Das deutsche Recht in Osteuropa
Effizienz war ein guter Grund, die deutsch-russische Juristenausbildung in ihrer jetzigen Form einzurichten: "Es ist natürlich billiger, einen Professor von Münster nach Moskau zu transportieren als 20 russische Studierende nach Münster", meint der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Bodo Pieroth. Doch Effizienz war nicht der einzige Grund, den münsterschen Magister Legum für ausländische Studierende nicht nur in Westfalen, sondern in Zusammenarbeit mit der Akademischen Rechtsuniversität Moskau vor Ort in der russischen Hauptstadt anzubieten. Die Initiative dafür ging von Prof. Werner Krawietz aus. "Die Rechtsuniversität ist eines der renommiertesten Institute in Russland", so Pieroth. Getragen von der russischen Akademie der Wissenschaften ist sie die geeigneteste Institution, den Einfluss des deutschen Rechts in Osteuropa, über Jahrhunderte gewachsen, zu erhalten.
Rund 20 russische Graduierte haben bei diesem einmaligen Studiengang die Gelegenheit, in ihrer Heimat das fremde Recht von Experten vermittelt zu bekommen. Gestartet wurde der Postgraduierten-Studiengang vor zwei Jahren, gerade konnten 13 Absolventen ihre Magisterurkunden entgegennehmen. Ihr Studium ist identisch mit dem einjährigen Magister Legum in Münster, mit der Ausnahme, dass sie es während ihres inländischen Studiums in russischem Recht absolvieren. Sie bekommen grundlegende Kenntnisse im deutschen und europäischen Recht vermittelt sowie als Schwerpunkte verschiedene Bereiche des Zivilrechts, insbesondere Wirtschaftsrecht sowie öffentliches oder Strafrecht.
Dass ihr Studium länger dauert als in Münster, ist der Tatsache geschuldet, dass ihre Dozenten nicht regelmäßig, sondern nur in Blockveranstaltungen vor Ort sind. Etwa zwölf Professoren, überwiegend aus Münster, haben sich bisher bereit erklärt, in drei Tagen 18 Stunden Stoff zu vermitteln. Keine Selbstverständlichkeit, so Pieroth, der selbst im kommenden Semester in Moskau lehren wird, erhalten sie doch kein zusätzliches Salär, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung. Andererseits ist die Lehre in der Diaspora kein Neuland für die münsterschen Hochschullehrer, denn sie beteiligen sich auch an Programmen von deutschen Rechtsschulen in Lodz, Miskolc, Novi Sad und Zagreb.
Finanziert wird der deutsch-russische Magisterstudiengang durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der der münsterschen Fakultät rund 100000 Euro Drittmittel pro Jahr zahlt, um die erforderlichen Einrichtungen zu unterhalten und eigene und Dozenten anderer Hochschulen nach Moskau zu bringen. Außerdem im Paket inbegriffen sind zwei etwa zweiwöchige Aufenthalte der russischen Studierenden in Münster, um das deutsche Rechtssystem vor Ort vermitteln zu können. Die tragen im Übrigen selbst zur Finanzierung bei: 1500 Euro zahlen sie pro Semester, ebenso ein Selektionskriterium unter den Bewerbern wie die vorausgesetzte Beherrschung der deutschen Sprache.
Die Absolventen des Studiengangs finden sich in allen Bereichen wieder: in Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsunternehmen, Verbänden wie auch einer Menschenrechtsorganisation. Von ihnen erhofft sich Pieroth eine Langzeitwirkung für die Verwurzelung des deutschen Rechts in Russland dadurch, dass die Elite damit aufwächst.