Die Kunst des Dialogs

Kanzler Dr. Klaus Anderbrügge geht Ende Juli in den Ruhestand
[Anderbrügge]
Kanzler Dr. Klaus Anderbrügge
Foto: Peter Grewer   

"Ich habe zu Beginn meines Berufslebens zwar nicht geahnt, was auf mich als Kanzler einer Universität zukommen würde, aber im Nachhinein betrachtet habe ich meinen Traumberuf gefunden." Trotzdem freut sich Dr. Klaus Anderbrügge auf seinen Ruhestand. Anfang August übergibt er das Amt des Kanzlers und damit des obersten Verwaltungschefs der Universität, das er selbst seit 1995 in Münster innehatte, an seine Nachfolgerin Dr. Bettina Böhm. Offiziell verabschiedet wird er zu Beginn des Wintersemesters.

Am meisten vermissen, so sagt er, wird er den täglichen Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung. Die Kanzlerkollegen trifft er weiterhin, denn Anderbrügge wird auch in Zukunft ehrenamtlich die Weiterbildung der Hochschul-Verwaltungschefs organisieren. Auch im Akkreditierungsausschuss des Wissenschaftsrates engagiert er sich noch eine Weile, ebenso wie für sein Lieblingskind, den Verein zur Förderung einer Musikhalle in Münster. Und auch im 1. FC Samstag, seiner Fußballmannschaft, die sich seit über 40 Jahren am frühen Samstagmorgen zum ambitionierten Kicken trifft, wird er einigen seiner Dezernenten weiter begegnen. "Was die Dienstgeschäfte angeht, werde ich aber einen ganz klaren Schlussstrich ziehen", ist Anderbrügge sicher.

Seine Nachfolgerin, bisher Dezernentin für Akademische und studentische Angelegenheiten an der Uni Dortmund, ist bereits seit Monaten auf vielfältige Weise in die Arbeit in Münster einbezogen worden. "Wir haben sehr fruchtbare Gespräche geführt", so der 65-Jährige. "Ich hatte sie zwar in Dortmund als damaliger Kanzler noch eingestellt, aber bisher nur auf Tagungen kennen gelernt. Nun habe ich bestätigt gefunden, was ich mir gewünscht habe", lobt er bei Böhm vor allem die "hohe Aufgeschlossenheit und hohe Flexibilität bei einer klaren eigenen Position".

Anderbrügge weiß seine Uni in guten Händen und dennoch macht er sich Sorgen um die Zukunft: "Wir werden in den nächsten Jahren durch ein Tal der Tränen gehen, was die finanziellen Rahmenbedingungen angeht." Die Kürzungen von staatlicher Seite, insbesondere im Personalhaushalt, lassen sich nach Ansicht des Kanzlers nicht annähernd durch Mittel von dritter Seite auffangen. Eine solide finanzielle Grundausstattung sei bei allem Bemühen um die Akquirierung von Geldern Dritter unabdingbar.

Anderbrügge hofft darauf, dass sich die Universität Münster in zehn Jahren nicht grundsätzlich anders als heute präsentieren wird: "Die anregende Vielfalt der Fächer und Disziplinen muss erhalten bleiben." In allen Bereichen gute Lehre, in bestimmten Gebieten exzellente Forschung der internationalen Spitzenklasse, so wünscht er sich seine Uni.

Dabei hilfreich scheinen Anderbrügge die vorgesehenen Änderungen im Hochschulrecht. "Bislang wurden viele Entscheidungen, die die Uni auch selbst - und möglicherweise besser - hätte treffen können, von der Politik und dem Ministerium getroffen. Das wird sich nun glücklicherweise ändern." Doch er warnt auch: "Mit zusätzlichen Kompetenzen kommt auch zusätzliche Verantwortung". Da heißt es auch für seine Nachfolgerin: reden, zuhören, auf den anderen zugehen, immer im Gespräch bleiben, sich mit anderen Menschen austauschen. Eine Kunst, die Anderbrügge wie kaum ein anderer beherrscht. "Ich arbeite gern im Team. Fußball ist ja schließlich auch ein Mannschaftssport."

Eine Ausbildung zum Kanzler gibt es nicht, nur Eigenschaften, die einen in dieser Position unterstützen. "Kenntnis, aber auch Distanz von der Politik", ein gutes Verständnis der Wissenschaftslandschaft, wozu gehöre, selbst einmal wissenschaftlich tätig gewesen zu sein, wie es Anderbrügge im Kommunalwissenschaftlichen Institut war, und viel, ganz viel Fantasie, um sich in die Interessen anderer hineinversetzen zu können, sind nach Meinung des ausgebildeten Juristen notwendig. Und auch Offenheit für alle Problemlösungen, nicht nur für die eigenen Vorstellungen, gehört dazu.

Die Offenheit wussten viele zu schätzen: Die Mitarbeiter der Universitätsverwaltung, bei denen er einen Modernisierungsprozess hin in Richtung zu mehr Kundenfreundlichkeit anstieß, der inzwischen nach anfänglichen Schwierigkeiten allgemein akzeptiert wird. Die Wissenschaftler der eigenen Universität, denen er im Rahmen des Machbaren die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu sichern versuchte. "Wissenschaft möglich zu machen, ist eine schöne Sache", kann sich Anderbrügge auch heute noch über die angenehmen Seiten seiner Aufgabe freuen.

Und auch von Politik und anderen Hochschulen wurde die Aufgeschlossenheit Anderbrügges stets geschätzt: So wurde ihm beispielsweise erst kürzlich von der Akademischen Rechtsuniversität Moskau die Würde eines Ehrenprofessors verliehen. Die russische Staatsuniversität Rostov hatte ihm bereits für seine Verdienste um das Hochschulmanagement den Ehrendoktortitel verliehen.

Bei aller Anerkennung freut sich Anderbrügge nun darauf, mehr Zeit für sich selbst zu haben. Mehr Sport, Reisen, Lesen - all das steht ganz oben auf seiner Wunschliste für die kommenden Monate. Vor allem aber hofft er auf viele gute Konzerte in einer Musikhalle in Münster, deren Errichtung er selbst so energisch voranzutreiben versucht.

bn