Gerechtigkeit der Geschlechter
Große Anziehung hatte die theologische Frauenforschung auf die Studierenden. In zwei Jahren soll das Seminar geschlossen werden. |
Die Geschichte der Feministischen Theologie an der Uni Münster ist lang. Bereits 1985 setzte die Katholisch-Theologische Fakultät einen "Beirat Feministische Theologie" mit dem Ziel ein, theologische Frauenforschung strukturell und institutionell abzusichern. Fast ebenso lange aber mussten feministische Theologinnen kämpfen, bis endlich vor gut fünf Jahren der Lehrstuhl "Altes Testament und Theologische Frauenforschung" mit Mitteln des Landes aus dem Hochschulsonderprogramm eingerichtet werden konnte. Dem inzwischen einzigen Lehrstuhl seiner Art in Deutschland - der etwa gleichzeitig in Bonn errichtete wurde vor einigen Wochen aufgegeben - war nur eine kurze Lebensdauer beschieden: Die Fakultät hat sich entschlossen, Lehrstuhl und das dazugehörige "Seminar für Theologische Frauenforschung" in zwei Jahren aufzulösen.
"Das ist ein schwerer Schlag", so Lehrstuhlinhaberin Prof. Marie-Theres Wacker, die 2006 auf eine Stelle für die Exegese des Alten Testaments umgesetzt wird. "Die Entscheidung ist nach ausführlicher Beratung mit mir gefallen, mit meinem Wissen, aber nicht meinem Einverständnis." Andererseits könne sie nachvollziehen, unter welchem Druck bei dem derzeitigen Sparzwang die Fakultät stehe. "Viele Stellen bei uns sind durch das Konkordat abgesichert. Außerdem gehören sie zum Kern des Lehr- und Forschungsangebotes" - anders als die theologische Frauenforschung, die ein fächerübergreifendes Zusatzangebot war.
Wacker, die zusammen mit der Studierendeninitiative "genus" den ersten Frauenförderpreis der Uni gewonnen hat, nimmt deswegen auch das Land in die Pflicht: "In den 90er Jahren konnte durch das Sonderprogramm zur Förderung der Chancengleichheit ein Netzwerk von Frauen- und Genderforschungsschwerpunkten aufgebaut werden. Nun aber müssen gerade die geisteswissenschaftlichen Fakultäten durch den radikalen Stellenabbau abwägen, ob sie sich diesen Schwerpunkt überhaupt noch leisten können." Dabei sei "Geschlechtergerechtigkeit" nach wie vor wichtig.
Ganz wird die feministische Theologie in Münster nicht abgeschafft: Eine Forschungsstelle soll das Fach weiter am Leben erhalten. "Diese Lösung geht praktisch auf den Stand vor Errichtung des Lehrstuhls zurück und ist politisch damit ein Rückschritt", so Wacker, die sich auch weiter mit theologischer Frauenforschung beschäftigen wird. Doch der neue Lehrstuhl wird ihr dazu weniger Zeit lassen, da sie mehr Aufgaben für das Fach "Altes Testament" übernehmen muss.
Zwei Bibliotheken haben Wacker und ihre Mitarbeiterinnen ausgebaut, drei internationale Symposien veranstaltet, eine wissenschaftliche Monographienreihe mit inzwischen 15 Bänden betreut und ein Arbeitsbuch zur feministischen Theologie herausgebracht. "All das wird dann kaum noch möglich sein", sagt Wacker. Sie setzt aber auf den politischen Willen der Fakultät, zumindest eine Grundversorgung zu ermöglichen. Denn die Fakultät zieht als größte in Europa auch deswegen so viele Studierende an, weil hier ein breites Angebot zu finden ist - wozu auch die Genderforschung in der Theologie gehört.