenwerks als studentische Selbsthilfeorganisation haben wir uns zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen weiterentwickelt und müssen hinsichtlich unserer Leistungsfähigkeit und unserer Produktivität sicher keinen Vergleich mit privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen scheuen“, sagt Haßmann. „Was wir in Münster überdies zum Beispiel mit der Errichtung von zwei Ladenzeilen in den Mensen, dem Café Uferlos oder dem agora-Hotel und -Tagungszentrum schon erfolgreich umgesetzt haben, dient nur dem Zweck, das wir unserem Sozialauftrag für die Studierenden – soweit es in unserer Macht steht – unter sich weiter verändernden Rahmenbedingungen gerecht werden können“, betont er. „Was die Intensität derartiger Bemühungen betrifft, nimmt das Studentenwerk Münster seit Jahren im Land wohl eine Vorreiterrolle ein. Wir sind gut aufgestellt“, ist Haßmann zuversichtlich.

Das Gesetz gibt den Studentenwerken mehr Freiraum für wirtschaftliche Aktivitäten. Sind damit die Weichen in Richtung Selbstfinanzierung gestellt? Müssen die Studentenwerke in (naher) Zukunft etwa auf die Mittel des Landes verzichten? Haßmann prognostiziert: „Das Land wird sich mittelfristig weiter aus der Finanzierung zurückziehen. Ab 2006 fallen die Zuschüsse wohl wesentlich geringer aus und die fehlenden Finanzmittel müssen dann aus anderen Quellen erwirtschaftet werden. Die Studierenden werden diesen Prozess wohl mittragen müssen.“ Zur Zeit zahlen sie in Münster rund 50 Euro Sozialbeitrag, im landesweiten Vergleich bewege man sich damit derzeit im Mittelfeld, doch eine entstehende Finanzierungslücke müsse dann unter Umständen auch durch höhere Sozialbeiträge aufgefangen werden, so Haßmann.

Oder ermöglicht das Gesetz etwa Einsparungen bei Löhnen und Gehältern? Die Studentenwerke können in Zukunft eigene Tarifverträge abschließen. Das heißt allerdings nicht, dass sie ohne weiteres unter dem Bundesangestellten-Tarifvertrag bezahlen können. „Die Tarifgemeinschaft der Studentenwerke, zu der auch wir gehören, hat die Legitimation, mit Gewerkschaften zu verhandeln. Zwar ist der BAT mit dem neuen Gesetz für uns nicht mehr zwingend, aber wir brauchen die Zustimmung der jeweiligen Gewerkschaft“, meint Haßmann.

Dem Studentenwerk steht ein Kraftakt bevor: „Es werden weitere Anstrengungen notwendig sein, die Finanzierung unserer Arbeit für die Studierenden durch eine kostenbewusste und umsatzorientierte Unternehmenspolitik möglichst preisstabil zu erbringen“, resümiert der Geschäftsführer. „Für den Erhalt eines politisch gewollten Sozialauftrags für Studierende wäre ein Modell, nach dem wir unsere Leistungen ganz ohne Landesmittel finanzieren müssten, undenkbar“, ergänzt Schmitz. Bleibt abzuwarten, ob ein Menü in der Mensa bald nicht mehr unter drei Euro angeboten wird.
Petra Landwehr