Forschungsluft schon früh schnuppern

Physikstudierende lösen als Miniforscher Teilprobleme
[Brille]
Früh eingebunden ist Miniforscher Thomas König, der hofft, hochflexible optische Schaltelemente zu erzeugen.
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Am Institut für Angewandte Physik können die Studierenden von Bücherstaub, Formeln und abstrakten Rechenoperationen aufatmen und frische Luft schnuppern - "Forschungsluft", wie Prof. Cornelia Denz, Leiterin der Arbeitsgruppe für Nichtlineare Photonik, sagt. In der so genannten "Miniforschung" arbeiten die Studenten für einige Wochen intensiv an einem kleinen wissenschaftlichen Projekt.

"Ich hatte ziemlich viel Respekt vor der Forschung und den Dozenten", gibt Miniforscher Christian Ripperda zu. Davon ist jetzt nichts mehr zu spüren. Ruhig sitzt er vor seinem PC und erklärt das Projekt der Arbeitsgruppe "Holographischer Datenspeicher". Ein Laser speichert in einem Kristall Daten ab, indem er Helligkeit und Dichte des Materials verändert. Auf diese Weise können enorme Datenmengen auf kleinstem Raum gespeichert werden - ein Terabyte Daten in einem Kristall der Größe eines Zuckerwürfels. Außerdem können die Daten auch viel schneller wieder ausgelesen werden. "Die Information einer CD kann zum Beispiel in einer halben Sekunde komplett ausgelesen werden", so Doktorand Gernot Berger. Das Verfahren ermöglicht auch ein schnelles Vergleichen und Wiederfinden sowie eine hochsichere Verschlüsselung der Daten. So könnte es in Zukunft in Bibliotheken, Museen oder in der Medizintechnik Anwendung finden.

Ripperda hat dabei der Arbeitsgruppe nicht bloß über die Schulter geguckt. Im Gegenteil - er hat eine Software entwickelt, die das präzise Timing und eine externe Steuerung des Versuchs ermöglicht. "Oft frage ich Christian, wenn ich Probleme mit dem Programm habe", sagt Berger und lacht. "Wir nehmen die Arbeit der Miniforscher sehr ernst. Sie lösen Teilprobleme und bringen so die ganze Gruppe voran", bestätigt auch Denz. Trotz dieses Erfolges steht kein Miniforscher unter Leistungsdruck. "Die Betreuung ist bombig", so Ripperda. Er schreibt jetzt auch seine Diplomarbeit im Institut für Angewandte Physik.

Die Miniforschung gibt es seit ungefähr zwei Jahren. Sie steht allen Studierenden offen, die das Vordiplom abgeschlossen haben. Auch Thomas König hat ein eigenes kleines Forschungsprojekt durchgeführt. "Im Studium sind die Versuchsergebnisse immer schon bekannt, es ist viel interessanter, selbst zu forschen", sagt er begeistert. So könne er ein Thema intensiv erfahren anstatt viele Themen zu pauken. In der Arbeitsgruppe "Optische Solitonen" ist er da genau richtig. Das Projekt befasst sich mit der Herstellung von drahtlosen, vollständig optischen Schaltelementen. "Wir nutzen Laserlicht, um gleichförmige Strahlen in neue Strukturen zu verwandeln", erklärt Doktorand Björn Gütlich. Strahlen, die sich bei der Fortbewegung nicht mehr verändern und nicht wie üblich beugen, so genannte optische Solitonen, können Kristalle für das nachfolgende Licht derartig verändern, dass sie einen Kanal bilden. Diese so genannten Wellenleiterverbindungen sind hoch flexibel, sie können ebenso schnell erstellt wie gelöscht werden. Damit sind sie ideal für die Weiterleitung von Daten.

In seinen Messungen konnte Thomas König herausfinden, dass optische Solitonen von den Eigenschaften des Lichts, seiner Kohärenz, abhängig sind. Dabei bringt er den Laserstrahl langsam an die Eigenschaften einer herkömmlichen Glühlampe heran, und kann den Grad der Kohärenz festlegen, ab dem keine optischen Solitonen mehr stabil entstehen. Seine Ergebnisse sind für die Forschung derart interessant, dass sie demnächst wissenschaftlich publiziert werden. Das Projekt richtet sich auch an Studierende, die noch unsicher sind, ob sie sich auf die theoretische oder experimentelle Physik spezialisieren sollen. "Wenn ein Studierender nach dem Projekt weiß, dass ihm Experimentieren nicht liegt, dann ist das genauso gut für das weitere Studium wie die Begeisterung für die experimentellen Arbeiten. Wichtig ist es, aktiv an eine Forschungsaufgabe heranzugehen", betont Denz. ns

Kontakt:

www.uni-muenster.de/Physik/AP/Denz

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